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Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Titel: Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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staatliche Beihilfe für die vierundfünfzig Pillen, die er täglich schluckte. Die Medikamente waren so teuer, dass er, wenn er nicht gerade ein Jahreseinkommen im sechsstelligen Bereich hätte, in sechs Monaten pleite wäre, wenn er sie selbst bezahlen müsste. Das war das hässliche Geheimnis hinter dem medizinischen Wunder, das ihm das Leben gerettet hatte. Er bekam seine zweite Chance im Leben, solange er sie nur nicht dazu nutzte, selbst für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Das war der Grund, warum die Charterfirma auf Buddy Lockridges Namen lief. Offiziell war McCaleb ein unbezahlter Deckshelfer. Buddy mietete das Boot für die Chartertouren von Graciela und zahlte ihr dafür sechzig Prozent der Chartereinnahmen nach Abzug sämtlicher Ausgaben.
    »Wie sind Ihre Pfannkuchen?«, fragte McCaleb.
    »Einsame Spitze.«
    »Allerdings.«

8
    D as Grand Royale war ein vergammelnder Schandfleck, ein zweigeschossiger Betonkasten, dessen ästhetische Ambitionen mit der prätentiösen Gestaltung seines Namenszugs über dem Eingang begannen und endeten. Die Straßen West Hollywoods und anderer Bereiche der Flats, wo in den 50er und 60er Jahren kleine Bungalow-Anlagen im Zuge einer verdichteten Bebauung klotzigen Mietshäusern hatten weichen müssen, waren reihenweise von solchen Bausünden gesäumt. Sie ersetzten echten Stil durch pseudo-elegantes Dekor und klangvolle Namen, die genau das zum Ausdruck brachten, was sie nicht waren.
    McCaleb und Winston betraten das Apartment im ersten Stock, in dem Edward Gunn gewohnt hatte, in Begleitung des Hausverwalters, eines gewissen Rohrshak – »wie der Test, nur anders geschrieben.«
    Hätte er nicht gewusst, wo er nachsehen musste, hätte McCaleb den Blutfleck an der Stelle, wo Gunn gestorben war, glatt übersehen. Der Teppichboden war nicht erneuert, sondern nur mit Teppichshampoo gereinigt worden, wonach nur noch eine leichte hellbraune Verfärbung zurückblieb, die der nächste Mieter vermutlich für einen Limonaden- oder Kaffeefleck halten würde.
    Die Wohnung war sauber gemacht und oberflächlich renoviert worden. Aber die Einrichtung war noch dieselbe. McCaleb erkannte die einzelnen Möbelstücke vom Tatortvideo wieder.
    Der Geschirrschrank an der Rückwand des Raums war leer. Keine Plastikeule hockte mehr auf ihm. McCaleb sah Winston an.
    »Sie ist weg.«
    Winston wandte sich dem Hausverwalter zu.
    »Mr. Rohrshak. Die Eule, die auf dem Schrank stand – wir glauben, sie ist wichtig. Wissen Sie wirklich nicht, was aus ihr geworden ist?«
    Rohrshak breitete die Arme aus und ließ sie wieder sinken.
    »Nein, keine Ahnung. Sie haben mich schon früher mal nach ihr gefragt und ich weiß noch, wie ich dachte: ›Ich kann mich an keine Eule erinnern.‹ Aber wenn Sie es sagen …«
    Er hob die Schultern und reckte das Kinn, bevor er nickte, als gäbe er nur widerstrebend zu, dass auf dem Geschirrschrank eine Eule gestanden hatte.
    McCaleb deutete seine Körpersprache und Worte als die typischen Manierismen eines Lügners. Leugne die Existenz des Gegenstands, den du gestohlen hast, und du schaffst den Diebstahl aus der Welt. Er nahm an, Winston hatte es ebenfalls mitbekommen.
    »Jaye, haben Sie ein Handy? Könnten Sie die Schwester anrufen und das nachprüfen?«
    »Ich warte immer noch drauf, dass ich endlich so ein Ding gestellt bekomme.«
    McCaleb hatte für den Fall, dass Brass Doran anrief, sein Handy nicht benutzen wollen, doch jetzt legte er seinen Lederbeutel auf das ausladende Sofa, holte das Telefon heraus und reichte es ihr.
    Sie musste die Nummer der Schwester in einem Notizbuch nachschlagen, das sie in ihrer Aktentasche hatte. Während sie den Anruf machte, ging McCaleb langsam in der Wohnung herum, um sich einen Eindruck von ihr zu verschaffen. Er blieb vor dem runden Holztisch im Essbereich stehen. Dem Bericht der Spurensicherung zufolge hatten sich auf dreien der vier dazugehörigen Stühle zahlreiche Flecken sowie partielle und vollständige Fingerabdrücke befunden, die alle von Edward Gunn, dem Opfer, stammten. Der vierte Stuhl, der auf der Nordseite des Tisches gestanden hatte, hatte keinerlei Fingerabdrücke aufgewiesen. Er war abgewischt worden. Höchstwahrscheinlich hatte das der Mörder getan, nachdem er den Stuhl aus irgendeinem Grund angefasst hatte.
    McCaleb ging zu dem Stuhl auf der Nordseite des Tisches. Um seine Lehne nicht zu berühren, hakte er seine Hand unter den Sitz und zog ihn zum Geschirrschrank. Dann stieg er darauf und hob die Arme, als

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