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Harper Connelly 03 - Ein eiskaltes Grab-neu-ok-14.12.11

Harper Connelly 03 - Ein eiskaltes Grab-neu-ok-14.12.11

Titel: Harper Connelly 03 - Ein eiskaltes Grab-neu-ok-14.12.11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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gebeichtet und um Vergebung gebeten«,
flüsterte er. »Jetzt kann niemand mehr mit dem Finger auf ihn zeigen, er hat
für seine Schuld gebüßt.«
    Für jede
Familie sprach ein Angehöriger, der eine kurz, der andere ausführlich, aber
kaum einer schwor Tod und Verderben. Angesichts dieser Verbrechen hatte ich mit
homophoben Hasstiraden gerechnet, aber das war nicht der Fall. Die Wut richtete
sich gegen die Vergewaltigung an sich, nicht gegen die sexuellen Präferenzen
des Vergewaltigers. Nur zwei Angehörige sprachen von Rache, und auch sie
blieben streng innerhalb des gesetzlichen Rahmens und beschränkten sich darauf,
dass man den Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen müsse. Es gab keinerlei
Lynchreden, keine geballten Fäuste, nur Trauer und Erleichterung.
    Der letzte
Redner sagte: »Wenigstens wissen wir jetzt, dass es vorbei ist. Es werden keine
weiteren Söhne sterben.« Bei diesem Satz sah ich, wie Bewegung in die Bank der
Bernardos kam. Manfred umklammerte Xyldas Arm, und sie sah ihn an. Sie wirkte
wütend, als müsste sie dringend etwas loswerden, aber kurz darauf ließ sie es
gut sein.
    An diesem Punkt
hätten wir gehen können, denn vom restlichen Gottesdienst bekam ich nicht mehr
viel mit. Mir war schwindelig und übel, und ich wünschte mir nichts sehnlicher,
als meinen Kopf an Tollivers Schulter zu lehnen und zu schlafen. Aber das kam
natürlich nicht infrage, also konzentrierte ich mich darauf, aufrecht sitzen zu
bleiben und die Augen offenzuhalten. Endlich war der Gottesdienst vorbei, und
wir sangen das letzte Lied.
    Danach
durften wir gehen. Ich verließ die Kirchenbank als Erste, da ich ganz am Rand saß.
Ein grauhaariger Mann im Overall ergriff meine Hand. »Danke, junge Dame«, sagte
er und ging dann ohne ein weiteres Wort aus der Kirche. Er war nur der Erste
gewesen, der versucht hatte, mich zu berühren, sei es durch eine leichte
Umarmung, einen Handschlag oder ein Schulterklopfen. Jede Berührung ging mit
einem »Danke« oder einem »Gott segne und beschütze Sie« einher, und ich war
jedes Mal wieder aufs Neue überrascht. So etwas war mir noch nie passiert. Und
ich war mir sicher, dass es sich nie wiederholen würde. Doak Garland umarmte
mich, als wir zu ihm ans Portal kamen. Seine weißen Hände ruhten nur ganz
leicht auf meinen Schultern, um mir nicht wehzutun. Der mich um Längen
überragende Barney Simpson streckte die Hand aus und tätschelte mich vorsichtig.
Parker McGraw sagte, »Gott segne Sie«, und Bethalynn weinte, den Arm um den
Sohn gelegt, der ihr noch geblieben war.
    Niemand
stellte mir auch nur eine einzige Frage, wie ich die Jungen gefunden hatte. Die
Einwohner von Doraville schienen fest daran zu glauben, dass Gottes Wege
unerforschlich waren und seine Gerichte unbegreiflich.
    Das
unbegreifliche Gericht war natürlich ich.

8
     
    Auf der
langen Fahrt zum Pine Landing Lake folgten uns einige
Wagen. Der kleine Weiler Harmony lag hinter dem See,
und es gab noch mehr Leute, die direkt am See wohnten, weshalb ich mich
bemühte, nicht gleich hysterisch zu werden. Als wir abbogen, fuhren die anderen
Autos weiter. Tolliver gab keinen Kommentar ab, und ich wollte nicht paranoid
klingen, also sagte ich ebenfalls nichts.
    Wir hatten
draußen kein Licht angelassen - ehrlich gesagt wusste ich nicht mal, ob es
eines gab -, und ich versuchte mich daran zu erinnern, wo die Treppe war, bevor
Tolliver den Motor ausmachte. Uns blieben wenige Sekunden, bis die Scheinwerfer
ausgingen, und so beeilte ich mich, um möglichst lange etwas sehen zu können.
Es raschelte im Unterholz, und ich sagte: »Verdammt, was ist denn das?« Ich
blieb stehen und schaute genauer hin, dann sah ich etwas Kleines,
Schwerfälliges über die Auffahrt huschen und in der Hecke zwischen uns und der
nächsten leeren Blockhütte verschwinden, die durch das Dickicht der Bäume und
Sträucher kaum auszumachen war.
    »Ein
Waschbär«, sagte Tolliver erleichtert. In diesem Moment gingen die Scheinwerfer
aus, und wir tasteten uns in ängstlichem Schweigen zur Hütte vor. Tolliver
hielt den Schlüssel bereits in der Hand, und nach kurzem Gefummel schaffte er
es, ihn in die richtige Richtung zu drehen. Meine Finger tasteten die Wand ab,
um den Lichtschalter zu finden. Geschafft! Im Bruchteil einer Sekunde kamen wir
in den Genuss elektrischen Lichts.
    Das Feuer
war in unserer Abwesenheit heruntergebrannt, weshalb Tolliver Holz nachlegte.
Er war richtig auf dem Pfadfindertrip, ein echter Macho. Nicht genug, dass
seine

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