Harry Dresden 08 - Schuldig
Raphael oder einer seiner Stellvertreter, wie es sich anfühlt.“
„Gefährlich?“
Eine unsichere Pause folgte . „ Es wäre möglich. Du trägst eine Finsternis in dir, und damit meine ich nicht nur meine Gegenwart. Aber sie ist dazu gedacht, den Raum dahinter zu verbergen und nicht, Eindringlinge niederzustrecken.“
Ich atmete tief ein und sagte: „Gut.“ Dann streckte ich die Hand aus und klopfte drei Mal fest an die Holzvertäfelung.
Ich war sicher, dass sich dahinter jemand bewegte, sein Gewicht auf den Holzdielen verlagerte.
Ich klopfte abermals. „Charity!“, rief ich. „Harry hier!“
Diesmal war da auf jeden Fall eine Bewegung. Die Holzvertäfelung gab ein Klacken von sich, schwang wie geölt zur Seite, und ich starrte in die Mündung einer doppelläufigen Schrotflinte, die direkt auf mein Kinn gerichtet war. Ich schluckte und linste den Lauf der Waffe entlang. Charitys kalte, blaue Augen fixierten mich unverwandt von der anderen Seite des Gewehrs.
„Vielleicht sind Sie nicht der echte Harry Dresden“, sagte sie.
„Klar bin ich das.“
„Beweisen Sie es“, sagte sie. Ihre Stimme war ruhig, gleichmäßig und tödlich.
„Charity, wir haben nicht die Zeit für so was. Soll ich Ihnen meinen Führerschein unter die Nase halten?“
„Bluten Sie“, sagte sie stattdessen.
Was eine gute Idee war. Die meisten Dinge aus dem Niemalsland, die sich als Doppelgänger verkleiden konnten, besaßen weder ein menschliches Gefäßsystem noch Blut. Das war beileibe kein unfehlbarer Test, doch es war das Solideste, was ein Nichtmagier aus dem Ärmel schütteln konnte. Also zog ich mein Taschenmesser und schnitt mir leicht in meine ohnehin übel zugerichtete linke Hand. Ich spürte es so oder so nicht. Ein tiefroter Blutstropfen bildete sich, den ich ihr zeigte.
Sie starrte mich lange an, doch dann entspannte sie die Hähne der Schrotflinte, legte die Waffe beiseite und wand sich aus dem beengten Raum hinter der Holzvertäfelung. Ich sah darin eine brennende Kerze. Der Rest der Carpenterkinder, mit Ausnahme von Molly, befand sich dort. Alicia setzte sich mit besorgtem Blick auf. Die anderen waren auf dem Boden zusammengekuschelt.
„Molly“, sagte sie, sobald sie wieder auf die Füße gekommen war. „Daniel.“
„Ich habe ihn gefunden, er hatte sich im Baumhaus versteckt“, antwortete ich. „Er ist verletzt.“
Sie nickte. „Wie schlimm?“
„Grün und blau geschlagen, benommen, aber ich glaube nicht, dass er sich in unmittelbarer Lebensgefahr befindet. Mouse und ein Freund sind bei ihm.“
Charity nickte wieder. Ihre Miene war absolut ruhig und gefasst, ihre Augen waren kalt und berechnend. Sie tat, als bewahre sie einen kühlen Kopf, doch der Schein trog. Ihre Hände zitterten stark, und sie ballte unbewusst eine Faust, nur um sie sofort wieder zu entspannen. „Was ist mit Molly?“
„Ich habe sie noch nicht gefunden“, flüsterte ich. „Vielleicht weiß Daniel, was mit ihr ist.“
„Waren das Denarianer?“, fragte sie.
Ich schüttelte den Kopf. „Sicher nicht.“
„Ist es möglich, dass sie zurückkommen?“
Ich zuckte die Achseln. „Unwahrscheinlich.“
„Aber möglich?“
„Ja.“
Sie nickte einmal, und ihre Stimme klang wie die einer Frau, die laut dachte. „Dann müssen wir als nächstes die Kinder in die Kirche bringen. Wir werden sicherstellen, dass sich jemand um Daniel kümmert. Ich werde versuchen, Michael zu kontaktieren, und dann suchen wir Molly.“
„Charity“, sagte ich. „Warten Sie.“
Charity rammte ihren Handballen fest gegen meine Brust und stieß mich mit dem Rücken an die gegenüberliegende Wand. Ihre Stimme war extrem ruhig und jedes Wort betont. „Meine Kinder sind in Gefahr. Ich bringe sie in Sicherheit. Helfen Sie mir oder gehen Sie mir aus dem Weg.“
Dann wandte sie sich ab und begann, ihre Kinder herauszuholen. Alicia half ihr, so gut sie konnte, doch Sorge und Erschöpfung spiegelten sich auf ihren aufmerksamen Zügen wider. Die Kleinen waren so müde, dass sie auf der Stelle in Winterschlaf hätten fallen können und ähnlich schwer in Fahrt zu bekommen wie schlaffe Waschlappen. Also ging ich den beiden zur Hand und hob Klein Harry und Hope auf, die ich auf meine Hüften gestützt trug. Über Charitys Miene flackerten kurz Sorge und Dankbarkeit, dann sah ich, wie ihre Selbstbeherrschung endete. Tränen stiegen in ihren Augen hoch. Sie drückte sie zu, schob das Kinn vor, und als ich wieder zu ihr hinüberblickte, hatte sie sich
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