Harris, Charlaine - Aurora Teagarden 3 - Drei Zimmer, Leiche, Bad
einen Tisch in dem Restaurant reserviert, in das mich der Aufsichtsrat von Pan-Am Agra ausgeführt hat, als er beschlossen hatte, mir den Job hier zu geben“, sagte Martin. „Ein französisches Restaurant, das Essen war sehr gut. Mögen Sie die französische Küche?“
Die Speisekarte würde ich nicht lesen können. „Das geht in Ordnung“, antwortete ich. „Aber dann müssen Sie für mich bestellen, ich habe seit der Highschool nicht mehr versucht, Französisch zu sprechen.“
„Wir werden uns auf den Ober verlassen müssen“, lachte Martin. „Ich spreche Spanisch und ein wenig Vietnamesisch, aber nur ein klein bisschen Französisch.“
Da hatten wir ja schon die erste Gemeinsamkeit.
Ich holte mir meinen schwarzen Mantel aus der Flurgarderobe, den ich mir selbst anzog, denn noch war ich nicht bereit, mich von Martin berühren zu lassen. Ich zog mir auch selbst das Haar aus dem Kragen und ließ es auf meine Schultern fallen, die ganze Zeit wissend, dass er jede meiner Bewegungen beobachtete. Wenn wir es wirklich bis zur Tür und nach draußen schafften, war das eine Meisterleistung, also achtete ich auf Abstand, und als Martin mir die Tür aufhielt, schlüpfte ich so schnell es ging an ihm vorbei. Als Nächstes hielt er mir die Gartenpforte auf, dann die Autotür. Ich hatte mich schon lange nicht mehr derart zerbrechlich gefühlt.
Sein Auto war der reine Luxus, Ledersitze und ein beeindruckendes Armaturenbrett. Es roch sogar teuer. Noch nie hatte ich in einem so bequemen Auto gesessen. Ich fühlte mich von Minute zu Minute verwöhnter.
Herrschaftlich fegten wir durch die Straßen Lawrencetons, wo wir hoffentlich eine Menge Aufsehen erregten. Schon bald hatten wir die Autobahn nach Atlanta erreicht. Nur unsere Konversation ließ zu wünschen übrig, kleiner hätte unser Smalltalk wirklich nicht ausfallen dürfen. Die Luft im Auto knisterte vor Spannung.
„Sie leben immer schon hier?“
„Ja. Ich war auf dem College und habe danach noch ein paar Semester Graduiertenstudium drangehängt. Aber dann kam ich hierher zurück, und seitdem lebe ich wieder hier. Wo haben Sie gelebt?“
„Wie ich gestern Abend schon erwähnte, bin ich im ländlichen Ohio aufgewachsen“, sagte er.
Martin als Landei – das konnte ich mir einfach nicht vorstellen, was ich ihm auch sagte.
„Seit ich dort weg bin, habe ich versucht, die Spuren zu tilgen“, erklärte er nicht ohne Humor. „Ich war bei den Marines, in Vietnam, am Ende des Krieges. Als ich zurückkam, fing ich nach einer Weile an, für Pan-Am Agra zu arbeiten. Parallel habe ich Abendkurse besucht und meinen Collegeabschluss gemacht. Bei Pan-Am Agra wurden händeringend Mitarbeiter mit Spanischkenntnissen gesucht, also habe ich Spanisch gelernt, bis ich es fließend beherrschte. Das hat sich bezahlt gemacht und mir den Weg nach oben geebnet. Dieses Auto war die erste Anschaffung, die mir sagte, dass ich angekommen bin. Von daher liebe ich es und kümmere mich gut darum.“
Ein großes Haus in Lawrenceton sollte wahrscheinlich der zweite Beweis für den Erfolg seiner Karriere sein.
„Sie sind dreißig, sagten Sie?“, erkundigte er sich plötzlich.
„Ja.“
„Ich bin fünfundvierzig. Macht Ihnen das etwas aus?“
„Wie könnte es das?“
Unsere Blicke hefteten sich simultan auf das beleuchtete Reklameschild eines Motels, das über der Autobahn aufragte.
Bis zur Abfahrt dahin war es noch eine Meile.
„Aurora?“
„Roe.“
„Sie sollen nicht denken, dass ich kein Geld für Sie ausgeben möchte. Sie sollen nicht denken, dass ich nicht mit Ihnen gesehen werden möchte. Aber heute Abend …“
„Fahren Sie ab.“
„Was?“
„Machen Sie schon, biegen Sie ab.“
In atemberaubendem Tempo – so kam es mir wenigstens vor – rollten wir von der Autobahn und standen schon bald vor dem grell erleuchteten Büro des Motels. Ich konnte mich nicht mehr an dessen Namen erinnern, ich wusste nicht mehr, wo wir waren, ich wusste gar nichts mehr.
Martin stieg aus dem Auto, und ich sah zu, wie er uns anmeldete. Bei der ganzen unvermeidlichen Prozedur sah er kein einziges Mal zu mir herüber.
Dann glitt er wieder auf den Fahrersitz, einen Schlüssel in der Hand.
Ich wandte mich ihm zu und stieß zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor: „Ich hoffe, es ist im Erdgeschoss.“
Es lag im Erdgeschoss.
In dieser Nacht schüttete es. Draußen vor dem Fenster zuckten Blitze, und ich hörte, wie die kalten Wassertropfen auf dem Asphalt vor der Tür
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