Harper Connelly 02 - Falsches Grab-neu-ok-10.12.11
ließen
ihren Teint strahlen. »Mr Lang, wenn ich das richtig verstanden habe, sind Sie
Miss Connellys Manager?«, sagte die Journalistin.
»Ja, das
stimmt«, erwiderte Tolliver freundlich. Ich wusste, dass die Kamera lief, aber
ich vertraute meinem Bruder. Er kann sehr charmant sein, wenn es die Situation
erfordert, vor allem wenn sie in Gestalt einer gutaussehenden Frau daherkommt.
»Können Sie
die Ereignisse auf dem alten Friedhof von St. Margaret beim Bingham-College
kurz kommentieren?«, bat sie. Daraufhin rammte sie Tolliver das von ihr
umklammerte Mikrophon beinahe unters Kinn.
»Ja«, sagte
er. »Wir warten noch auf die Information, ob die von uns entdeckte Leiche
bereits identifiziert wurde.« Ich bewunderte, wie ruhig und gelassen er dabei
blieb und zugleich ernsthaft, so dass man auch ihn ernst nehmen musste.
»Stimmt es,
dass die Polizei vermutet, die Gebeine könnten Tabitha Morgenstern gehören?«
Nun, das
hatte sich ja schnell herumgesprochen.
»Wir sind
mit unseren Gedanken und Gebeten ganz bei der Familie Morgenstern. Natürlich
warten auch wir gespannt auf weitere Neuigkeiten«, erwiderte Tolliver so
neutral wie möglich.
»Mr Lang,
stimmt es, dass Ihre Schwester behauptet hat, die soeben exhumierte Leiche sei mit
Sicherheit die des vermissten Mädchens?«
So einfach
ließ sie uns nicht davonkommen. »Davon sind wir überzeugt, ja«, bestätigte er.
»Wie
erklären Sie sich diesen Zufall?«
»Was für
einen Zufall?«, fragte Tolliver, was ich dann doch etwas übertrieben fand.
Sogar
Shellie Quail war verblüfft. Aber es dauerte nicht
lange, bis sie sich wieder gefasst hatte. »Dass Ihre Schwester vor Monaten
beauftragt wurde, Tabitha Morgenstern in Nashville zu
suchen, und sich jetzt hier in Memphis die Gräber auf dem alten Friedhof von
St. Margaret ansehen sollte. Und dass auf ebendiesem Friedhof eine Leiche
gefunden wurde, die angeblich die von Tabitha Morgenstern ist.«
»Wir können
uns auch keinen Reim darauf machen und sind genauso auf eine Erklärung gespannt
wie Sie«, sagte Tolliver streng. Das verschlug Shellie Quail erst
einmal die Sprache, und wir nutzten die Gelegenheit, um links abzubiegen.
3
Das
Cleveland war wunderbar. Das Cleveland war diskret. Ich wollte nur nicht an die
Kreditkartenabrechnung denken, die man uns nächsten Monat schicken würde.
Ein Page
parkte unseren Wagen, und wir betraten vollbepackt und mittlerweile ziemlich
verzweifelt die Lobby. Wir konnten es kaum erwarten, den Journalisten zu
entkommen, die uns doch tatsächlich bis zu unserem neuen Hotel gefolgt waren.
Das Personal behandelte uns so zuvorkommend, als würden wir seit Jahren
regelmäßig im Cleveland absteigen. Im Nu waren wir auf unserem Zimmer und außer
Reichweite der Journaille. Ich war darüber so erleichtert, dass ich fast
geweint hätte.
Die Suite
besaß ein Wohnzimmer, von dem beidseitig je ein Schlafzimmer abging. Ich betrat
sofort das rechte Zimmer, zog meine Schuhe aus und legte mich auf mein
persönliches Kingsize-Bett, mitten hinein in einen Berg von Kissen. Das ist
etwas, das ich an guten Hotels liebe: die vielen Kissen. Als ich es endlich
weich, leise und warm hatte, schloss ich die Augen und ließ meine Gedanken
schweifen. Natürlich kreisten sie sofort um das kleine Mädchen, das ich auf dem
Friedhof gefunden hatte.
Schon als
ich über ihr Verschwinden gelesen hatte, war ich sofort davon ausgegangen, dass
Tabitha tot war, und das Wochen, bevor mich die Morgensterns baten, ihre Leiche
zu finden. Nach dem, was ich aus der Zeitung wusste, aber auch aus eigener Erfahrung
war das die logische Schlussfolgerung. Ja, ich war mir sogar ziemlich sicher,
dass das Kind bereits wenige Stunden nach seinem Verschwinden tot gewesen war.
Das heißt
natürlich nicht, dass mir das gefiel. Ich habe schließlich auch ein Herz. Ich bemühe
mich nur ... na ja, sachlich mit dem Tod umzugehen. Aber ich hatte die
Seelenqualen der Morgensterns hautnah miterlebt. Weil sie mir leidtaten, dehnte
ich meine Suche länger aus, als es eigentlich vernünftig gewesen wäre. So lang,
dass es unseren Profit deutlich schmälerte. Tolliver hatte ihnen nicht mal den
vollen Betrag berechnet. Er hat mir zwar nichts davon gesagt, aber als ich
unsere Einnahmen und Ausgaben am Jahresende durchging, fiel es mir auf.
Da Tabitha
schon so lange tot war, war es sicherlich besser, wenn Joel und Diane erfuhren,
was ihrer Tochter zugestoßen war. Ich konnte nur hoffen, dass das stimmte. Dass
es den Morgensterns
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