Harris, Charlaine - Aurora Teagarden 3 - Drei Zimmer, Leiche, Bad
außerhalb zu gönnen. Spontan rief ich bei meiner Freundin Sally Anderson an, die Reporterin ist, und wir verabredeten uns im örtlichen Beef ’n More.
Dreißig Minuten später, nachdem wir eine Weile hinter jeder Menge sonntäglicher Kirchgänger in der Schlange gewartet hatten, saßen wir einander an einem der Tische des Restaurants gegenüber. Sally arbeitete sich durch einen Hamburger, ich hatte mich tugendhaft an die lange Salatbar gehalten, obwohl man bei dem, was dort präsentiert wurde, auch problemlos auf seine Kalorien kam.
Sally war eine der wenigen Sallys der Stadt, die keinen Spitznamen duldete. Wir waren gute Freundinnen, obwohl sie zwölf Jahre älter war als ich. Sie hatte bronzefarbenes, immer perfekt frisiertes Haar und trug ihre gute, teure Kleidung so lange, bis fast nichts mehr davon übrig war. An diesem Tag hatte sie einen schwarzen Hosenanzug an, den ich bestimmt schon hundert Mal an ihr gesehen hatte, wobei er immer noch gut aussah. Ehe sie mich nach Neuigkeiten löcherte, hatte sie zur Abwechslung erst einmal selbst etwas zu erzählen.
„Paul arbeitet heute. Wir haben letztes Wochenende geheiratet“, sagte sie beiläufig, woraufhin das Päckchen Kräcker, das ich gerade öffnen wollte, in meiner Hand explodierte. Hastig fing ich an, die Krümel zusammenzusuchen.
„Du hast den Bruder deines ersten Mannes geheiratet?“
„Komm schon, Roe, du weißt doch schon lange, dass wir zusammen sind.“
„Ja, aber wer ahnt denn, dass das auf eine Hochzeit hinausläuft!“
„Er ist fabelhaft.“
Schon steckten wir mitten in der muntersten Plauderei. Mich hätte brennend interessiert, was der erste Mr. Allison zu dieser Entwicklung zu sagen hatte, aber eine direkte Frage musste ich mir verkneifen, das war mir schon klar.
Als Sally zum dritten Mal ausführte, wie großartig Paul sei (als ich noch mit Arthur Smith ausging, hatte sie von mir erfahren, dass Paul bei seinen Kollegen nicht gerade beliebt war), wurde ich langsam skeptisch. Da das Thema mich noch dazu langweilte, fing ich an, mich umzusehen. An einem der wenigen Tische, an denen eine Unterhaltung möglich war, ohne dass einem jemand zuhörte, entdeckte ich Donnie Greenhouse und Idella, die zusammen zu Mittag aßen. Das war eine Überraschung. Donnie beugte sich über den Tisch und redete ernsthaft und schnell auf Idella ein, deren zartes Gesicht ein paar unhübsche rote Flecken aufwies. Gerade schüttelte sie heftig den Kopf.
Was für ein seltsames Paar! Überhaupt war es eigenartig, dass Donnie sich so in der Öffentlichkeit zeigte. Fand ich jedenfalls, obwohl ich mich gleich darauf für diese Reaktion tadelte. Was ging es mich an, was Donnie tat.
„Sieht nicht gerade so aus, als wären die beiden gute Freunde“, bemerkte Sally, die meinem Blick gefolgt war. „Ich glaube nicht, dass hier ein frischgebackener Witwer auf der Suche nach einer Ersatzfrau ist, oder?“
Nein, die Art, wie die beiden einander gegenübersaßen und sich ansahen, ließ nicht gerade auf ein Liebespaar schließen. Plötzlich schnappte sich Idella ihre Handtasche, sprang auf und enteilte Richtung Toilette. Donnie warf ihr düstere Blicke nach. Mir kam es so vor, als würde Idella weinen.
Sally und ich tauschten Blicke.
„Ich sehe lieber mal nach“, sagte ich. „Ich weiß, manchmal läuft es auf Einmischung raus, wenn man sich eigentlich nur kümmern will, aber die Situation jetzt liegt genau auf der Grenze.“
Die Damentoilette – lachsfarben und schokoladenbraun gestrichen, zwei Kabinen – war leer bis auf Idella, die sich in einer der Kabinen eingeschlossen hatte und tatsächlich weinte.
„Idella“, rief ich leise. „Ich bin’s, Roe. Ich sorge dafür, dass die Tür zubleibt, damit niemand reinkommen kann.“ Ich lehnte mich mit dem Rücken gegen die Tür.
„Danke“, sagte Idella mit tränenerstickter Stimme. „Es geht auch gleich wieder.“
Wirklich dauerte es nicht lange, bis sie sich so weit zusammengerissen hatte, um die Kabine verlassen zu können. Ich hatte mir inzwischen in Ruhe die Kritzeleien an der Wand ansehen dürfen, die sich durch den frischen braunen Anstrich abzeichneten. Idella wirkte sehr mitgenommen. Sie ließ kaltes Wasser auf ein Papierhandtuch laufen und legte es sich auf die Augen.
„Damit ist mein Make-up im Eimer“, seufzte sie. „Aber das ist allemal besser als rote, verquollene Augen.“
Es fiel mir schwer, ein Gespräch anzufangen, solange Idella sich noch die Augen zuhielt. Die ganze Atmosphäre
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