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Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Titel: Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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kalt, und er hörte einen schrillen Laut.
    »Dein Piepser«, sagte Sylvia.
    Er kroch zu dem Haufen Kleider neben der Couch, fand die Quelle des Geräusches und stellte sie ab.
    »O Gott, wie spät ist es?« fragte sie.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Das ist ein beängstigendes Geräusch. Ich erinnere mich …«
    Sie brach ab. Bosch ahnte, daß sie im Begriff gewesen war, eine Geschichte von ihrem ehemaligen Ehemann zu erzählen. Sie hatte sich anscheinend entschieden, die Erinnerung an ihn nicht zwischen sie treten zu lassen. Aber es war zu spät. Bosch stellte fest, daß er sich fragte, ob Sylvia und ihr Mann jemals in einer Sommernacht den Thermostat heruntergestellt und sich vor dem Kaminfeuer auf dieser Decke geliebt hatten.
    »Rufst du nicht an?«
    »Äh? Ach ja. Ich … hm … versuch’ nur aufzuwachen.«
    Er zog seine Hosen an und ging in die Küche. Er schob die Tür zu, damit das Licht sie nicht störte. Nachdem er es angeschaltet hatte, warf er einen Blick auf die Wanduhr. Sie sah wie ein Teller aus, und anstelle der Ziffern gab es verschiedene Gemüse. Es war halb Tomate, also ein Uhr dreißig. Sylvia und er hatten nur eine Stunde geschlafen, obwohl es ihm wie eine Ewigkeit vorkam.
    Die Nummer hatte eine 818-Vorwahl und war ihm unbekannt.
    Jerry Edgar nahm beim ersten Klingeln schon ab.
    »Harry?«
    »Ja.«
    »Entschuldige die Störung, Harry.«
    »Ist okay. Was ist los?«
    »Ich bin auf dem Sepulveda Boulevard, direkt südlich von Roscoe Boulevard. Ich hab’ sie, Mann.«
    Bosch wußte, er sprach von der Überlebenden.
    »Was sagt sie? Hat sie sich Moras Bild angesehen?«
    »Nein, ich habe sie nicht wirklich. Ich beobachte sie nur. Sie flaniert hier die Straße lang.«
    »Warum schnappst du sie dir nicht?«
    »Weil ich allein bin. Ich könnte Unterstützung brauchen. Wenn ich sie allein mitzunehmen versuche, beißt sie mich oder so. Du weißt, sie hat Aids.«
    Bosch schwieg. Durchs Telefon konnte er hören, wie Autos an Edgar vorbeifuhren.
    »He, tut mir leid. Ich hätte nicht anrufen sollen; ich dachte nur, du wolltest dabei sein. Ich ruf den Wachhabenden in Van Nuys an und laß’ mir ein paar Cops herschicken. Also gute …«
    »Vergiß es. Ich komme. Gib mir eine halbe Stunde. Bist du schon die ganze Nacht unterwegs?«
    »Ja. Ich bin nur zum Abendessen nach Hause. Ich habe sie überall gesucht, aber jetzt erst entdeckt.«
    Bosch legte auf und fragte sich, ob Edgar sie wirklich den ganzen Abend nicht finden konnte oder ob er Überstunden rausschinden wollte. Er ging zurück zum Wohnzimmer. Das Licht war an, und Sylvia lag nicht mehr auf der Decke.
    Sie lag zugedeckt im Bett.
    »Ich muß weg«, sagte er.
    »Das dachte ich mir schon beim Mithören, darum bin ich ins Bett gegangen. Es ist nicht sehr romantisch, allein vor einem ausgebrannten Kaminfeuer auf dem Boden zu liegen.«
    »Bist du sauer?«
    »Natürlich nicht, Harry.«
    Er beugte sich über das Bett und küßte sie, und sie legte ihm ihre Hand in den Nacken.
    »Ich werde versuchen, wieder zurückzukommen.«
    »Okay. Kannst du den Thermostat wieder hochstellen, bevor du gehst. Ich hab’s vergessen.«
     
    Edgar parkte vor einer Winchell’s-Donuts-Bäckerei, anscheinend war ihm die implizite Komik nicht bewußt. Bosch hielt hinter ihm an und stieg aus.
    »Wo stehste, Harry?«
    »Wo steht sie?«
    Edgar deutete mit dem Finger auf die andere Straßenseite, anderthalb Block weiter. An der Kreuzung von Roscoe und Sepulveda stand an einer Bushaltestelle eine Bank, auf der zwei Frauen saßen. Drei weitere standen in der Nähe.
    »Sie ist die mit den roten Shorts.«
    »Bist du sicher?«
    »Ja, ich bin an die Ampel rangefahren und habe sie angegafft. Sie ist es. Das einzige Problem ist, daß wir in einen Ringkampf geraten könnten. Die Mädchen da schaffen alle an. Der Sepulveda-Bus fährt seit eins nicht mehr.«
    Bosch beobachtete, wie die in den roten Shorts ihr Trägerhemd hochhob, als ein Auto vorbeifuhr. Der Wagen bremste, aber nach kurzem Zögern fuhr der Fahrer weiter.
    »Hatte sie Kunden?«
    »Vor ein paar Stunden einen Typen. Sie ist mit ihm in das Gäßchen hinter den Geschäften gegangen und hat ihn dort bedient. Ansonsten tote Hose. Sie sieht zu heruntergekommen aus für anspruchsvolle Kunden.«
    Edgar lachte. Bosch dachte, daß sich Edgar gerade verraten hatte, indem er zugab, daß er sie schon einige Stunden beobachtete. Wenigstens hat er mich nicht angepiept, als das Feuer brannte.
    »Also, wenn du kein Interesse an Catchen hast, was für

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