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Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton

Titel: Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Vielleicht gehörte es auch zu seinen Fanggründen.
     
    Nach der Pause rief Chandler Victor Amado, einen Labortechniker der Gerichtsmedizin, auf. Er war klein und sah aus wie ein Bücherwurm. Auf dem Weg zum Zeugenstand tanzten seine Augen zwischen Richter und Jury hin und her. Er hatte fast alle Haare verloren, obwohl er noch nicht einmal dreißig Jahre zu sein schien. Bosch erinnerte sich, daß er vor vier Jahren noch all seine Haare gehabt und von den Mitgliedern der Fahndungsgruppe den Spitznamen Kid bekommen hatte. Er wußte, daß Belk ihn aufgerufen hätte, falls Chandler es nicht getan hätte.
    Belk beugte sich zu ihm und flüsterte ihm zu, daß Chandler ihre Zeugen nach dem Strickmuster Gut-Böse arrangierte und zwischen Polizisten und Zeugen wechselte, die ihre Sache unterstützten.
    »Wahrscheinlich kommt nach Amado eine der Töchter dran«, sagte er. »Als Strategie ist das ziemlich unoriginell.«
    Bosch verkniff sich die Bemerkung, daß seine Vertraut-uns-wir-sind-die-Polizei-Verteidigung schon so alt war wie das bürgerliche Recht.
    Amado berichtete mit pedantischer Detailtreue, wie ihm die Fläschchen und Puderdosen mit Make-up, die man in Churchs Apartment gefunden hatte, übergeben wurden und wie er Verbindungen zu bestimmten Opfern des Puppenmachers zurückverfolgt hatte. Er habe im Endergebnis neun verschiedene Zusammenstellungen von Make-up festgestellt, Maskara, Rouge, Eyeliner, Lippenstift, etc. Jede Gruppierung konnte durch chemische Analyse mit Proben von den Gesichtern der Opfer in Beziehung gesetzt werden. Diese Übereinstimmungen konnten durch Ermittlungsergebnisse der Fahnder bestätigt werden, die Verwandte und Freunde über die von den Toten benutzten Kosmetika befragten. Es paßte alles zusammen, sagte Amado. Und in einem Fall, fügte er hinzu, konnte eine Wimper auf einem Maskarapinsel identifiziert werden, der in Churchs Bad gefunden wurde. Sie stammte von dem zweiten Opfer.
    »Was ist mit den zwei Opfern, von denen das Make-up nicht gefunden wurde?« fragte Chandler.
    »Das war uns ein Rätsel. Wir haben ihr Make-up nie gefunden.«
    »Tatsächlich haben Sie also mit Ausnahme der Wimper, die angeblich gefunden und identifiziert wurde, nichts. Sie können hinsichtlich des Make-ups, das die Polizei anscheinend im Apartment fand, nicht hundertprozentig sicher sein, daß es von den Opfern stammt. Korrekt?«
    »Es sind Massenprodukte, die weltweit vertrieben werden. Es ist also ziemlich viel davon im Umlauf, aber ich würde sagen, es ist extrem unwahrscheinlich, daß neun verschiedene Zusammenstellungen durch Zufall exakt übereinstimmen.«
    »Ich habe Sie nicht gebeten zu schätzen, Mr. Amado. Bitte beschränken Sie sich auf die Beantwortung meiner Fragen.«
    Die Schelte ließ Amado zusammenzucken. »Die Antwort ist, daß wir nicht hundertprozentig sicher sein können. Das ist korrekt.«
    »Okay, berichten Sie nun der Jury von Ihren DNS-Tests, die Norman Church mit den elf Morden in Beziehung brachten.«
    »Es wurden keine gemacht. Es …«
    »Beantworten Sie nur meine Fragen, Mr. Amado. Wie steht es mit Blutuntersuchungen, die eine Verbindung herstellen.«
    »Es gab keine.«
    »Dann war also der Make-up-Vergleich entscheidend; er hat Mr. Church als Puppenmacher festgenagelt?«
    »Nun, für mich war er das. Ich weiß nicht, welcher Meinung die Detectives sind. Mein Bericht sagt …«
    »Ich bin sicher, die Detectives sind der Ansicht, daß er durch die tödliche Kugel festgenagelt wurde.«
    »Einspruch«, schrie Belk wütend und sprang auf. »Euer Ehren, sie kann nicht …«
    »Ms. Chandler«, dröhnte Richter Keyes, »ich habe Sie beide vor solchen Sachen gewarnt. Wie kommen Sie dazu, etwas zu behaupten, von dem Sie genau wissen, daß es als vorgreifendes Urteil nicht zulässig ist.«
    »Ich bitte um Entschuldigung, Euer Ehren.«
    »Nun, es ist etwas spät für Entschuldigungen. Wir werden über diese Angelegenheit sprechen, nachdem die Jury für heute entlassen wird.«
    Der Richter instruierte dann die Geschworenen ihre Bemerkung nicht zu beachten. Bosch wußte jedoch, daß es ein exakt geplanter Zug seitens Chandlers gewesen war. In den Augen der Jury würde sie jetzt noch mehr als Underdog dastehen. Sogar der Richter schien gegen Sie zu sein – was er in Wirklichkeit nicht war. Und eventuell waren sie jetzt abgelenkt, mit ihren Gedanken bei der Auseinandersetzung, als Belk aufstand, um den Schaden zu beheben.
    »Keine weiteren Fragen, Euer Ehren«, erklärte Chandler.
    »Mr. Belk«,

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