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Harmlose Hölle - Raum 213 ; Bd. 1

Harmlose Hölle - Raum 213 ; Bd. 1

Titel: Harmlose Hölle - Raum 213 ; Bd. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loewe
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einmal heute Morgen.«
    Liv spürte, wie ihre Schultern weiter nach vorn sanken. Sie hatte es gewusst, aber dass Mai es aussprach, machte es irgendwie noch schlimmer. Sie dachte daran, wie sie im Diner kurz davor gewesen war, Daniels Beteuerungen zu glauben. Und jetzt? Jetzt fühlte sie sich nur noch mehr hintergangen und gedemütigt. Tränen stiegen in ihr auf, aber sie versuchte, sie zurückzudrängen.
    Mai beugte sich vor und legte ihr eine Hand auf den Arm. »Süße, es tut mir so leid, dass ich nach der Party behauptet habe, Daniel wäre gar nicht schuld an dem Kuss. Du lagst die ganze Zeit richtig. Er ist ein riesengroßer Arsch. Vermutlich hat er sein Spiel in Amherst für seine Neue sausen lassen. Ich fass es nur nicht, dass er es im Ernst bringen will, auch noch hier vorbeizukommen.«
    Liv starrte sie an und erstaunlicherweise ließen Mais Worte sie ihre Fassung zurückgewinnen. Sie überlegte einen Moment und schüttelte dann den Kopf. »Das ist Unsinn. Ich kenne Daniel. Er würde so ein wichtiges Spiel nur ausfallen lassen, wenn es um Leben und Tod ginge.«
    Mai hob eine Augenbraue. »Meinst du das wörtlich?«, fragte sie.
    Liv sprang auf. »Ich weiß nicht, was ich meinen soll! Ach, scheiße, ich hab das Gefühl, ich wate hier in einem Sumpf aus Lügen und merkwürdigen Vorfällen und alle haben sie irgendwie mit mir zu tun, aber ich kapier nicht den Grund dafür. Was ist hier los? Und vor allem – was hab ich damit zu tun?«
    Mai sah sie mitleidig an. »Ich hab keine Ahnung«, sagte sie. Dann hob sie den Kopf und blickte zur Küchentür. »Wann wollte denn Daniel hier sein?«
    Liv warf einen Blick auf die Uhr. »Laut SMS müsste er sogar schon da sein.«
    Mai verschränkte die Hände vor der Brust und wirkte plötzlich sehr entschlossen. »Okay, ich bleibe hier. Und wenn er kommt, dann fragen wir ihn gemeinsam aus.«
    Ihr Handy klingelte. Sie blickte aufs Display und schob es kopfschüttelnd zu Liv hinüber. Es war Mais Mutter.
    Mai warf ihr Handy in den Wäschekorb mit den Handtüchern, der neben der Spüle stand. »Du kannst mich mal, Mom«, sagte sie trotzig.
    Daniel kam nicht. Er kam nicht nach zehn Minuten, er kam nicht nach einer halben Stunde, er kam nicht nach einer Stunde. Während dieser Zeit verwandelten sich Livs Unsicherheit und Angst in blanke Wut. Sie wurde wütender, wütender und wütender. Und Mai wusste auch keinen anderen Rat, als immer wieder die Geschehnisse durchzukauen, was es aber nicht besser machte, im Gegenteil.
    Zwischendurch versuchte Liv ihren Bruder anzurufen, aber der ging nicht ans Telefon. Sie probierte es sogar bei Daniel – in der Phase, als diese unglaubliche Wut anfing hochzukochen –, doch bei ihm sprang sofort die Mailbox an.
    Feigling! Was der Typ auch für ein Spiel spielt – ich mach da nicht mehr mit!
    Dafür wurde Mai immer nervöser. Ihre Mutter schickte ihr Drohnachrichten im Minutentakt und mehr als einmal beschwor Liv ihre Freundin, doch nach Hause zu gehen.
    »Ich bleibe, bis deine Eltern da sind«, sagte sie hartnäckig.
    Endlich klingelte auch Livs Handy. Liv war innerhalb von Sekunden dran. Es war ihre Mutter.
    »Wir sind schon durch Riverside, Süße. In einer guten halben Stunde sind wir zu Hause«, sagte sie und Liv spürte, wie eine Woge der Erleichterung sie durchflutete. Sofort war wieder das Gefühl von heute Morgen da, dass alles gut werden würde, wenn ihre Eltern erst einmal zurück wären.
    Damit ließ Mai sich endlich überreden, nach Hause zu gehen, auch wenn sie voraussagte, dass sie dort vermutlich für Jahre würde bleiben müssen. Aber jede Minute länger hieß, den Zorn von Mrs   Li Yung weiter zu schüren, und Liv wollte sich nicht ausmalen, wozu Mais Mutter dann in der Lage wäre.
    Liv verabschiedete sich von ihrer Freundin mit einer Umarmung und versprach ihr hoch und heilig, sich einzuschließen, bis ihre Eltern kamen. Und genau das tat sie. Sie verriegelte die Haustür sorgfältig, schaltete die Alarmanlage ein und ging dann in ihr Zimmer. Genauso wie unten schloss sie auch hier die Tür ab, selbst wenn sie sich lächerlich vorkam.
    Egal, es sah sie ja niemand und sie fühlte sich einfach besser. Sie würde hierbleiben, bis ihre Eltern da waren, und dann würde sie weitersehen.
    Sorgfältig drehte sie den Schlüssel um. Einmal. Dann noch mal.
    Normalerweise heißt es ja immer, dass man fühlt, wenn etwas in einem vertrauten Raum nicht stimmt. Dass man eine Vorahnung hat oder dergleichen. Bei Liv war das nicht der

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