Harry Bosch 15 - Neun Drachen

Titel: Harry Bosch 15 - Neun Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly

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Eleanor.
    Bosch reichte ihr den Ausdruck.
    »Sonst wirst du darauf aber nichts mehr finden«, sagte er. »Diese Häuser sehen alle gleich aus.«
    »Gib einfach her.«
    Sie ließ sich Zeit, und Bosch konnte förmlich sehen, wie sie zwanzig Jahre zurücksprang, zurück in die Zeit, als sie noch FBI -Agentin gewesen war. Mit zusammengekniffenen Augen analysierte sie das Foto als Agentin, nicht als Mutter eines entführten Mädchens.
    »Okay«, sagte sie schließlich. »Irgendetwas muss es geben.«
    »Ich dachte, die Klimaanlagen würden uns den entscheidenden Hinweis liefern, aber es gibt hier an jedem Haus welche.«
    Eleanor nickte, hielt den Blick aber weiter auf das Foto gerichtet. In diesem Moment tauchte Sun auf. Sein Gesicht war leicht gerötet von der Anstrengung, einem beweglichen Ziel zu folgen. Eleanor sagte nichts zu ihm, sondern bewegte nur den Arm ein wenig, damit er das Foto mit ihr ansehen konnte. Sie waren in ihrer Beziehung an einen Punkt gekommen, an dem keine Worte mehr nötig waren.
    Bosch wandte sich von ihnen ab und blickte die Nathan Road hinunter. Ob er dies nun bewusst tat oder nicht, Tatsache war, dass er nicht sehen wollte, was er selbst nicht mehr hatte. Dann hörte er Eleanor hinter ihm sagen: »Moment mal, hier ist ein Schema zu erkennen.«
    Bosch drehte sich um.
    »Ein Schema?«
    »Wir können es finden, Harry. Es gibt ein Schema, das uns direkt zu diesem Zimmer führen wird.«
    Bosch spürte einen Geist seinen Rücken hinunterhuschen. Er stellte sich neben Eleanor, um auf das Foto schauen zu können.
    »Zeig«, stieß er aufgeregt hervor.
    Eleanor deutete auf das Foto und fuhr mit dem Fingernagel über die im Fenster gespiegelten Klimaanlagen.
    »Nicht jedes Zimmer des Hauses, das wir suchen, hat eine Klimaanlage. In einigen Zimmern, wie zum Beispiel diesem hier, sind die Fenster nur offen. Dadurch entsteht ein bestimmtes Muster. Allerdings haben wir nur einen Teil davon, weil wir nicht wissen, wo genau sich das Zimmer im Haus befindet.«
    »Wahrscheinlich in der Mitte. Bei der Audioanalyse konnte eine gedämpfte Unterhaltung isoliert werden, die abrupt abgeschnitten wurde – wahrscheinlich von einer sich schließenden Aufzugtür. Und der Lift ist wahrscheinlich ziemlich zentral gelegen.«
    »Sehr gut. Das ist auf jeden Fall hilfreich. Dann legen wir einfach mal fest: Fenster allein sind Striche, und solche mit Klimaanlage sind Punkte. Auf diesem Foto haben wir das Schema für die Etage, in der sie festgehalten wird. Wir fangen mit dem Zimmer an, in dem sie ist – ein Strich –, und dann geht es Punkt, Punkt, Strich, Punkt, Strich weiter.«
    Sie tippte mit dem Fingernagel auf die jeweiligen Elemente des Musters.
    »Das ist also unser Schema. Es muss von links nach rechts verlaufen, wenn wir am Haus hochschauen.«
    »Strich, Punkt, Punkt, Strich, Punkt, Strich«, wiederholte Bosch. »Fenster ohne Klimaanlage sind Striche.«
    »Richtig«, sagte Eleanor. »Sollen wir die Häuser unter uns aufteilen? Dass es hier irgendwo sein muss, wissen wir wegen der U-Bahn.«
    Sie drehte sich um und blickte an der Wand aus Häusern hoch, die sich über die gesamte Länge der Straße erstreckte. Boschs erster Gedanke war, keins der Häuser jemand anderem anzuvertrauen. Er wäre nicht zufrieden, wenn er nicht jedes Gebäude selbst nach dem Schema abgesucht hätte. Aber er beherrschte sich. Auf die Idee mit dem Schema war Eleanor gekommen. Er würde sich vorerst nach ihr richten.
    »Dann lass uns gleich anfangen«, schlug er vor. »Welches soll ich nehmen?«
    Eleanor deutete auf ein Haus. »Das da. Ich übernehme das dort und, Sun Yee, du nimmst das. Wenn ihr mit eurem Haus fertig seid, nehmt ihr euch das nächste vor, und immer so weiter, bis wir es gefunden haben. Fangt oben an. Aufgrund des Fotos wissen wir, dass das Zimmer ziemlich weit oben ist.«
    Sie hatte recht, merkte Bosch. So nähme die Suche weniger Zeit in Anspruch, als er zunächst gedacht hatte. Er machte eine paar Schritte zur Seite und begann, das ihm zugeteilte Gebäude nach dem Schema abzusuchen. Er fing im obersten Stockwerk an und arbeitete sich Etage für Etage nach unten vor. Eleanor und Sun trennten sich und taten das Gleiche.

    Dreißig Minuten später, Bosch hatte gerade sein drittes Haus zur Hälfte abgesucht, rief Eleanor:
    »Ich hab’s!«
    Bosch ging zu ihr. Sie zählte mit erhobener Hand die Stockwerke des Gebäudes auf der anderen Straßenseite ab. Sun kam ebenfalls dazu.
    »Es ist im vierzehnten Stock. Das Schema