Harry Bosch 02 - Schwarzes Eis
Badezimmerfliesen lag. Er wollte Zeit gewinnen.«
» Aber Sie gingen zu weit, Bosch. Das hatte er nicht eingeplant.«
» Wohl nicht.«
Bosch dachte an seine letzte Begegnung mit Moore im Turm. Er fragte sich immer noch, ob Moore ihn erwartete, vielleicht sogar auf ihn gewartet hatte. Warten auf Harry, um von ihm get ö tet zu werden. Er glaubte nicht, da ß er es jemals herausfinden w ü rde.
Es w ü rde Calexico Moores letztes Geheimnis bleiben.
» Zeit wof ü r? « fragte Irving.
» Was? «
» Sie sagten, er wollte Zeit gewinnen.«
» Ich glaube, um nach Mexicali zu fahren, Zorillos Platz einzunehmen, das Geld einzustecken und sich aus dem Staub zu machen. Ich glaube nicht, da ß er ewig der Papst sein wollte. Er wollte nur wieder in einem Schlo ß wohnen.«
» Was? «
» Ach nichts.«
Sie schwiegen einen Moment, bevor Bosch die Geschichte beendete.
» Aber das meiste wissen Sie ohnehin schon l ä nger, Chief.«
» Wei ß ich das? «
» Ja. Ich nehme an, Sie sind selbst darauf gekommen, nachdem Chastain Ihnen mitteilte, da ß Moore den Brief selbst geschrieben hatte.«
» Und woher wu ß te Detective Chastain das? «
Irving r ü ckte nicht das kleinste St ü ckchen Information heraus. Aber es machte ihm nichts aus. Das Erz ä hlen half ihm, einige Fragen in der Geschichte zu kl ä ren. Als ob er sie hochhalten und nach L ö chern untersuchen w ü rde.
» Als er den Brief erhielt, dachte Chastain, da ß die Frau ihn geschrieben hatte. Er fuhr zu ihr nach Hause, und sie stritt es ab. Er fragte nach ihrer Schreibmaschine, um sicherzugehen, und sie schlug ihm die T ü r vor der Nase zu. Aber nicht bevor sie erkl ä rte, da ß sie keine Schreibmaschine habe. Nachdem Moore tot aufgefunden wird, l äß t sich Chastain noch einmal alles durch den Kopf gehen und holt die Schreibmaschine aus Moores B ü ro auf dem Revier. Ich nehme an, da ß er die Buchstaben verglichen hat. Danach war es nicht mehr schwer, darauf zu kommen, da ß der Brief von Moore oder jemandem vom BANG-Team kam. Chastain wird sie wohl diese Woche verh ö rt haben und zu dem Schlu ß gekommen sein, da ß es keiner von ihnen war. Moore hatte den Brief selbst getippt.«
Irving best ä tigte nichts, es war auch nicht n ö tig. Es pa ß te alles zusammen.
» Moore hatte einen guten Plan, Chief. Er spielte Betr ü ger-Patience. Er kannte jede Karte, bevor sie umgedreht wurde.«
» Au ß er einer «, sagte Irving. » Sie. Er hatte nicht vorausgesehen, da ß Sie ihm auf die Spur k ä men.«
Bosch antwortete nicht. Sein Blick ging wieder zu Sylvia. Sie war unschuldig, und es w ü rde ihr nichts passieren. Er merkte, da ß Irving ebenfalls zu ihr hinschaute.
» Sie hat nichts mit der Sache zu tun «, sagte Bosch. » Wir beide wissen das. Wenn sie ihr Schwierigkeiten machen, werde ich Ihnen Schwierigkeiten machen.«
Es war keine Drohung. Es war ein Angebot. Ein Handel. Irving ü berlegte es sich einen Moment und nickte dann. Ein schroffes Einverst ä ndnis.
» Haben Sie mit ihm dort unten gesprochen, Bosch? «
Harry wu ß te, da ß er Moore meinte, und er wu ß te, da ß er die Frage nicht beantworten konnte.
» Was haben Sie dort getan? «
Nach ein paar Momenten Schweigen drehte sich Irving um und schritt stocksteif zur ü ck zu den St ü hlen, auf denen die Polizeif ü hrung und die VIPs Platz genommen hatten. Er setzte sich auf einen Stuhl, den ihm sein Adjutant freigehalten hatte, in der Reihe hinter Sylvia Moore, und blickte nicht einmal wieder in die Richtung von Bosch.
34
Während der ganzen Bestattungsfeierlichkeiten beobachtete Bosch sie von seinem Platz unter der Eiche. Sylvia Moore sah fast nie auf, nicht als eine Abteilung Polizeikadetten mit ihren Gewehren Salut scho ß und auch nicht, als die Hubschrauberstaffel in Trauerformation ü ber den Friedhof flog. Einmal glaubte er, da ß sie zu ihm her ü bersah oder zumindest in seine Richtung; er war sich jedoch nicht sicher. Ihre Haltung war stoisch und ihre Erscheinung faszinierend.
Als es vorbei war, der Sarg in der Erde verschwand und die Leute gingen, blieb sie sitzen. Bosch sah, wie sie Irving abwinkte, der sie zur Limousine geleiten wollte. Der Assistant Chief schlenderte davon und strich den Kragen an seiner Uniform glatt. Als schlie ß lich alle gegangen waren, stand sie auf und warf einen Blick in das offene Grab. Dann ging sie auf ihn zu. Ihre Schritte wurden aus allen Ecken des Friedhofs vom Schlagen der Wagent ü ren begleitet. Sie nahm ihre Sonnenbrille ab, als
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