Harris, Charlaine - Aurora Teagarden 3 - Drei Zimmer, Leiche, Bad
aufschlugen. Er hatte geschlafen, wachte kurz auf, als ich bei einem Donnerschlag zusammenzuckte. „Du bist in Sicherheit.“ Er schloss mich in die Arme. „Sicher.“ Er küsste mich aufs Haar und schlief wieder ein.
War ich in Sicherheit? Auf eine ganz praktische Art gesehen ja, wir hatten verhütet. Aber in meinem Herzen empfand ich keine Sicherheit. Überhaupt keine.
Am Morgen war es kälter und sehr grau geworden, eigentlich kein Wetter, das einen heiter stimmte. Auf dem Motelparkplatz hatten sich schmutzige Pfützen gebildet. Aber ich fühlte mich so gut, dass ich sogar den leichten Widerwillen zu überwinden vermochte, der mich immer überkam, wenn ich die Kleider vom Vortag noch einmal anziehen sollte. Wir waren beide sehr hungrig und freuten uns auf das Frühstück im Cafe des Motels.
„Ich weiß nicht, was wir hier angezettelt haben!“ Martin hatte gerade aufstehen wollen, um die Rechnung zu begleichen. „Aber ich möchte, dass du weißt: Ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie so ausgelaugt gefühlt.“
„Entspannt“, korrigierte ich ihn lächelnd. „Ich fühle mich entspannt.“
Er hob spöttisch die Brauen. „Dann hast du dich nicht genug angestrengt.“
Wir lächelten einander an. „Das ist ja wohl Ansichtsache“, sagte ich, ziemlich schockiert über mich selbst.
„Wir werden es also noch einmal versuchen müssen, bis wir beide zufrieden sind“, flüsterte Martin.
„Welch schweres Schicksal“, seufzte ich.
„Heute Abend?“, fragte er.
„Morgen Abend. Ich brauche ein bisschen Zeit zum Regenerieren.“
„Siehst du, du kannst sogar Latein!“ Schon wieder lächelten wir einander an. Auf der Heimfahrt sah Martin auf die Uhr. „Normalerweise arbeite ich sonntags allein im Betrieb, aber heute haben wir für halb eins ein Treffen angesetzt und danach geht der ganze Verwaltungsstab essen. Wir läuten den Start unserer neuen Produktionsphase ein.“
„Was sagen die anderen, wenn du zu spät kommst?“, fragte ich leise beim Abschied vor meiner Tür.
„Sie sagen gar nichts“, erklärte er. „Ich bin der Oberboss.“
Zum ersten Mal seit langer Zeit würde ich den Gottesdienst schwänzen. Ich stolperte die Treppe hoch, entledigte mich meiner Klamotten, zog mir ein Nachthemd über den Kopf und verkroch mich ins Bett, um mich auszuruhen. Vorher stellte ich noch die Klingel am oberen Telefon ab. Nur die Gedanken ließen sich nicht so schnell abstellen, die tröpfelten in mein Hirn, bis ich sie mit fester Hand abstellte, wie man einen Wasserhahn zudrehte. Ich war wund, ich war erschöpft und wie berauscht. Bald schon schlief ich tief und fest.
Meine Mutter rief um elf Uhr an, gleich nach ihrer Rückkehr aus dem Gottesdienst, der in der Episkopalkirche Lawrencetons um halb zehn anfing. Aubrey war nämlich noch für eine zweite, kleinere Gemeinde vierzig Meilen entfernt zuständig und musste sonntags zwei Gottesdienste hintereinander abhalten. Ich lag noch im Bett, träumte und dachte darüber nach, wie ich den Rest des Tages verbringen sollte. Ein Anruf bei Martin war höchstwahrscheinlich keine so gute Idee. Ich fühlte mich so ruhig und entspannt, dass es mir vorkam, als könnte ich fließen, erst raus aus dem Bett, dann über den Teppich hinüber zum Schrank, ohne die geringste Anstrengung. Das Telefon im Untergeschoss hörte ich nur ganz leise, wie aus weiter Ferne.
„Hallo, Aurora“, meldete sich meine Mutter fröhlich. „Wir haben dich in der Kirche vermisst. Wo warst du, was hast du gemacht?“
Lebensfroh strahlte ich die Decke über dem Bett an. „Nichts Besonderes.“
„Ich rufe wegen des jährlichen Maklerbanketts an“, sagte Mutter. „Kommt ihr, Aubrey und du? Familien sind herzlich willkommen, wie du weißt, und jetzt kennst du ja alle, vielleicht macht es dir da mehr Spaß.“ Mutter versuchte jedes Jahr, mich zur Teilnahme am Maklerbankett zu verleiten. Im Vorjahr war ich weich geworden und hatte sie begleitet. Das Bankett gehört zu diesen bizarren Veranstaltungen, die niemand leiden kann, zu denen aber alle gehorsam gehen, weil sie sich dazu verpflichtet fühlen. Etwa fünfzehn Jahre zuvor hatte zum ersten Mal ein Makler, der inzwischen allerdings die Stadt verlassen hatte, befunden, es wäre eine gute Idee, wenn alle Kollegen samt Gästen sich einmal im Jahr träfen, um jede Menge Cocktails zu schlürfen, viel zu viel und schwer zu essen und vor Übersättigung fast betäubt in den Seilen zu hängen und dabei einem Redner
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