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Harper Connelly 02 - Falsches Grab-neu-ok-10.12.11

Harper Connelly 02 - Falsches Grab-neu-ok-10.12.11

Titel: Harper Connelly 02 - Falsches Grab-neu-ok-10.12.11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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solchen
Kindern geworden, bevor all diese Störungen erkannt und behandelt wurden?
    »Wahrscheinlich
hat man sie als langsam oder schwierig abgestempelt«, sagte Tolliver. »Und das
war's dann auch.«
    Dass diese
Kinder ungerecht behandelt worden waren, nur weil man ihre Probleme nicht
erkannt hatte, machte mich traurig. Andererseits hatten wir gerade erst zwei
Artikel gelesen, in denen stand, wie viele Eltern ihren Kindern unnötigerweise
Medikamente verabreichten. Auf diese Weise wurden Kinder, die nur etwas lebhaft
waren, mit Medikamenten vollgepumpt, die sie gar nicht brauchten. Das war
einfach nur gruselig. Ich überlegte, ob ich je den Mut haben würde, selbst ein
Kind zu bekommen. Wahrscheinlich nicht. Ich müsste blindes Vertrauen in meinen
Partner haben, um dieses Kind auf die Welt bringen zu können. Aber der einzige
Mensch auf der Welt, dem ich wirklich vertraute, war mein Bruder Tolliver.
    Und genau
als ich das dachte, geschah etwas Merkwürdiges. Die ganze Welt blieb auf einmal
stehen, als hätte jemand einen Schalter in meinem Kopf umgelegt. Tolliver ging
gerade in sein Zimmer, und ich erhob mich von meinem Stuhl, den ich zum Tisch
gezogen hatte, damit ich den Text auf dem Bildschirm des Laptops lesen konnte.
Ich sah Tollivers Rücken, und plötzlich kippte die Welt seitlich weg und
formierte sich neu. Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn aber
sofort wieder. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich glaube, ich wollte
nicht, dass er sich umdrehte.
    Doch er
begann sich umzudrehen, und ich stürzte in mein Zimmer. Ich schloss die Tür
hinter mir und lehnte mich dagegen.
    »Harper? Stimmt irgendetwas nicht?«, hörte ich seine besorgte
Stimme auf der anderen Seite der Tür. Ich geriet total in Panik.
    »Nein!«
    »Aber du
klingst, als sei irgendwas nicht in Ordnung.«
    »Nein! Nicht
reinkommen!«
    Als Tolliver
das nächste Mal den Mund aufmachte, klang seine Stimme schon deutlich kühler.
»Okay.« Dann ging er weg, wahrscheinlich auf sein eigenes Zimmer.
    Ich ließ
mich zu Boden gleiten.
    Ich wusste
nicht mehr, was ich denken und was ich tun sollte. Ich war drauf und dran,
alles zu zerstören, was ich im Leben besaß. Ein einziges Wort, eine einzige
falsche Bewegung, und alles wäre vorbei. Ich würde für immer erniedrigt sein
und besäße rein gar nichts mehr.
    Einen
schrecklichen Moment lang überlegte ich mir sogar, mich umzubringen, damit es
endlich vorbei wäre. Aber mein Überlebensinstinkt wehrte sich gegen diesen
Gedanken. Wenn ich einen Blitzschlag überlebt hatte, würde ich diese Erkenntnis
auch überleben können.
    Er durfte
nie etwas davon erfahren. Ich kroch quer durchs Zimmer zu meinem Bett, zog mich
daran hoch und legte mich auf den Bauch. Ein paar schmerzliche Minuten lang
plante ich die nächste Woche meines Lebens und erschrak selbst über meinen
unglaublichen Egoismus.
    Eigentlich
konnte ich es nicht verantworten, Tolliver auch nur eine Minute länger bei mir
zu behalten. Trotzdem konnte ich ihn nicht einfach so wegschicken, denn dann
würde er bestimmt Verdacht schöpfen. Aber in etwa einer Woche würde ich wissen,
was zu tun war. Bis dahin musste ich mich eben zusammenreißen.
    Das Leben,
das wie ein bunter Quilt vor mir gelegen hatte, war plötzlich grau
überschattet.
    Ich drehte
mich auf den Rücken und starrte an die Decke, auf den Lichtschein von
irgendwoher und das hellrote Lämpchen des Rauchmelders. Stundenlang versuchte
ich mein Leben neu zu organisieren. Aber ich wusste nicht einmal, welche
Richtung ich einschlagen sollte.
     

15
     
    Als ich am
nächsten Morgen aus meinem Zimmer kam, hatte ich mehr Ähnlichkeit mit einem Zombie als mit einem menschlichen Wesen. Tolliver frühstückte
bereits und schenkte mir wortlos eine Tasse Kaffee ein. Ich ging vorsichtig zum
Tisch und ließ mich so erleichtert in meinen Stuhl sinken, als hätte ich ein
Minenfeld durchquert. Er sah von seiner Zeitung auf und schaute mich entsetzt
an.
    »Bist du
krank?«, fragte er. »Meine Güte, du siehst ja aus wie ausgespuckt!«
    Daraufhin
ging es mir etwas besser. Hätte er etwas Nettes gesagt, wäre ich verloren
gewesen. Dann hätte ich mich an ihn geklammert und sein ganzes Hemd
nassgeweint.
    »Ich habe
schlecht geschlafen«, sagte ich vorsichtig. »Beziehungsweise gar nicht.«
    »Das sehe
ich. Du solltest schleunigst die Schminkschatulle rausholen.«
    »Danke für
das Kompliment, Tolliver.«
    »Ich mein ja
nur. Wir wollen schließlich nicht, dass der Leichenbeschauer dich mit

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