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Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Titel: Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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hoffte, sie wäre nicht schon wieder gegangen. Er setzte sich in eine freie Sitznische, die besonders abgeschieden lag. Die Speisekarte brauchte er sich nicht anzusehen. Sie hatten sich deshalb für den Farmer’s Market als Treffpunkt entschieden, weil er in der Nähe von Edward Gunns Wohnung lag und weil McCaleb im Dupar’s frühstücken wollte. Er hatte Winston erzählt, was er an Los Angeles am meisten vermisste, seien die Pfannkuchen im Dupar’s. Wenn er und Graciela und die Kinder ihren monatlichen Ausflug aufs Festland machten, um Kleider und andere Dinge zu kaufen, die auf Catalina nicht erhältlich waren, aßen sie immer im Dupar’s. Egal, ob zum Frühstück, Mittag- oder Abendessen, McCaleb bestellte immer Pfannkuchen. Raymond ebenfalls. Aber während der Junge sie mit Boysenbeeren nahm, blieb McCaleb beim klassischen Ahornsirup.
    McCaleb sagte der Bedienung, er warte auf jemanden, bestellte aber schon einen großen Orangensaft und ein Glas Wasser. Nachdem die Bedienung die zwei Gläser gebracht hatte, holte er den Plastikbehälter mit den Pillen aus seinem Lederbeutel. Er hatte immer einen Wochenvorrat an Medikamenten auf dem Boot und eine weitere Ration für mehrere Tage im Handschuhfach des Cherokee. Damit hatte er den Behälter nach der Ankunft im Hafen gefüllt. Nun nahm er die 27 Tabletten seiner Morgendosis abwechselnd mit einem Schluck Orangensaft und Wasser ein. Er kannte ihre Namen anhand ihrer Formen, Farben und Geschmäcker; Prilosec, Demadex, Digoxin, Bacitracin. Während er sie der Reihe nach hinunterschluckte, merkte er, dass ihn eine Frau an einem Tisch in der Nähe mit hochgezogenen Augenbrauen erstaunt beobachtete.
    Er würde die Tabletten nie absetzen können. Sie waren so unvermeidlich wie der sprichwörtliche Tod und die Steuern. Im Lauf der Jahre würden zwar einige durch andere ersetzt werden, aber grundsätzlich stand fest, dass er bis an sein Lebensende Pillen schlucken und ihren widerlichen Geschmack mit Orangensaft wegspülen müsste.
    »Wie ich sehe, haben Sie schon ohne mich bestellt.«
    Er blickte von den letzten drei Cyclosporin-Tabletten auf, die er gerade nehmen wollte, als Jaye Winston ihm gegenüber in die Nische rutschte.
    »Tut mir Leid, dass ich so spät komme. Der Verkehr auf dem Highway 10 war eine Katastrophe.«
    »Macht überhaupt nichts. Ich bin auch gerade gekommen. Meine Batterie war leer.«
    »Wie viel von den Dingern nehmen Sie inzwischen?«
    »Ich bin auf vierundfünfzig am Tag runter.«
    »Unglaublich.«
    »Ich musste einen Garderobenschrank in meine Hausapotheke umwandeln. Den ganzen.«
    »Hauptsache, Sie sind uns erhalten geblieben.«
    Sie lächelte und McCaleb nickte. Die Bedienung kam mit einer Speisekarte für Winston an den Tisch, aber sie sagte, sie sollten besser gleich bestellen.
    »Ich nehme das gleiche wie er.«
    McCaleb bestellte eine große Portion Pfannkuchen mit geschmolzener Butter und sagte der Bedienung, sie würden sich eine Portion gut durchgebratenen Speck teilen.
    »Kaffee?«, fragte die Bedienung. Sie machte ein Gesicht, als wäre das die hunderttausendste Pfannkuchenbestellung, die sie entgegengenommen hatte.
    »Ja, bitte«, sagte Winston. »Schwarz.«
    McCaleb sagte, er bliebe bei seinem Orangensaft.
    Als sie allein waren, sah McCaleb über den Tisch hinweg Winston an.
    »Und? Haben Sie den Hausverwalter erreicht?«
    »Er wollte sich um halb elf mit uns treffen. Die Wohnung ist immer noch frei, aber sie wurde sauber gemacht. Nachdem wir sie freigegeben hatten, kam die Schwester des Opfers her und hat alles mitgenommen, was sie haben wollte.«
    »Ja, etwas in der Art habe ich bereits befürchtet.«
    »Der Hausverwalter meinte, es wäre nicht viel gewesen – Gunn hatte nicht viel.«
    »Was ist mit der Eule?«
    »Daran konnte er sich nicht mehr erinnern. Ich, ehrlich gesagt, auch nicht. Sie fiel mir erst wieder ein, als Sie sie heute morgen erwähnt haben.«
    »Ist ja auch nur so eine Vermutung. Ich würde sie mir gern ansehen.«
    »Wir werden ja sehen, ob sie noch da ist. Was wollen Sie sonst noch tun? Ich hoffe, Sie sind den weiten Weg hier rüber nicht bloß gekommen, um sich die Wohnung dieses Kerls anzusehen.«
    »Eigentlich wollte ich mit der Schwester reden. Und vielleicht auch mit Bosch.«
    Winston sagte zwar nichts, aber er konnte ihr ansehen, dass sie auf eine Erklärung wartete.
    »Um ein Profil eines unbekannten Täters zu erstellen, ist es wichtig, das Opfer zu kennen. Seine Gewohnheiten, seine Persönlichkeit, alles.

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