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Harmlose Hölle - Raum 213 ; Bd. 1

Harmlose Hölle - Raum 213 ; Bd. 1

Titel: Harmlose Hölle - Raum 213 ; Bd. 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loewe
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einem Riesensatz bei ihr. Das Messer hatte er in seinen Gürtel gesteckt.
    Liv schrie auf und raste weiter. Mit fünf Schritten war sie bei der schmalen Tür. Bitte geh auf! Bitte sei offen!
    Sie drehte den Knauf und konnte ihr Glück nicht fassen.
    Die Tür schwang tatsächlich auf.
    Mit einem Satz war sie im Gebäude und warf in dem Moment die Tür hinter sich zu, als Jessies Hand vorschoss. Sie hörte einen Schmerzenslaut, dann rastete das Schloss ein. Ein Riegel! Bitte, lass die Tür einen Riegel haben!
    Und noch einmal hatte sie Glück. Mit einem Griff war die Tür verriegelt. Liv war in Sicherheit.
    Keuchend und schluchzend sank sie gegen die Tür, und während sie hörte, wie Jessie draußen anfing zu toben, wusste sie, dass ihr Leben und das ihrer Familie nie mehr so sein würde wie früher.
    Liv hatte keine Ahnung, wie lange sie so zusammengekauert dasaß. Es kam ihr vor wie Minuten, dabei waren es vermutlich eher Sekunden. Jessie hatte aufgehört zu toben und sich wieder aufs Bitten verlegt, aber das Flehen in seiner Stimme war etwas, das Liv noch weniger ertragen konnte als die Wut.
    Sie dachte an das Messer und dann dachte sie an die Wunde in Rachels Brust. Ethan hatte sie die ganze Zeit warnen wollen. Und sie hatte es nicht begriffen.
    Mit diesen Gedanken setzte sie sich in Bewegung. Sie konnte nicht hierbleiben, sie musste irgendetwas tun. Langsam, unendlich langsam schleppte sie sich die Treppe hoch. Im Laufen tastete sie nach ihrem Handy. Es war nicht mehr in ihrer Jeans. Sie musste es auf der Flucht verloren haben. Aber das war egal. In der Bibliothek war ein öffentliches Telefon, dort konnte sie hingehen und den Notruf wählen. Sie spürte wieder, wie ihr die Tränen kamen. Was sollte sie sagen?
    Kommen Sie schnell zur Eerie High! Mein Bruder ist wahnsinnig geworden! Er hat Rachel Brokkolone ermordet und jetzt hat er es auf mich abgesehen! Bitte helfen Sie mir!
    Sie hörte ein merkwürdiges Geräusch und erst einen Moment später begriff sie, dass es ihr eigenes Schluchzen war.
    Und noch etwas hörte sie, dumpfe Laute, die von unten kamen. Ein Splittern wie von Glas. Oh Gott, nein! Jessie versuchte, die Tür aufzubrechen.
    In Liv kam Leben. Sie mobilisierte ihre letzten Reserven und sprintete wieder los. Das Treppenhaus war dunkel, aber die Notbeleuchtung sprang an, als Liv Stufe um Stufe nahm. Sie passierte den ersten Stock und war schon im zweiten, als sie von unten Jessies Brüllen hörte. Jetzt klang er fast wie ein Tier. »Stopp, Liv! Du hast keine Ahnung!«
    Sie raste den Flur entlang bis zur letzten Tür. Von hier aus gab es einen Durchgang zur Bibliothek.
    Verschlossen!
    Die Tür war zugeschlossen! Sie keuchte auf. Wieso stand das Notfalltelefon in der Bibliothek, wenn man es im Notfall überhaupt nicht erreichen konnte?
    Noch nie in ihrem Leben hatte sie solche Angst gehabt. Tränen strömten ihr über die Wangen, als sie wieder und wieder an dem Knauf rüttelte. Und gleichzeitig wusste sie, dass es keinen Sinn hatte.
    Sie raste zurück, schon sah sie Jessies groß gewachsene Gestalt vor der Glastür des Treppenhauses auftauchen. Sie probierte es bei der nächstbesten Tür, an der sie vorbeikam.
    Verschlossen.
    Die zweite Tür.
    Verschlossen.
    Die dritte Tür. Livs Blick fiel auf die Zimmernummer. Raum 213. Ihre Hand legte sich auf den Griff. Sie drehte.
    Die Tür schwang auf.
    »Nein, tu das nicht!« Nichts an Jessies Stimme klang mehr menschlich und sein Gesicht war völlig verzerrt, als er auf sie zustürzte, das Messer ausgestreckt in der Hand.
    Liv zögerte keine Sekunde, sondern schlüpfte in das Zimmer, knallte die Tür mit aller Kraft hinter sich zu und verriegelte sie.
    Keuchend drehte sie sich um. Das Licht einer Laterne fiel von außen durch die Lamellen der Fenster und tauchte das Zimmer in Dämmerlicht.
    Harmlos, das war die erste Beschreibung, die ihr zur Beschreibung des Zimmers einfiel.
    Harmlos und so normal . Bis auf den fingerdicken Staub, der auf den Pulten, Sitzen, der Tafel und den alten Schränken lag.
    Erst dann sah sie, dass sie nicht allein war.
    Mitten im Raum, vor der Tafel, saß eine schwarz gekleidete Gestalt im Schneidersitz auf dem Boden. Sie hielt ein Handy in der Hand.
    »Hallo, Liv. Ich habe schon auf dich gewartet«, sagte Ethan.

24
    Von draußen ertönte eine Stimme: »Glaub ihm kein Wort! Er ist verrückt! Das ist eine Falle! Bitte, du musst mir vertrauen. Ich bin doch dein Bruder.«
    Liv wurde übel. Ihre Knie zitterten und gaben unter ihr nach. Sie

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