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Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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die Kommunikationszentrale drüben im Parker Center wenden und die Nummer feststellen lassen, von der der Anruf erfolgt war. Aber er wusste auch, dass jemand, der anrief, um ihm zu drohen, entweder seine Nummer unterdrückt oder ein Münztelefon oder ein Wegwerfhandy benutzt hatte. So jemand wäre nicht so dumm, sich von einem rückverfolgbaren Anschluss aus zu melden.
    Statt sich weiter darüber Gedanken zu machen, konzentrierte sich Bosch auf den Zeitpunkt des Anrufs und seinen Inhalt. Von irgendwoher wussten Changs Triadenkollegen bereits, dass er festgenommen worden war. Bosch schaute auf den Boarding Pass. Planmäßig wäre die Maschine um 11:20 Uhr gestartet. Das hieß, sie war noch in der Luft. Demnach konnte jemand, der in Seattle auf Chang wartete, noch nicht wissen, dass er nicht in der Maschine war. Trotzdem wussten Changs Leute von irgendwoher, dass er sich in den Händen der Polizei befand. Und sie wussten auch Boschs Namen.
    Wieder einmal rührten sich finstere Gedanken in Boschs Kopf. Wenn Chang sich nicht am LAX mit einem Mitreisenden verabredet hatte oder die ganze Zeit, die Bosch ihn beobachtet hatte, beobachtet worden war, deutete erneut alles darauf hin, dass es innerhalb des Ermittlungsverfahrens eine undichte Stelle gab.
    Bosch verließ sein Abteil und ging zum Videoraum. Das war eine kleine Kammer zwischen den zwei mit Kameras und Mikrofonen ausgestatteten Vernehmungszimmern der RHD , in der Verdächtige mit Hilfe der Aufnahmegeräte beobachtet werden konnten.
    Als Bosch den Raum betrat, in dem Chu und Gandle auf einem Monitor Chang beobachteten, wurde es dort richtig eng.
    »Irgendwas?«, fragte Bosch.
    »Bisher nicht ein Wort«, antwortete Gandle.
    »Und auf der Fahrt hierher?«
    »Auch nichts«, sagte Chu. »Ich habe versucht, ihn in ein Gespräch zu verwickeln, aber er hat nur wiederholt, dass er einen Anwalt will. Mehr war nicht aus ihm rauszukriegen.«
    »Ziemlich harte Nuss, der Kerl«, brummte Gandle.
    »Ich habe mir sein Flugticket angesehen«, sagte Bosch. »Seattle hilft uns auch nicht weiter.«
    »Das würde ich nicht so sehen«, meinte Chu.
    »Wieso?«
    »Ich dachte mir schon, dass er nach Seattle fliegt und von dort über die Grenze nach Vancouver fährt. Ich kenne jemanden bei der RCMP , der die Passagierlisten für mich gecheckt hat. Chang hat für heute Abend einen Flug von Vancouver nach Hongkong gebucht. Mit Cathay Pacific Airways. Das ist ein klarer Hinweis, dass er heimlich und rasch das Land verlassen wollte.«
    Bosch nickte.
    »Bei der Royal Canadian Mounted Police? Was Sie alles für Beziehungen haben, Chu. Nicht übel.«
    »Danke.«
    »Haben Sie das Ignacio schon gesagt? Changs Versuch, seine Spuren zu verwischen, wird uns helfen, einen berechtigten Grund für den Durchsuchungsbeschluss zu liefern.«
    »Er weiß Bescheid. Er hat es reingesetzt.«
    »Gut.«
    Bosch schaute auf den Monitor. Chang saß am Tisch. Seine Hände waren mit Handschellen an einem in der Mitte des Tischs angebrachten Ring befestigt. Seine breiten Schultern sahen aus, als brächten sie die Nähte seines Hemds jeden Moment zum Platzen. Er saß kerzengerade da und stierte ausdruckslos an die Wand.
    »Lieutenant, wie lang können Sie uns seine Einlieferung guten Gewissens hinauszögern lassen?«
    Gandle setzte eine besorgte Miene auf. Er ließ sich ungern auf etwas festnageln, was ihm später um die Ohren geschlagen werden konnte.
    »Also, wenn Sie mich fragen, überreizen wir es sowieso schon. Chu hat vorhin erzählt, Sie haben den Streifenwagen einen kleinen Umweg fahren lassen. Wenn Sie noch mehr Zeit schinden, könnte ein Richter Anstoß daran nehmen.«
    Bosch sah auf die Uhr. Sie durften Chang frühestens in fünfzig Minuten einen Anwalt anrufen lassen. Im Zug einer Festnahme galt es einiges an Schreibkram zu erledigen, dem Verdächtigen mussten die Fingerabdrücke abgenommen werden, und erst wenn er im Anschluss daran ins Gefängnis eingeliefert wurde, musste er Zugang zu einem Telefon erhalten.
    »Na schön, dann können wir ja schon mal mit dem offiziellen Teil beginnen. Aber wir lassen uns weiterhin Zeit. Chu, Sie gehen zu ihm rein und füllen das Formular mit ihm aus. Wenn wir Glück haben, stellt er sich stur. Je mehr Zeit dafür draufgeht, umso besser.«
    Chu nickte.
    »Alles klar.«
    »Wir stecken ihn auf keinen Fall vor zwei in eine Zelle.«
    »Okay.«
    Chu zwängte sich zwischen dem Lieutenant und Bosch hindurch nach draußen. Gandle wollte ihm folgen, doch Bosch tippte ihm auf die

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