Harry Bosch 02 - Schwarzes Eis
ziemlich alles, was sie mir erz ä hlt haben.«
Moore sah sich nach dem Barkeeper um, der am anderen Ende der Bar stand und sie absichtlich zu ignorieren schien.
» Es ist relativ neu «, sagte er. » Letztendlich sind Schwarzes Eis und Glass das gleiche Zeug mit der gleichen Wirkung. Glass kommt von Hawaii, und schwarzes Eis kommt aus Mexiko. Die Droge f ü r das einundzwanzigste Jahrhundert k ö nnte man es wohl nennen. Wenn ich Verk ä ufer w ä re, w ü rde ich sagen, es deckt alle K ä uferschichten ab. Jemand hat einfach Kokain, Heroin und PCP genommen und zu kleinen Brocken zusammengebacken. Brocken mit Power. Der Effekt ist fl ä chendeckend. Es hat das High von Crack, und das wird vom Heroin aufrechterhalten – nicht f ü r Minuten, f ü r Stunden. Dann enth ä lt es noch eine Prise Staub, PCP; das gibt einem vorm Absacken noch mal einen Kick. Sobald das einmal auf der Stra ß e Fu ß gefa ß t hat, der Markt voll entwickelt ist, ist alles zu sp ä t. Dann laufen hier nur noch Zombies rum.«
Bosch sagte nichts. Das meiste wu ß te er schon, aber Moore war in Fahrt, und er wollte ihn nicht mit einer Frage vom Thema abbringen. Er z ü ndete sich eine Zigarette an und wartete.
» Es hat in Hawaii angefangen «, sagte Moore. »Oahu. Dort stellten sie Eis her. Sie nannten es schlicht Ice. Man backt PCP mit Kokain. Sehr profitreich. Das hat sich dann weiterentwickelt. Sie haben Heroin hinzugef ü gt. Gute Qualit ä t. Asien Wei ß . Jetzt nennen sie es Glass. Das ist wahrscheinlich ihr Slogan: glasklar. Aber in diesem Gesch ä ft gibt es kein Monopol. Es gibt nur Preis und Profit.«
Er hielt beide H ä nde hoch, um zu unterstreichen, wie wichtig die zwei Faktoren waren.
» Die Typen auf Hawaii hatten ein gutes Produkt, jedoch Probleme mit dem Transport zum Festland. Es gibt Boote und Flugzeuge, aber die kann man ziemlich gut kontrollieren – oder wenigstens einigerma ß en gut. Das hei ß t, sie k ö nnen observiert und ü berpr ü ft werden. Also heuern sie Kuriere wie Kapps an, die den Schei ß schlucken und r ü berfliegen. Doch selbst das ist nicht so leicht. Erstens kann man nur eine geringe Menge transportieren. Wieviel war es, zweiundvierzig Ballons? In jedem Ballon ungef ä hr hundert Gramm. Das ist nicht viel f ü r den ganzen Aufwand. Au ß erdem gibt es die Drogenfahnder von der Bundesbeh ö rde DEA. Die haben ihre Leute in den Flugzeugen und auf den Flugh ä fen. Die halten Ausschau nach Gummischmugglern wie Kapps. Sie haben ein T ä terprofil, verstehst du. Eine Liste, mit verr ä terischen Anzeichen. Sie achten auf Leute, die schwitzen, aber trockene Lippen haben. Das Medikament gegen Durchfall hat diese Nebenwirkung. Die Gummischmuggler saufen das Zeug, als w ä re es Pepsi. Es verr ä t sie.
Die Mexikaner haben es dagegen verdammt leicht. Die geographischen Verh ä ltnisse sind ein gro ß er Vorteil f ü r sie. Sie haben Boote, Flugzeuge und dazu eine zweitausend Meilen lange Grenze, an der man kaum etwas abfangen kann. Man sagt, die Bundesfahnder beschlagnahmen ein Pfund Kokain von zehn, die ü ber die Grenze kommen. Und was das Schwarze Eis angeht, konfiszieren sie noch nicht einmal eine Unze. Bisher habe ich noch von keiner einzigen Lieferung Schwarzes Eis geh ö rt, die an der Grenze aufgeflogen ist.«
Er machte eine Pause, um sich eine Zigarette anzustecken. Bosch sah, wie die Hand mit dem Streichholz zitterte.
» Die Mexikaner haben einfach das Rezept gestohlen und Glass selbst hergestellt. Allerdings verwenden sie einheimisches, braunes Heroin, einschlie ß lich des Teers. Das ist der klebrige Mist am Fa ß boden. Es hat viele Verunreinigungen und f ä rbt das Zeug schwarz. Deshalb sind sie auf die Idee gekommen, es Schwarzes Eis zu nennen. Sie produzieren es billiger, sie transportieren es billiger, und sie verkaufen es billiger. Sie haben die Hawaiianer, die das verdammte Zeug erfunden haben, so gut wie aus dem Gesch ä ft gedr ä ngt.«
Moore schien hier den Schlu ß punkt zu machen.
Harry fragte: » Hast du irgend etwas geh ö rt, da ß die Mexikaner die Kuriere aus Hawaii beseitigen – vielleicht, um auf diese Weise das Monopol zu erhalten? «
» Wenigstens nicht hier. Du mu ß t begreifen, die Mexikaner produzieren den Schei ß . Aber sie verkaufen es nicht unbedingt selbst auf der Stra ß e. Der Stra ß enhandel spielt sich mehrere Ebenen tiefer ab.«
» Aber sie kontrollieren doch sicher das Ganze.«
» Das ist wohl wahr.«
» Also, wer hat Jimmy Kapps ermordet?
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