Harlekins Mond
kannst nicht wissen, was für ein Schatten beider Welten dies hier ist.« Er zuckte die Achseln »Yoga ist mir dabei eine Hilfe. Hier unten Fortschritte zu machen ist ebenfalls hilfreich, schätze ich.« Er lächelte sie an. »Aber das sind Probleme, mit denen du noch nichts zu schaffen hast.«
»Gabriel«, wagte sie sich vor, »was wollt ihr von uns?«
»Eure Hilfe. Es gibt hier viel zu tun. Letzten Endes ist es mehr, als der Rat beaufsichtigen kann, und ich möchte, dass du die jüngeren Kinder anführst; es geht darum, Selene gut genug zu machen, damit hier viele Leute leben können, während wir den Antimateriegenerator bauen. So viel hatte ich dir aber schon erzählt.«
»Ich möchte euch helfen.«
»Du tust schon genau das, was du tun solltest. Du lernst.« Gabriel kletterte von der Empore herunter. »Du erkennst die wechselseitigen Beziehungen zwischen allem, was wir hier aufbauen, besser als die meisten anderen. Es ist vielleicht an der Zeit, dir mehr von dem Hintergrundwissen zu verschaffen, das du benötigst, um deinen Job hier wirklich zu verstehen. Hast du Lust, ein bisschen spazieren zu gehen und über die nächsten Schritte zu sprechen?«
Würde er ihr nun schließlich doch mehr über seine Pläne verraten? Rachel folgte ihm über die Wiese. Mittlerweile war sie so groß wie er. Anstatt den Ersten Wald zu betreten, marschierten sie an dessen Rand entlang, von wo aus sie einen Ausblick auf weite Flächen frischer Pflanzungen hatten. Rachel schwieg; sie wartete darauf, dass Gabriel etwas sagen würde. Als er das nicht tat, stellte sie fest: »Immerzu testet ihr uns.«
»Das müssen wir. Es ist eine große Aufgabe, auf die wir euch vorzubereiten versuchen.«
»Und, bestehen wir?«
»Du schon. Harry auch. Nick, Alexandra und Gloria ebenfalls.«
»Und Ursula?« Sie musste beinahe laufen, um mit Gabriels Tempo mitzuhalten, obwohl er den Eindruck machte, als koste es ihn nicht die geringste Anstrengung.
»Vielleicht. Sie scheint weniger gewillt, Dinge von sich aus zu tun, als du es bist.«
»Ursula und ich haben heute Streit miteinander gehabt«, erzählte sie, um ebenfalls offen zu ihm zu sein. »Darum war es ein schwerer Tag.«
»Wegen Harry?«
Wie konnte er das wissen? »Weil ich mit Harry befreundet bin.«
»Ich weiß.«
Wussten die Räte denn alles? Sie schaute weg, hatte Angst, Gabriels Blick zu begegnen. »Woher weißt du das mit mir und Harry?«
Er lachte. »Nun, das ist kein Geheimnis, wenn man euch beide zusammen gesehen hat. Und in ein paar Jahren wirst du alt genug sein, um einen Partnerschaftsvertrag einzugehen. Ihr beiden seid eine logische Kombination.«
»Aber – Harry und ich halten normalerweise nicht einmal Händchen wenn jemand in der Nähe ist.«
»Wir verfügen über Beobachtungssatelliten, Kameras, Pods und andere Methoden, um Daten und Informationen zu sammeln. Wir müssen im Auge behalten, was hier unten vor sich geht. Sicher verstehst du, wie viel Informationen wir benötigen, um all das hier zu beobachten?« Er breitete die Arme weit aus; dann deutete er auf sie. »Du selbst sammelst schließlich ebenfalls Informationen über deine Bäume.«
Rachel errötete. Natürlich wusste sie von den Kameras. Nur – was hatten sie gesehen? War man unter dem Blätterdach der Bäume wirklich unter sich? Konnten die Räte Unterhaltungen ebenso gut mithören, wie sie die Menschen sehen konnten? Wusste Gabriel darüber Bescheid, wie sehr sie Ursula geholfen hatte, als sie das letzte Mal unterwegs gewesen waren? Über welch eine Ausrüstung musste das Schiff verfügen, wenn die Räte von dort aus so viel sehen konnten? Ob sie sich auch gegenseitig auf diese Weise ausspähten?
»Gabriel? Werde ich je die John Glenn zu sehen bekommen?«
Gabriel antwortete nicht, sondern blieb längere Zeit stumm. Er entfernte sich ein Stück und bedeutete Rachel mit einer Geste, zu bleiben, wo sie war. Unterdessen erzitterte Selene unter einer Reihe deutlicher kleiner Erdstöße. Rachel legte die Hand auf den Boden, um sie deutlicher zu spüren, und stellte sich vor, Selene zucke mit den Schultern.
Als Gabriel zurückkehrte, kniete er sich zu ihr und sah ihr in die Augen. »Wie wäre es mit morgen? Anscheinend würden einige Leute an Bord der John Glenn dich gern kennenlernen.«
»Was?!« Rachel glaubte, sie habe nicht richtig gehört.
»Habe ich gestottert?« Gabriel lachte.
»Ich ganz allein?«
»Ich werde mit dir gehen. Wir haben beschlossen, Gloria für eine Weile daheim bei ihrer Familie
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