Harper Connelly 03 - Ein eiskaltes Grab-neu-ok-14.12.11
Gefährtin (ich) verwundet war und seiner Pflege und Aufmerksamkeit
bedurfte, er musste auch noch Feuer für mich anmachen. Bald würde er anfangen,
die Wände mit Büffeljagdszenen zu bemalen. Ich lächelte, als er sich zu mir
herumdrehte.
»Bist du
bettreif?«, fragte er.
»Ich bin
zumindest reif für den Schlafanzug und ein Buch«, sagte ich. Es war lächerlich
früh, aber ich war erschöpft. Er öffnete meinen Koffer und holte meine Flanell-
Schlafanzughose und das dünne, langärmlige Oberteil heraus, das dazu gehörte.
Er hatte mir den Schlafanzug zu Weihnachten geschenkt, er war dunkelblau mit
silbernen Monden auf dem Oberteil. Ich hatte nicht recht gewusst, was ich sagen
sollte, als ich die Schachtel aufmachte, aber inzwischen fand ich Gefallen
daran.
»Soll ich
dir helfen?«, fragte er, bemüht, nur ja keine Peinlichkeit aufkommen zu lassen.
Wir waren daran gewöhnt, uns ein Zimmer zu teilen, und auch, uns darin
gemeinsam umzuziehen, aber mir beim Ausziehen helfen zu lassen, war noch ein
wenig persönlicher.
Ich ging das
Procedere in Gedanken durch. Ich brauche Hilfe beim Ausziehen meines
T-Shirts und beim Aufhaken meines BHs. Am Morgen hatte mir eine Schwester
geholfen, ihn anzuziehen.
Ich ging in
das sehr einfache Bad, in dem es mehrere Grad kälter war, da es sich weit ab
vom Kamin befand, und begann mit der unerwartet komplizierten Aufgabe, mich
aus- und meinen Schlafanzug anzuziehen. Doch bei den Strümpfen gab ich auf. Wir
hatten ein paar Handtücher herausgehängt, bevor wir weggefahren waren, und ich
wischte mir das Gesicht ab. Das musste für heute Abend reichen. Nach einigem
Gestöhne und Gefluche hatte ich meine Schlafanzughose an, mein T-Shirt halb ausgezogen
und trat aus dem Bad, um mir von Tolliver helfen zu lassen.
Es war lange
Zeit still. Dann sagte er angespannt: »An deinen Armen und Rippen sind lauter
Blutergüsse.«
»Na ja«,
murmelte ich. »Wenn man mit einem schweren Gegenstand geschlagen wird, lässt
sich das nicht vermeiden. Mach den BH auf, bitte. Mir ist kalt.«
Ich spürte
kaum seine Finger, als er sich an dem Verschluss zu schaffen machte. »Danke«,
sagte ich und eilte zurück ins Bad. Nachdem ich meine Mission erledigt hatte,
sammelte ich meine Klamotten ein und trug sie hinaus, die Schuhe mit den Füßen
vor mir herschiebend. Die Strümpfe hatte ich angelassen. Es war sowieso zu
kalt, um sie auszuziehen.
Tolliver
hatte die Bettdecke für mich zurückgeschlagen und die Kissen aufgeschüttelt.
Mein Buch lag auf dem Nachttisch, aber mein verletzter Arm befand sich auf
dieser Seite. Daran hatte ich nicht gedacht, als ich »meine« Seite des Bettes
für mich beansprucht hatte.
Er hielt mir
die Decke hoch, während ich ins Bett kletterte. Dann deckte er mich zu. Selbst
in dieser alten Schaukel fühlte es sich göttlich an, auf dem Rücken zu liegen.
»Ich bin
schon total eingemummelt«, sagte ich, bereits leicht schläfrig. »Liest du mir
eine Geschichte vor?«
»Deine
verdammte Geschichte kannst du selber lesen«, sagte Tolliver, lächelte aber
dabei und beugte sich vor, um mir einen Kuss zu geben. »Du warst echt tapfer
heute, Harper, ich bin stolz auf dich.«
Ich verstand
nicht, was ich heute so Außergewöhnliches getan hatte. »Das war doch ein ganz
normaler Tag«, meinte ich, während mir die Augen zufielen.
Er lachte,
und falls er mir darauf geantwortet hat, habe ich es nicht mehr mitbekommen.
Als ich aufwachte, war es Tag. Ich hatte nachts nicht einmal aufstehen und auf
die Toilette gehen müssen. Tolliver lag zu meiner Linken und schlief noch. Vor
den großen Fenstern der Hütte hingen keine Vorhänge - vielleicht hatte man sie
für den Winter abgenommen, vielleicht kam die Familie hier draußen auch ohne
zurecht -, und so konnte ich die Bäume sehen. Ich wandte den Kopf und schaute über
den Hügel namens Tolliver neben mir durch die bis zum Boden reichenden Fenster
auf die große Veranda. War es eine Veranda oder ein Balkon? Das Ding befand
sich im ersten Stock ... Ich beschloss, dass es eine Veranda war, aber das
Wetter war eindeutig nicht dafür geeignet, sich auf ihr aufzuhalten. Der Himmel
war blau und klar, es wehte ein Wind. Irgendwie sah es kalt aus. Wenn die
Wettervorhersage recht behielt, würde es noch kälter werden.
Vielleicht
konnten wir heute noch unsere Fahrt nach Pennsylvania antreten. Dort war es
bestimmt auch kalt, wenn nicht sogar kälter, aber vielleicht entkämen wir so
dem angekündigten Eissturm. Wahrscheinlich würde ich Twyla Cotton
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