Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht
Aber allen war klar, man konnte das Läuten einer Glocke nicht rückgängig machen.
»Es war nicht sein Verhalten bei der Vernehmung, das unseren Verdacht geweckt hatte«, begann Bosch noch einmal. »Der Grund für unser unmittelbares Interesse an Mr. Storeys Person war der Umstand, dass er unseres Wissens die letzte Person war, die mit dem Opfer zusammengewesen war. Seine mangelnde Kooperationsbereitschaft war zwar verdächtig, aber in dieser Phase der Ermittlungen waren wir für alle Möglichkeiten offen. Meine Partner und ich verfügen zusammen über fünfundzwanzig Jahre Erfahrung in der Aufklärung von Mordfällen. Wir wissen, dass nicht immer alles so ist, wie es den Anschein hat.«
»Womit befassten sich die Ermittlungen als Nächstes?«
»Wir gingen allen Spuren nach. Und eine dieser Spuren war natürlich Mr. Storey. Aufgrund seiner Aussage, er und das Opfer seien im Zuge ihrer Verabredung zu ihm nach Hause gefahren, beantragten wir beim Municipal Court einen Haussuchungsbefehl und erhielten darauf die Genehmigung, David Storeys Haus zu durchsuchen.«
Langwiser brachte dem Richter den Haussuchungsbefehl, der darauf in die Liste der Beweismittel aufgenommen wurde. Anschließend nahm sie ihn wieder zum Pult mit. Dann sagte Bosch aus, dass die Durchsuchung des Hauses im Mulholland Drive zwei Tage nach dem Gespräch mit Storey um sechs Uhr morgens durchgeführt wurde.
»Der Durchsuchungsbefehl ermächtigte Sie, jegliche Beweise für Jody Krementz’ Ermordung zu konfiszieren, außerdem jegliche Spuren ihrer Habe und jegliche Beweise dafür, dass sie sich an besagtem Ort aufgehalten hatte. Ist das richtig?«
»Das ist richtig.«
»Wer hat die Haussuchung durchgeführt?«
»Ich selbst, meine Partner und zwei Techniker von der Spurensicherung. Außerdem hatten wir einen Fotografen dabei, für Videoaufnahmen und Fotos. Insgesamt sechs Personen.«
»Wie lang hat die Durchsuchung gedauert?«
»Ungefähr sieben Stunden.«
»War der Angeklagte während der Durchsuchung anwesend?«
»Die meiste Zeit. Einmal musste er allerdings weg, wegen eines Termins mit einem Filmschauspieler, den er, wie er sagte, nicht verlegen konnte. Er war ungefähr zwei Stunden weg. Während dieser Zeit blieb sein Anwalt, Mr. Fleer, im Haus und beaufsichtigte die Durchsuchung. Wir waren nie allein im Haus, falls es das ist, was Sie wissen wollen.«
Langwiser blätterte in den Seiten des Durchsuchungsbefehls, bis sie zu dessen Ende kam.
»Detective, wenn Sie während einer gerichtlich genehmigten Haussuchung irgendwelche Gegenstände konfiszieren, sind Sie doch gesetzlich verpflichtet, diese Gegenstände auf dem Durchsuchungsbefehlformular einzutragen. Ist das richtig?«
»Ja.«
»Dieses Formular wird dann beim Gericht eingereicht, richtig?«
»Ja.«
»Können Sie uns dann vielleicht erklären, warum dieses Formular leer ist?«
»Wir haben bei der Durchsuchung keine Gegenstände aus dem Haus mitgenommen.«
»Sie fanden nichts, was darauf hindeutete, dass Jody Krementz in Mr. Storeys Haus war, was sie seinen eigenen Aussagen zufolge war?«
»Nein, nichts.«
»Diese Durchsuchung fand wie viele Tage nach dem Abend statt, an dem Mr. Storey seiner eigenen Aussage zufolge Ms. Krementz zu sich nach Hause mitgenommen und dort Geschlechtsverkehr mit ihr gehabt hatte?«
»Fünf Tage nach dem Abend, an dem sie ermordet wurde, und zwei Tage nach unserem Gespräch mit Mr. Storey.«
»Sie haben nichts gefunden, was Mr. Storeys Aussage bestätigte?«
»Nichts. Das Haus war sauber.«
Bosch wusste, sie versuchte etwas Negatives in etwas Positives zu verkehren, indem sie anzudeuten versuchte, die erfolglose Durchsuchung sei ein Hinweis auf Storeys Schuld.
»Würden Sie die Haussuchung als erfolglos bezeichnen?«
»Nein. Das ist keine Frage von Erfolg oder Misserfolg. Wir suchten nach Indizien, die Mr. Storeys Aussage bestätigt hätten, sowie nach Hinweisen, dass es in Zusammenhang mit Ms. Krementz zu irgendwelchen Unregelmäßigkeiten gekommen war. Wir fanden im ganzen Haus nichts, was auf etwas Derartiges hingedeutet hätte. Aber manchmal kommt es nicht auf das an, was man findet, sondern auf das, was man nicht findet.«
»Können Sie das den Geschworenen näher erklären?«
»Nun, es stimmt: Wir haben keinerlei Beweisstücke aus dem Haus mitgenommen. Aber wir stellten fest, dass etwas fehlte, was später wichtig für uns wurde.«
»Und was war das?«
»Ein Buch. Ein fehlendes Buch.«
»Woher wussten Sie, dass es fehlte,
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