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Harry Dresden 08 - Schuldig

Harry Dresden 08 - Schuldig

Titel: Harry Dresden 08 - Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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zwecklos“, beharrte sie. „Mein Gastgeber, ich bitte dich, dir das noch einmal zu überlegen.“
    „Ich habe keine Zeit für dich“, sagte ich. „Ich habe einen Job zu erledigen.“
    „Einen Job?“, fragte sie. „Du meinst, dich vor deiner Verantwortung zu drücken?“
    Ich neigte den Kopf leicht zur Seite. In meinem jetzigen Gemütszustand fühlten sich meine Emotionen weit entfernt und fast unbedeutend an. „Wie?“
    „Sieh dich doch mal an“, erwiderte sie mit einem ruhigen und vernünftigen Tonfall, mit dem man normalerweise Wahnsinnige und Stockbesoffene beruhigt. „Du solltest dich hören. Du bist entkräftet. Du bist verletzt. Du bist völlig von Selbstvorwürfen zerfressen. Du hast Angst. Du wirst dich selbst vernichten.“
    „Ach, und dich mit mir?“, fragte ich sie.
    „Korrekt“, sagte sie. „Ich fürchte das Ende meiner Existenz nicht, mein Gastgeber, aber ich will nicht von jemandem ausgelöscht werden, der sich selbst vormacht, dass er versteht, was er vorhat.“
    „Ich mache mir überhaupt nichts vor“, widersprach ich.
    „Oh doch. Dir ist bewusst, dass dich dieses Unterfangen wahrscheinlich das Leben kostet, und wenn es soweit gekommen ist, bist du von jeglicher Verantwortung befreit, was weiter mit Molly geschieht. Schließlich bist du ja heldenhaft bei dem Versuch umgekommen, sie zu finden und zurückzuholen. Du wirst nicht zu ihrer Beerdigung gehen müssen. Du wirst dich vor Michael nicht rechtfertigen müssen. Du wirst ihren Eltern nicht erklären müssen, dass ihre Tochter wegen deiner Unfähigkeit umgekommen ist.“
    Ich schwieg, doch ich spürte meine Gefühle wieder etwas deutlicher.
    „Das hier ist nur eine wohlüberlegte Art, Selbstmord zu begehen, die du dir in einem Moment der Schwäche ausgesucht hast“, meinte Lasciel. „Ich will nicht mit ansehen, wie du dich in den Tod stürzt, mein Gastgeber.“
    Ich starrte sie an.
    Ich ließ mir das alles durch den Kopf gehen.
    Vielleicht hatte sie recht.
    Es war egal.
    „Verschwinde“, murmelte ich. „Ehe ich dich verschwinden lasse.“ Dann hielt ich inne und meinte: „Warte mal. Was denke ich da nur? Es ist ja nicht so, als könntest du mich aufhalten.“ Dann trat ich einfach durch Lasciels Abbild auf den Tisch zu und griff nach dem weißen Umschlag.
    Der Umschlag begann, wie wild auf der Tischoberfläche herumzuwirbeln und verwandelte sich in Dutzende von Umschlägen, die alle vollkommen identisch waren und wie ein Windrad herumwirbelten.
    „Oh, und ob ich das kann“, erwiderte Lasciel ruhig. Ich sah auf und bemerkte, dass sie mir gegenüber am anderen Ende des Tisches stand. „Ich war Zeugin der Geburt der Zeit. Ich habe mit angesehen, wie das Leben aus der vollkommenen Dunkelheit entsprang. Ich habe gesehen, wie sich die Sterne formten, sich diese Welt gebildet hat. Ich habe miterlebt, wie Gott ihr Leben einhauchte und deine Art sich erhob, um diese Welt zu beherrschen.“ Sie legte beide Hände auf den Tisch und beugte sich vor. Ihre Augen leuchteten kalt und abweisend. „Bis jetzt habe ich mich benommen, wie es einem Gast geziemt, aber mach nicht den Fehler, Anstand für Schwäche zu halten. Ich bitte dich, mich nicht zu zwingen, weitere Schritte zu unternehmen.“
    Ich kniff die Augen zusammen und tastete nach meinem Magierblick.
    Bevor ich ihn jedoch öffnen konnte, brach meine linke Hand in Flammen aus.
    Schmerz, Schmerz, Schmerz. Sengendes Feuer brachte meine Hand zum Kochen, während ich es mit meinem Schild fernzuhalten versuchte. Die Erinnerung an meine Verletzung in dem vampirverseuchten Keller randalierte mit sämtlichen THX-Spezialeffekten in meinem Kopf herum, und meine Nervenenden sperrten begierig die Ohren auf.
    Ich zwang mich, einen Schrei herunterzuschlucken und einfach weiterzuatmen. Meine Zähne schlugen so plötzlich und heftig aufeinander, dass ich ein Eck eines Schneidezahns einbüßte.
    „Das war eine Illusion“, sagte ich mir. „Eine Erinnerung. Ein Geist, nichts weiter. Sie kann dir keinen Schaden zufügen, wenn du es nicht selbst zulässt.“ Ich stemmte mich der Erinnerung entgegen und konzentrierte mich darauf, sie aus meinen Gedanken zu verbannen.
    Ich fühlte, wie die Illusionserinnerung zu flackern begann. Dann war der Schmerz plötzlich verschwunden und das Feuer erloschen. Einen Herzschlag später pumpte mein Körper Endorphine in meinen Blutkreislauf, von denen getragen ich sanft dahinschwebte, während meine Konzentration einbrach. Ich stützte mich schwer auf den Tisch und

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