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Harry Dresden 08 - Schuldig

Harry Dresden 08 - Schuldig

Titel: Harry Dresden 08 - Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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bereits wieder gefangen.
    „Danke“, sagte sie.
    „Sehen wir zu, dass wir von hier verschwinden“, erwiderte ich, und wir kamen in die Gänge.
    Zähe Frau. Außerordentlich zäh. Auch wenn wir in der Vergangenheit Meinungsverschiedenheiten gehabt hatten, konnte ich nicht anders, als ihren Stolz respektvoll anzuerkennen. Sie war die Art Mutter, von der man in der Zeitung las, die Art, die ein Auto von ihrem verletzten Kind herunterhob.
    Es war möglich, dass ich gerade ihre älteste Tochter umgebracht hatte. Wenn Charity das erfuhr, wenn sie erfuhr, dass ich ihre Kinder in Gefahr gebracht hatte, würde sie mich ermorden.
    Wenn Molly durch meine Schuld zu Schaden gekommen war, würde ich ihr dabei sogar eigenhändig helfen.

    Saint Mary of the Angels war weit mehr als eine Kirche. Es handelte sich um ein Denkmal. Die Kirche war riesig, ihre Kuppel ragte siebzehn Stockwerke hoch, und sie war mit allen möglichen Ornamenten übersät, die einem in den Sinn kamen, darunter natürlich auch Engelsstatuen, die sich über das Dach und entlang der Simse zogen. Viele Leute hatten wahrscheinlich ganz unterschiedliche Meinungen, wessen Denkmal die Kirche eigentlich war, aber man konnte unmöglich vor dem Gebäude stehen, ohne von seiner Größe, seiner Kunstfertigkeit und seiner Schönheit beeindruckt zu sein. In einer Stadt voller architektonischer Wunder musste sich Saint Mary of the Angels vor nichts und niemandem verstecken.
    Dessen ungeachtet sah der Lieferanteneingang an der Rückseite der Kirche bescheiden und praktisch aus. Wir machten uns zu der Kirche auf, Charity im, Minivan ihrer Familie, Thomas, ich und Mouse in Madrigals zerbeultem Mietvan. Mouse und ich stiegen aus. Thomas blieb am Steuer. Ich warf ihm mit gerunzelter Stirn einen Blick zu.
    „Ich werde einen Parkplatz für diesen Hobel suchen“, sagte er. „Nur für den Fall, dass ihn Madrigal als gestohlen meldet oder so.“
    „Glaubst du, er wird uns Schwierigkeiten bereiten?“, fragte ich.
    „Nicht direkt“, entgegnete Thomas. „Er ist eher ein Schakal als ein Wolf.“
    „Sieh es doch mal von der guten Seite“, antwortete ich. „Vielleicht hat die Vogelscheuche ja kehrtgemacht und ihn erledigt.“
    Thomas seufzte. „Träum weiter. Er ist eine schmierige, kleine Ratte, aber er übersteht alles.“ Er sah zur Kirche hoch und fuhr fort: „Ich werde hier die Augen offen halten. Komm einfach raus, wenn du drinnen fertig bist.“
    Ich begriff. Thomas wollte keinen geweihten Boden betreten. Als Vampir des Weißen Hofes war er einem Menschen so ähnlich, wie es einem Kind der Nacht nur möglich war, und so weit mir bekannt war, hatten ihm Glaubenssymbole noch nie Unbehagen bereitet. Also ging es nicht um eine übernatürliche Allergie. Es ging darum, wie er die Dinge sah.
    Thomas wollte keine Kirche betreten, da er sich keine Illusionen machte, dass Gott und seine Institutionen wohlwollend auf ihn herabblicken würden. Wie ich hielt er sich eher bedeckt, wenn es um Glaubensfragen ging, und wenn er darüber hinaus wieder seinen alten Mustern verfallen war und sich seinem Wesen als Raubtier entsprechend verhielt, wäre er wahrscheinlich nur allzu geneigt, nicht auf dem theologischen Radarschirm aufzutauchen. Noch schlimmer für ihn war jedoch höchstwahrscheinlich, dass er sich mit seinen eigenen Entscheidungen auseinandersetzen musste, wenn er eine Kirche betrat. Ihm würde klar vor Augen geführt, dass der Weg, den er gewählt hatte, immer weiter vom Licht weg ins Dunkel führte.
    Ich wusste, wie er sich fühlen musste.
    Ich war in keiner Kirche mehr gewesen, seit ich die Hand über Lasciels uralte Silbermünze gelegt hatte. Hölle, in meinem Kopf hockte ein gottverdammter gefallener Engel – na ja, zumindest eine Blaupause davon. Wenn das nicht gleichbedeutend damit war, Gott etwas Zitronensaft ins Auge zu spritzen, wusste ich auch nicht, was ich sonst noch anstellen sollte.
    Aber ich hatte einen Job zu erledigen.
    „Gib auf dich Acht“, meinte ich mit kaum hörbarer Stimme zu ihm. „Ruf Murph an. Sag ihr, was läuft.“
    „Du solltest dich besser so bald wie möglich selbst etwas ausruhen, Harry“, antwortete er. „Du siehst nicht gut aus.“
    „Ich sehe nie gut aus“, sagte ich. Ich streckte ihm die Faust hin. Er boxte kurz mit seiner eigenen gegen meine Knöchel.
    Ich nickte ihm zu und schlenderte zum Lieferanteneingang. Ich klopfte an, während Thomas mit Madrigals Wagen davonfuhr. Ich hatte meinen Staubmantel wieder an mich genommen,

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