Harris, Charlaine - Aurora Teagarden 3 - Drei Zimmer, Leiche, Bad
schwerwiegende juristische Probleme bekam oder im Gefängnis landete. Alle Freunde und Nachbarn täten, als wäre nichts passiert, oder hielten sich gänzlich fern. Nun hatte man Jimmy zwar nicht verhaftet, aber ich wollte Susu trotzdem beistehen, keine Schönwetterfreundin sein, auch wenn die Zeit und unsere unterschiedlichen Lebensumstände in den letzten Jahren zwischen uns eine Kluft hatten entstehen lassen. Ich zog mir eine dunkle Hose und einen bunten Pullover an, dazu passende rote Stiefel, denn ich wollte fröhlich und freizeitmäßig aussehen, als wäre die Katastrophe, die über die Familie Hunter hereingebrochen war, etwas ganz Alltägliches.
Die Susu, die mir die Tür öffnete, hätte ich fast nicht wiedererkannt. Sämtlicher Lack schien ab zu sein, und bei Susu hing viel vom Lack ab. Ihre Schultern wirkten eingefallen, sie hatte Ringe unter den Augen, und es kam mir so vor, als hätte sie sich absichtlich alt und schäbig gekleidet, hätte ganz hinten aus ihrem Schrank die Klamotten hervorgekramt, die sie für Anstreicharbeiten im Haus aufbewahrte. In der Spüle stapelte sich schmutziges Geschirr. Susu war nicht nur ganz faktisch eine Frau, die mitten in einer Krise steckte, sie spielte diese Rolle auch noch perfekt, bis ins kleinste Detail.
„Wo sind die Kinder?“, fragte ich vorsichtig.
„Ich habe sie zu meiner Schwester nach Atlanta geschickt.“ Als hätte sie die beiden in einen Karton gepackt und zur Post geschleppt.
„Bist du ganz allein hier?“
„Bis auf unseren Pastor hat sich nicht eine Menschenseele blicken lassen.“
„Was gibt es Neues bei Jimmy?“
„Der ist gerade bei seinem Rechtsanwalt. Sie haben ihn gestern den ganzen Tag auf der Wache behalten. Heute werden sie ihn wohl verhaften. Glaube ich jedenfalls.“
„Susu, glaubst du, dass er es getan hat?“
„Was soll ich denn sonst glauben?“
„Ich glaube, dass er es nicht getan hat.“
„Nicht?“ Das schien sie ehrlich zu überraschen.
„Susu! Natürlich nicht!“
„Man hat seine Fingerabdrücke im Andertonhaus gefunden.“
„Ja und? Ist dir nie in den Sinn gekommen, dass es unzählige Möglichkeiten gibt, wie die da hingeraten sein könnten? Ohne dass er Tonia Lee getötet hat?“
„Wie denn? Sag mir wie!“
„Möglicherweise hat ihm irgendwann ein anderer Makler das Haus gezeigt. Vielleicht hat Tonia Lee ihm das Haus gezeigt, er ist gegangen, und dann ist der Mann aufgetaucht, mit dem sie verabredet war, und hat sie umgebracht.“
„Jimmy muss eine Affäre mit ihr gehabt haben, Roe. Sie hat gedroht, es mir oder den Kindern zu sagen, und da hat er sie umgebracht. Er muss die Nerven verloren haben.“
„Susu Hunter! Am liebsten würde ich dich in den Hintern treten. Du erfindest Dinge, die du unmöglich wissen kannst. Ab unter die Dusche und zieh dir was Nettes an! Schmink dich, und dann fährst du ins Büro dieses Anwalts und fragst Jimmy, wie es wirklich war!“
Himmel, wahrscheinlich war das genau das Falsche. Susu würde zum Anwaltsbüro fahren, und Jimmy würde ihr gestehen, dass er Tonia Lee umgebracht hatte, weil er eine Affäre mit ihr gehabt hatte. Wie konnte ich nur?
Die Heilige Aurora? Lächerlich!
Aber Susu tat wirklich, wie ich ihr befohlen hatte. Mehr noch: Ihre Schritte auf der Treppe klangen nicht mehr nach dem Schleichen, mit dem sie an die Tür gekommen war, um mich zu begrüßen. Geistesabwesend betastete sie dabei ihr Haar, als würde sie bereits erste Einschätzungen zur Schadensbehebung vornehmen.
Ich wusch das Geschirr ab, ließ es aber auf dem Abtropfbrett stehen. Ganz bewusst, es sollte Susu so nerven, dass sie es von sich aus wegräumte. Sie musste aus dieser Lethargie raus.
Als meine Freundin nach einer halben Stunde herunterkam, glich sie schon wieder eher der Susu, die ich kannte.
„Wann soll er sie denn umgebracht haben?“, fragte ich.
„Mittwochabend, sagen sie.“
„Aber an dem Abend hat er doch euren Sohn zum Karatetraining gebracht, und bis dahin war er bei der Arbeit, und nach dem Training ist er sofort zum Abendbrot nach Hause gekommen, hast du erzählt.“
„Ja.“
Dann war es also auf keinen Fall Jimmys Auto gewesen, das Donnie gesehen hatte.
„Wann hätte er denn bitteschön Zeit haben sollen, zum Andertonhaus zu fahren, mit Tonia Lee zu vögeln und sie umzubringen?“, erkundigte ich mich.
„Das stimmt!“, sagte Susu langsam. „Ich glaube, ich war nur so schnell bereit zu glauben, er hätte es getan, weil er sich in letzter Zeit so seltsam
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