Harold Shea 03 - Die Stählerne Festung
sagte er.
Belphegor kam nach vorn, den Bogen gespannt. Die >Leute< entpuppten sich als drei Esel, die das Unkraut vom Berghang zupften, und ein kräftiger, wettergegerbter Mann, der sich im Schatten ausruhte. Als sie näher kamen, fuhr er mit der Hand am Messer hoch, entspannte sich aber wieder, als Shea sagte: »Guten Morgen, mein Herr. Wie geht das Geschäft?«
»Friede und Glück mit dir, Freund«, erwiderte der Mann. »Zur Zeit ruht das Geschäft, aber ihr könnt wetten, daß sich das bis Sonnenuntergang ändert. Denn ich bin auf dem Weg nach Pau, wo sie übermorgen ein Autodafe für einen heidnischen Zauberer veranstalten. Das ist eine Arbeit, die durstig macht, und ich habe den Wein, den Durst zu löschen.« Er wies auf die Esel, und Shea bemerkte, daß sie mit Lederschläuchen beladen waren, in denen es köstlich gluckerte.
Shea dachte an Votsy und Dr. Chalmers, und der Klang des heidnischen Zauberers< gefiel ihm ganz und gar nicht. Doch bevor er weitere Fragen stellen konnte, platzte Belphegor heraus:
»Nichts mehr davon! Verstehst du nun, Medoro, warum ich die freien Wälder liebe, wenn Menschen einander so etwas antun? Habt ihr noch weitere Neuigkeiten?«
»Nun, nicht gerade Neuigkeiten, wie ihr sie meint, wenn ihr fragt«, sagte der Mann beherzt. »Nur eine kleine Sache, die an Abenden, an denen Geschichten erzählt werden, eine Rolle spielen könnte. Wäre ich ein furchtsamer Mann, wäre die Geschichte zweifellos länger und hätte einen unglücklichen Ausgang, aber. . .«
Belphegors Fuß stampfte ungeduldig auf den Boden.
»Der langen Rede kurzer Sinn: Als ich die Abkürzung von Doredano über den Berg nahm, wurde ich von fliegenden Dämonen mit Hörnern und Fangzähnen überfallen zweifellos Abgesandte des Zauberers, den sie auf so feine Art rösten werden. Hätte ich mir meinen Weg nicht mit dieser Klinge freigekämpft, würdet ihr mich nicht hier stehen sehen, und ich hätte alle meine Einnahmen verloren. Nehmt euch vor ihnen in acht. Zu welchem Fürsten schafft ihr euren Gefangenen?«
»Wir bringen ihn zu einer Lady«, sagte Shea. »Er hat ihr vier uneheliche Kinder gemacht und weigert sich, die Alimente zu zahlen. Aber sie braucht wahrscheinlich einen Leibwächter, der weder Tod noch Teufel fürchtet, und wir werden ihr sagen, daß du dich um den Job beworben hast. Adieu!«
Ohne auf Rogers Wutgeheul zu achten, setzte er seinen Weg fort.
Es dauerte den ganzen Tag, bis sie den Paß erreichten. Auf Medoros Bitten hin mußten sie immer häufiger rasten, und schließlich holte er sich eine Blase, die zu Sheas Verdruß von Belphegor untersucht werden mußte. Sie erklärte, die wunde Stelle sei so schlimm entzündet, daß er reiten müsse, und diesmal kam es fast zum Streit. Shea verwies auf die Gefahr, die der Hüne aufgrund seiner Körperkraft und seines Geschicks mit den Waffen darstellte, und das Mädchen argumentierte nicht minder eindringlich, daß Medoro ein Drittel ihrer Kampfstärke darstellte und sie bei einem Angriff ohne ihn so gut wie verloren wären. Natürlich gewann sie. Medoro stieg auf den Esel, während Rogers Füße losgebunden wurden und Shea eine Schlinge um seinen Hals legte, die dem Riesen bei jedem heftigen Ruck die Kehle zuschnüren würde. Sie kamen zu einer Art stillschweigendem Waffenstillstand. Shea begann sich mit ihm zu unterhalten und bereute das eine Zeitlang, denn Roger wollte nur über gespaltene Schädel und herausgerissene Eingeweide reden. Voller Verzweiflung brachte Shea das Gespräch auf Bradamant, die schon vorher eine so seltsame Wirkung auf den Rüpel ausgeübt hatte. Und es wirkte auch diesmal. Roger blickte zu Boden und kicherte.
»Wie ist sie eigentlich?« fragte Shea. »Ich habe sie noch nie gesehen.«
Roger schien eine innere Revolution zu erleben. Schließlich fand er mit meisterlicher Mühe die Sprache wieder: »Es gibt keinen Segen außer in Allah und in seinem Propheten. Ihre Arme sind wie Eschen, und ihre Hüften wie zwei volle Monde. Sollte das Schicksal uns zusammenbringen, wird der Waffengang gegen dich zum Freudenfest. Aber ich muß erwähnen, daß mich dein Tod nicht zum Herrn über deine fränkische Sklavin mit dem Haar schlechten Omens macht. Lieber würde ich mich mit den schlimmsten Töchtern von Eblis abgeben.«
Das Blatt hatte sich gewendet, entschied Shea und ließ Roger in Ruhe, bis sie den Paß überquert und nach drei bis vier Kilometern eine Lagerstelle an einem Flüßchen gefunden hatten. Es dämmerte zwar noch nicht,
Weitere Kostenlose Bücher