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Harpyien-Träume

Titel: Harpyien-Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
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zurechtgerückt.« Sie wischte sich die Tränen ab, doch es folgten sofort neue.
    »Und jetzt mußt du dasselbe für Griesbogen tun, bevor er stirbt.«
    »Ich soll ihn aufklären, so wie du mich aufgeklärt hast? Ich glaube kaum, daß ich so grausam sein könnte.«
    »Die Wahrheit ist selten grausam. Ich glaube, du bist es ihm schuldig.«
    Er war wirklich gnadenlos! Doch was hätte sie tun sollen? Sie war dem sterbenden Griesbogen tatsächlich die Wahrheit schuldig. Und so wandte sie sich ihm zu.
    Sie schob den Arm aus dem Wasser und nahm seine Hand unter der Decke. Sie war ebenso kalt wie die ihre, aber nicht feucht. Die Decke schien wasserabstoßend zu sein, wodurch sie ihn vor dem Durchnäßtwerden schützte.
    »Griesbogen, ich wünschte, du würdest noch lange genug durchhalten, um geheilt zu werden und dein Leben als unsichtbarer Riese führen zu dürfen.«
    »Danke«, hauchte er. »Und ich wünsche dir, daß deine Suche zum gewünschten Ziel führt.« Er schloß die Augen. »Wenn du so freundlich wärst, Mark Knochen zu bitten, zu mir zu kommen.«
    Sie sah, daß es mit ihm zu Ende ging. Irgend etwas in ihrem Innern zerriß. »Ach, das stimmt ja überhaupt nicht!« rief sie. »Ich will gar nicht, daß du ein Riese wirst!«
    Langsam schlug er die Augen auf. Er wirkte leicht überrascht.
    »Ich will auch nicht, daß du irgendein anderes Wesen wirst«, sagte sie und staunte über sich selbst. »Ich will nur, daß du mein bist. Ich liebe dich, Griesbogen, und ich wünschte mir, ich könnte dich h-heiraten, s-soll meine Suche doch der T-T-Teufel holen!« Sie führte seine Hand an ihr Gesicht und küßte sie. »Ach, Griesbogen, ich weiß ja, daß es unmöglich ist, und ich bin auch so furchtbar selbstsüchtig. Dabei bist du ein so guter Mann, und ich habe überhaupt kein Recht darauf. Aber bitte, stirb nicht! Selbst wenn nie etwas zwischen uns sein kann, möchte ich trotzdem, daß du gesund und glücklich wirst.«
    »Aber ich bin weder anziehend noch besonders klug, und ein magisches Talent besitze ich auch nicht. Eine wunderbare Kreatur wie du hat doch viel Besseres verdient.«
    »Du bist einfach nur ein wirklich anständiger Bursche, der mich braucht«, erwiderte sie. »Und mehr habe ich nie gewollt. Mein Herz hat es immer gewußt. Nur…«
    Seine Hand erwärmte sich. »Ich wäre lieber ein geflügelter Kobold mit dir zusammen, als ein Riese ohne dich«, sagte er. »Ich liebe dich nämlich auch, Gloha, aber ich wollte mich dir nicht aufdrängen.«
    »Ein Flügelkobold!« rief sie. Auf diesen Gedanken war sie noch gar nicht gekommen. »Das ist natürlich eine Möglichkeit. Du könntest ja zu allem werden, wenn Trent dich verwandelt! Ach, Griesbogen, du bist derjenige, den ich haben will. Ich wußte zwar, daß du mich magst, aber ich hätte nie gedacht, daß du bereit wärst, deine natürliche Gestalt aufzugeben. Halte durch und sei du die Erfüllung meiner Suche!«
    Er lächelte. »Ich glaube, das werde ich jetzt schaffen.«
    Sie beugte sich über ihn und küßte sein winziges Gesicht. »Das mußt du auch, Griesbogen. Ohne dich wäre ich am Ende.«
    »Und ich möchte ohne dich nicht weiterleben.«
    Deshalb war er immer schwächer geworden! Er hatte keinen Grund mehr gesehen, ums Überleben zu kämpfen. Trent dagegen hatte es genau gewußt. Nun war die Wahrheit ans Tageslicht gekommen. Gloha waren die Augen aufgegangen.
    Griesbogen schloß dafür wieder die seinen, doch schien er diesmal in einen erholsamen Schlummer zu sinken und nicht mehr dem Tod entgegenzudämmern. Nun sah es so aus, als könnte er durchaus noch so lange durchhalten, bis sie die Verpflanzungspflanze erreicht hatten.
    Sie setzten ihre Flußfahrt stromaufwärts fort. Der Regen prasselte noch immer auf sie herab, und die ganze Landschaft war in völlige Düsternis gehüllt. Dennoch erschien Gloha plötzlich alles sehr viel freundlicher.
    Schließlich verjüngte sich die Schlucht und endete. Sie gelangten auf eine schräge Ebene aus gehärtetem Vulkangestein; die Ascheschicht darauf war fortgespült worden. Was gerade eben noch eine Schlucht gewesen war, war jetzt nur noch eine Mulde. Trent versetzte Mark mit einem Tritt in seine ursprüngliche Gestalt zurück; dann folgten sie der Mulde an die gewölbte Oberfläche, bis schließlich eine andere zerklüftete Landschaft vor ihnen erschien. Dort gab es Felsgrate und -nadeln, unterbrochen von einem Gewirr von Erdrissen, die wie Sprünge in einer Lackierung aussahen.
    Ein riesiges Untier kam um einen

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