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Harold - Einzlkind: Harold

Harold - Einzlkind: Harold

Titel: Harold - Einzlkind: Harold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Einzlkind
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schweben vom Himmel und pudern die Landschaft in ein fabelhaftes Gemälde voller Unschuld. Nicht unpassend nun wäre der Klingklang einer Harfe, im molligen A oder C, doch an dessen statt nur eisige Stille. Selbst der Fluss mag nicht mehr plätschern, als fröstele ihm vor Ungemach, das sich bald zu erkennen gibt. Sicher nur ein Zufall. Eine Schneedecke bildet sich, mehrere Zentimeter dick, sie hinterlässt Spuren, die genaue Auskünfte über Größe und Gewicht des Wanderers geben können, falls es jemanden interessieren sollte. Äste knacken, schweres Atmen, jemand, etwas, auf der Verfolgung. Umdrehen. Nicht umdrehen. Nicht. Zu dieser Jahreszeit sind sehr viele Schneehasen unterwegs, kein Grund zur Beunruhigung. Sie werden nur von Füchsen gejagt. Und die Füchse von Wölfen. Und die Wölfe von Eisbären. Und die Eisbären vom Schneemonster. Rein theoretisch ist die Nahrungskette damit geschlossen. Gleichwohl wäre es sicher nicht verkehrt, die Schritte etwas zu beschleunigen. Auch wenn es schwer fällt und jeder Schritt tiefer in das knirschende Weiß versinkt. Motivation. Singen motiviert. Wie wäre es mit Spooky Jack-o‘Lantern Man ? Hm, stimmt, vielleicht etwas unpassend. Dann eben Twinkle, twinkle, little star! Und alle!
    Twinkle, twinkle, little star,
    How I wonder what you are.
    Up above the world so high,
    Like a diamond in the sky.
    Twinkle, twinkle, little star,
    How I wonder what you are!
    When the blazing sun is gone,
    When he nothing shines upon,
    Then you show your little light,
    Twinkle, twinkle, all the night.
    Twinkle, twinkle, little star,
    How I wonder what you are!
    Then the traveler in the dark
    Thanks you for your tiny spark;
    He could not see which way to go,
    If you did not twinkle so.
    Twinkle, twinkle, little star,
    How I wonder what you are!
    Die Dämmerung setzt ein. Viel zu schnell. Aber es ist nicht unheimlich. Es ist nicht unheimlich. Nicht unheimlich. Unheimlich. Würde nur das Knacken der Äste nicht lauter werden. Von wo immer es herkommen mag, wem immer es geschuldet ist. Aber siehe dort, ein Haus, in der Lichtung, nicht mehr weit entfernt, vielleicht ist es dort freundlich, vielleicht gibt es gar heißen Tee und selbst gebackene Zimtsterne. Aus mächtigen Holzstämmen wurde es gebaut, das Haus, ein Kamin, aus dem Rauch entsteigt, der Schäfchenwolken kopiert, und ein Fenster, aus dem flackernd warmes Licht jedem Wanderer in der Kälte einen wohligen Schauer entlockt. Ist dies der Ort, der all dem Suchen ein Ende setzt, der die letzte Ruhe gewährt und fortan den Namen Heimat tragen wird? Nur Mut, Harold, einen Schritt noch, nur einen Schritt.
    Die Tür knarrt wie ein Gebrechen. Ein Mann sitzt in einer Wohnküche vor einem kleinen Ofen, in dem knisternde Holzscheite biestige kleine Funken gegen das Sichtfenster schleudern. Der Mann ist bekannt. Irgendwie bekannt. Irgendwie.
    Es ist Humphrey Bogart.
    Humphrey Bogart.
    Unglaublich.
    Toll.
    Humphrey Bogart legt sein Toupet ab, als fühle er sich unbeobachtet, er trinkt, wahrscheinlich Whiskey, doch dem Gast bietet er nichts an, er scheint ihn gar nicht zu bemerken, als sei er unsichtbar. Er hält ein Kaninchen in den Händen. Er redet mit dem Kaninchen. Aber das Kaninchen ist schon längst tot. Genickbruch. Humphrey Bogart spricht mit sich selbst. Wahnsinn.
    Humphrey Bogart küsst das Kaninchen auf die Wange und legt es behutsam in den Ofen, der den Neuankömmling mit feuriger Inbrunst empfängt. Er wühlt in seiner Hosentasche. Eine Schachtel. Eine Zigarette. Er entflammt sie mit einem Streichholz, das er an der Stuhllehne entzündet. Mit jedem Zug verschwindet sein Gesicht mehr im rauchigen Nebel.
    Knacken.
    Es kommt näher. Es ist den Spuren gefolgt.
    Harold?
    Es hat eine Stimme.
    Die Tür knarrt auf.
    Ein gleißend helles Licht lässt nur Umrisse erkennen.
    Es ist zu klein für einen Menschen.
    Es hat mehr die Größe eines Kin...
    Aufwachen, Harold, es geht weiter.

Montag
    20
    Der Fisch stinkt. Sein Name ist John Dory und er sieht aus, als sei er dem Meer schon vor Monaten entrissen worden. Sein beklagenswerter Zustand ist in Öl ertrunken, um den Hungrigen die mimosende Scheu zu nehmen, sie zu täuschen und in trügerische Sicherheit zu wiegen. Harold ist kein Zweifelnder, er tupft die matschigen Brocken auf den Papierservietten ab, die schon längst kapituliert haben und das Fett nicht mehr aufzusaugen vermögen. Auch die traurigen Kartoffelstücke, die Chips heißen, sind nur mit barmherziger Milde zu genießen.

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