Harpyien-Träume
Federlesens.
»Schön, dann besteht ja keine Gefahr«, sagte Gloha erleichtert.
Da ertönte Marschlärm. Er wurde von Augenblick zu Augenblick lauter. Nicht nur das – er schien auch noch aus verschiedenen Richtungen gleichzeitig zu kommen. Was war da los?
Gloha und die Flügelzentauren schwangen sich in die Lüfte, um die Lage aus geeigneter Höhe auszukundschaften.
»O nein!« hauchte Gloha.
Denn nun kamen vier verschiedene Gruppen auf sie zu. Aus dem Norden ein Pöbel von Kobolden, bewaffnet mit Keulen, Lanzen und Steinen. Im Süden ertönte das Kreischen von Harpyien, die sich mit Kotkugeln und explodierenden Eiern bewaffnet hatten. Im Osten schepperte das Knirschen von Riesen; sie waren zwar unsichtbar, doch ihre Fußabdrücke waren deutlich zu erkennen, als sie mit Riesenschritten näher kamen. Im Westen erblickte Metria, die auf selber Höhe hervorpuffte, eine ›Skelett-Truppe‹, wie sie es ausdrückte.
»Und sie alle werden am schmutzigen Teich aufeinanderstoßen«, bemerkte Cynthia. Sie flog gerade neben Che Zentaur; die beiden gaben wirklich ein hübsches Paar ab, auch wenn sie noch Kinder waren. Gloha war froh, daß wenigstens dieser Teil ihres Abenteuers ein gutes Ende zu nehmen schien.
»Wir werden es ihnen erklären müssen«, sagte Gloha.
»Das wird nicht so leicht sein«, meinte Chex. »Die Kobolde werden Gwenny zwar gehorchen, wenn auch nur zähneknirschend, aber die anderen nicht. Die sind auf ein Gemetzel aus.«
»Außerdem sind es mehr oder weniger natürliche Feinde«, ergänzte Gloha. »Es war schon schwer genug, die Kobolde und Harpyien daran zu hindern, einander zu bekämpfen, als meine Eltern sich kennenlernten. Ich wünschte mir fast, unsere Gefangenschaft hätte noch ein Weilchen länger gedauert.«
»Vielleicht weiß Trent einen Rat«, sagte Cynthia. »Er war doch eine Zeitlang König, nicht wahr?«
»Ja«, bestätigte Gloha. »Er dürfte schon öfters schwierige Situationen gemeistert haben.«
Sie gingen wieder zu Boden und gesellten sich zu ihren Gefährten. »Kobolde, Harpyien, Riesen und Skelette marschieren gerade aufeinander zu«, meldete Gloha dem Magier. »Wir müssen sie daran hindern, aufeinander loszugehen.«
Trent nickte. »Eine Ablenkung wäre jetzt angebracht. Vielleicht irgendeine vorübergehende Suche, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen.«
»Ja! Aber was sollte das sein?«
Trent blickte zu Griesbogen hinüber. »Ich fürchte, du stehst kurz vor dem Ende. Hast du einen letzten Wunsch?«
Ein furchtbarer Eisesschauer durchfuhr Gloha. »Ende? Jetzt?«
»Ich würde mir wünschen, in ein abgelegenes Gebiet gebracht und in meine natürliche Form zurückverwandelt zu werden«, antwortete Griesbogen. »Und ich würde Mark Knochen gern meine Seele vermachen.«
»Oh, deine Seele würde ich aber gar nicht annehmen!« protestierte das Skelett.
»Ich würde es ungern sehen, daß sie vergeudet wird, wo sie doch ein viel längeres Leben erwartet hat«, erklärte Griesbogen. »Und ich kann mir niemanden denken, der ihrer würdiger wäre.«
»Aber du darfst doch nicht sterben!« rief Gloha. »Du solltest doch eigentlich gerettet werden!«
»Das war wohl nur eine törichte Hoffnung«, erwiderte Griesbogen traurig. »Ich möchte, daß Mark meine Seele bekommt.«
»Vielleicht eine Hälfte davon«, schlug Trent vor.
Das Trampeln wurde immer lauter. Jeden Augenblick mußten die sich aufeinander zu bewegenden Verbände erscheinen. »Ich möchte zwar diesen delikaten Augenblick nicht stören«, warf Mark ein, »aber ich denke doch, daß unser Problem mit den Streitkräften im Augenblick den Vorrang haben sollte.«
»Das meine ich auch«, bestätigte Trent. Doch dann wandte er sich unerklärlicherweise wieder Griesbogen zu. »Hat der Gute Magier noch etwas gesagt, außer, daß du Hilfe erhalten würdest, wenn du dich in dieser Gegend aufhältst?«
»Nein. Nicht daß ich wüßte«, erwiderte Griesbogen. »Nur, daß ich transportiert werden könnte.«
»Transportiert?« fragte Gloha.
»Verschifft, versandt, ausgeliefert, bewegt, getragen, befördert …«, warf Metria hilfsbereit ein.
»Bestimmt an den Ort, der für mein Dahinscheiden der geeignetste ist«, bestätigte Griesbogen. »Ich muß die Aussage wohl falsch verstanden haben.«
»Das ist kein Wunder – so, wie Humfrey sich gemeinhin auszudrücken pflegt«, meinte Mark. »Möglicherweise habe ich Professor Fetthufs Rat, mich in der Nähe des Vulkans aufzuhalten, ähnlich falsch verstanden.«
»Ich bin mir in
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