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Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Titel: Harry Bosch 09 - Letzte Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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schließlich noch, dass keine von Gesslers Kreditkarten wieder auftauchte oder noch einmal benutzt wurde.
    Die Berichte, die ich überflog, enthielten keinerlei Resümees oder Schlussfolgerungen. Die zog der Ermittlungsbeamte – Lindell – vermutlich im Stillen und behielt sie für sich. Man schreibt keinen Bericht und kommt zu dem Ergebnis, dass ein Kollege tot ist. Man spricht das Offensichtliche nicht aus und spricht von dem vermissten Agenten immer im Präsens.
    Aber alles, was ich gelesen hatte, ließ für mich nur einen Schluss zu. Irgendwann, nachdem Gessler auf dem Sepulveda Pass getankt hatte, war sie in ihrem Wagen angehalten und entführt worden, und es sah nicht so aus, als würde sie wieder auftauchen. Wahrscheinlich war ihr jemand hinten draufgefahren, worauf sie am Straßenrand angehalten hatte, um den Schaden zu begutachten und möglicherweise die Versicherungsdaten mit dem anderen Fahrer auszutauschen.
    Was dann passierte, war nicht bekannt. Aber höchstwahrscheinlich war sie gewaltsam entführt und ihr Auto auf dem Flughafenparkplatz abgestellt worden – Letzteres diente vermutlich dem Zweck, die Entdeckung des Wagens ein paar Tage hinauszuzögern, damit die Spur erkaltete und die Erinnerungen potenzieller Augenzeugen verblassten.
    Ungewöhnlich war der zweite Benzinkauf. Handelte es sich dabei um einen Fehler, der die Ermittler möglicherweise auf die Spur der Entführer der Agentin führen würde? Oder steckte dahinter Absicht? War es eine gezielte Maßnahme der Entführer, um die Polizei auf eine falsche Fährte zu locken? Eine weitere, völlig andere Frage warf die Menge des bezahlten Benzins auf. Nach was für einem Fahrzeugtyp sollten sie Ausschau halten? Nach einem Abschleppwagen? Einem Pick-up? Einem Umzugslaster?
    So oder so wurde eine Agentin vermisst. Daran führte kein Weg vorbei. Der Ordner enthielt das kurze Resümee einer dreitägigen Suchaktion aus der Luft, die über den Wüstengebieten im Nordosten des County durchgeführt worden war. Auch wenn es sich dabei um die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen handelte, hatte diese Maßnahme getroffen werden müssen. Sie erwies sich als ergebnislos.
    Außerdem waren zahlreiche Agenten mehrere Tage lang auf all denjenigen Straßen unterwegs, bei denen die Wahrscheinlichkeit am höchsten war, dass Gessler sie auf der Heimfahrt über den Sepulveda Pass genommen hatte. Der Pass führte über die Santa Monica Mountains. Während die Südseite abgesehen von Freeway 405 und Sepulveda Boulevard wenig Auswahlmöglichkeiten bot, gab es auf der Nordseite ein Netz von Abkürzungen, ausgekundschaftet in fünfzig Jahren Stoßverkehr. Auf allen diesen Straßen waren FBI-Agenten unterwegs und suchten nach Zeugen eines Unfalls, in den ein blauer Ford Taurus verwickelt gewesen war und bei dem es sich, auch wenn er nach außen hin vollkommen harmlos erschienen sein mochte, in Wirklichkeit um die Entführung einer FBI-Agentin gehandelt hatte.
    Sie kehrten mit leeren Händen zurück.
    Der Sepulveda Pass war in der Vergangenheit Schauplatz ähnlicher Verbrechen gewesen. Nur wenige Jahre zuvor war der Sohn des bekannten Entertainers Bill Cosby eines Nachts am Straßenrand ausgeraubt und ermordet worden. Und im Lauf der letzten zehn Jahre waren eine Hand voll Frauen entführt und vergewaltigt worden, eine von ihnen erstochen, nachdem sie mit ihrem Auto am Straßenrand angehalten hatte, weil ihr jemand von hinten reingefahren war oder sonst einen Schaden an ihrem Wagen verursacht hatte. Man hielt diese Vorfälle nicht für das Werk einer einzigen Person. Vielmehr nahm man an, dass der Pass mit seinen Steigungen und dunklen kurvenreichen Straßen Raubtiere anzog. Wie Löwen, die an einem Wasserloch auf der Lauer lagen, mussten menschliche Raubtiere am Sepulveda Pass nicht lange auf Beute warten. Die Schneise durch die Berge war eine der am stärksten befahrenen Verkehrsadern der Welt.
    Es war nicht auszuschließen, dass Gessler das Zufallsopfer eines willkürlich begangenen Verbrechens geworden war, genau der Sorte von Straftat also, die sie beruflich zu kategorisieren und zu erklären versucht hatte. Sie könnte an der Tankstelle einen Räuber auf sich aufmerksam gemacht haben, indem sie zum Beispiel beim Herausholen der Kreditkarte ihre Handtasche zu weit geöffnet hatte. Vielleicht hatte sie aber auch aus einem anderen unbekannten Grund einen Verfolger angelockt. Sie war eine attraktive Frau. Wenn es ein Tankstellenangestellter bemerkt und

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