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Harry Dresden 08 - Schuldig

Harry Dresden 08 - Schuldig

Titel: Harry Dresden 08 - Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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so groß, dass es sich nur vom heftigsten Sturmwind beeindrucken lassen würde, und so erschöpft, wie ich momentan war, konnte ich heute meine magischen Muskeln nicht mehr derart spielen lassen. Also musste ich etwas Kleineres probieren. Etwas Bescheidenes. Etwas Kluges.
    Ich beäugte die Wasserflaschen, als mir ein Gedanke durch den Kopf schoss. Dann rief ich: „Bereite dich auf ein Wendemanöver vor!“
    „Was?“, brüllte Thomas zurück.
    Ich hob beide Tüten Mineralwasser auf und schubste sie aus dem zerborstenen Fenster. Sie verschwanden, und ich linste aus dem Rückfenster um zu sehen, wie sie in ihrer Plastikverschweißung zu Boden purzelten. Ich fischte meinen Sprengstock hervor, zielte auf die Flaschen und stellte mir in meinen Gedanken den kleinsten und intensivsten nur denkbaren Funken Hitze vor. Dann schleuderte ich den Zauber, indem ich „Fuego“ flüsterte.
    Das hintere Fenster des Wagens gleißte auf; ein Loch von der Größe einer Erdnuss bildete sich plötzlich, und geschmolzenes Glas tropfte herab. Die Flaschen explodierten, als ihr Inhalt im Bruchteil einer Sekunde zum Kochen gebracht wurde, wodurch eine dünne Wasserschicht die gesamte Straße bedeckte.
    „Jetzt!“, gellte ich. „Dreh um!“
    Thomas riss das Steuer herum, die Reifen heulten auf, und ich flog beinahe aus dem zerbrochenen Fenster. Ich bekam die Vogelscheuche aus nächster Nähe zu Gesicht, als sich der Van in die Kurve legte wie eine Schmugglerkarre, die Reißaus vor der Polizei nahm. Sie streckte den Arm nach mir aus, doch ihre Finger bekamen nur die hintere Seitenwand des Wagens zu fassen, wo sie mit einem gequälten Kreischen die Farbe vom Blech des Wagens schälten. Auch wenn die Vogelscheuche noch so geschickt und stark war, sie war trotz allem verdammt groß und ungelenk, und so hatten wir mit dem Auto schneller eine Kehrtwendung hingelegt, als sie das zu Stande brachte, was uns einen Vorsprung von ein paar Sekunden verschaffte.
    Ich umklammerte meinen Sprengstock so fest, dass meine Knöchel weiß hervortraten, während ich versuchte, auf die Schnelle eine Hervorrufung auszuknobeln. Ich war nicht unbedingt Weltklasse, wenn es um Hervorrufungen ging. Das war auch der Grund, warum ich Werkzeuge wie meinen Stab und meinen Sprengstock benutzte, um meine magischen Energien zu kontrollieren und zu bündeln. Der Gedanke allein, einfach en passant eine neue Hervorrufung auszuprobieren, trieb mir Schweißperlen auf die Stirn, und ich versuchte verzweifelt, mir einzureden, dass es sich im Grunde überhaupt nicht um eine neue Hervorrufung handelte. Nur um eine wirklich, wirklich abgefahrene Anwendung einer alten.
    Ich beugte mich aus dem zerborstenen Fenster, den Sprengstock in der Hand, und sah nach hinten, bis die Vogelscheuche den Haufen leerer Plastikflaschen erreicht hatte, die dort in einer seichten Pfütze herumlagen.
    Dann biss ich die Zähne zusammen, richtete den Sprengstab gen Himmel und rief nach dem Element des Feuers. Doch statt die Energie völlig aus mir selbst zu ziehen, tastete ich in meine Umgebung hinaus – in die schwüle Sommerluft, die glühende Hitze des Motors, Mouse, Rawlins und die flackernden Straßenlaternen – und zog meine Energie auch aus dem Wasser, das vor der Vogelscheuche eine riesige Lache gebildet hatte.
    „Fuego!“, heulte ich wie besessen.
    Eine Flamme schoss wie ein Geysir in den Nachthimmel über Chicago, und diese plötzliche Hitzeflut ließ einige Fenster in den nächststehenden Gebäuden zerbersten. Der Motor des Vans stotterte protestierend, und die Temperatur im Wageninneren fiel abrupt ab. Die Straßenlaternen erloschen, da der plötzliche Temperatursturz die empfindlichen Leuchtdrähte zerstört hatte, als mein Zauber innerhalb von hundert Metern allen Dingen urplötzlich die Hitze entzogen hatte, und die sauteure Wasserlache gefror genau in diesem Augenblick zu einer glitzernden Eisschicht.
    Das Bein, auf dem das Gewicht der Vogelscheuche ruhte, rutschte unter ihrem Körper weg. Ihre viel zu langen Gliedmaßen peitschten wie verrückt durch die Luft, als sie zappelnd zu Boden ging. Jetzt arbeiteten ihre Geschwindigkeit und ihre Größe gegen sie, und sie überschlug sich ein paar Mal wie einer dieser Steppenläuferbüsche aus dem Western, bevor sie hart in ein Buswartehäuschen knallte.
    „Fahr, fahr!“, schrie ich.
    Thomas trat das Gaspedal durch. Der Motor lief nun wieder rund, und wir rasten die Straße hinunter. Bei der nächsten Kreuzung bog er ab, und als wir um die

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