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Harry Dresden 08 - Schuldig

Harry Dresden 08 - Schuldig

Titel: Harry Dresden 08 - Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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hoch.
    Charity saß auf der Kante eines Sofas. Sie hatte ihren Kopf gesenkt, und ihre Lippen bewegten sich ohne einen Ton von sich zu geben. Als ich nach oben kletterte, stand sie auf, um mir ins Gesicht zu sehen, und ich konnte ihre Anspannung schier fühlen. Thomas hatte eine Teekanne auf meinem kleinen Holzherd aufgesetzt und warf mir über die Schulter einen Blick zu.
    Ich schüttelte den Kopf.
    Charity wurde kreidebleich und ließ sich langsam wieder auf das Sofa sinken. Ich schlurfte in die Küche, um mein Aspirin zu suchen, zerkaute drei Tabletten und verzog bei dem gallebitteren Geschmack das Gesicht. Dann spülte ich ein Glas Wasser nach. „Hast du die Telefongespräche erledigt?“, fragte ich Thomas.
    „Klar“, antwortete er. „Murphy sollte jede Minute hier aufkreuzen.“
    Ich nickte und schleppte mich zu einem der gemütlichen Sessel beim Kamin, in den ich mich dankbar plumpsen ließ, mein Glas Wasser in der Hand. Dann wandte ich mich an Charity. „Ich hatte eigentlich gedacht, ich könnte sie finden. Tut mir leid. Ich …“ Ich schüttelte den Kopf und konnte nicht die Kraft aufbringen fortzufahren.
    „Danke, dass Sie es versucht haben“, flüsterte sie. Sie sah nicht zu mir auf.
    „Es war das Babyhaar“, erläuterte ich. „Es hat nicht funktioniert, das Haar war zu alt. Ich konnte nicht …“ Ich seufzte. „Ich bin zu müde, um noch einen einzigen klaren Gedanken zu fassen“, sagte ich. „Tut mir leid.“
    Charity sah nun doch zu mir auf. Eigentlich hätte ich in ihrer Miene Furcht, Zorn, vielleicht auch Verachtung erwartet. Doch ich konnte in ihren Zügen keines dieser Gefühle ausmachen. Stattdessen konnte ich etwas erkennen, das ich bereits zuvor bei Michael entdeckt hatte, wenn die Lage verzweifelt war. Eine Art innerer Ruhe, eine Selbstsicherheit, die in der jeweiligen Situation so absolut fehl am Platz zu sein schien und deren Quelle ich mir beim besten Willen nicht erklären konnte.
    „Wir werden sie finden“, wisperte sie. „Wir werden sie sicher nach Hause bringen.“ In ihrer Stimme lag die felsenfeste Zuversicht einer Frau, die gerade eine Tatsache verkündet hatte, wie etwa, dass zwei und zwei vier ergab.
    Ich schaffte es gerade noch, ein bitteres Lachen zu unterdrücken. Wahrscheinlich wäre ich für dieses Lachen ohnehin zu erschöpft gewesen. Aber ich schüttelte den Kopf und starrte in den leeren Kamin.
    „Mister Dresden“, sagte Charity leise. „Ich werde jetzt nicht so tun, als wüsste ich auch nur annähernd so viel über Magie wie Sie. Aber ich bin sicher, dass Ihnen beträchtliche Macht zur Verfügung steht.“
    „Aber nicht genug“, erwiderte ich. „Einfach nicht genug, um etwas Gutes zu bewirken.“
    Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, dass Charity lächelte.
    „Es ist schwer für Sie, sich einzugestehen, dass Sie von Zeit zu Zeit ebenso hilflos sind wie wir anderen auch.“
    Sie hatte höchstwahrscheinlich recht, aber das gab ich natürlich nicht zu. „Ich habe einen Fehler gemacht, und Molly kann deswegen zu Schaden kommen. Ich weiß nicht, ob ich damit werde leben können.“
    „Sie sind auch nur ein Mensch“, sagte sie nachdenklich. „Trotz Ihrer Macht.“
    „Aber das reicht nicht“, flüsterte ich. Ich schielte zu ihr hinüber und sah, wie mich ihre dunklen Augen gründlich musterten. „Es reicht nicht für Molly.“
    „Haben Sie alles getan, was in Ihrer Macht steht, um ihr zu helfen?“, fragte Charity.
    Ich zermarterte mir mein Hirn eine Weile ohne Erfolg und meinte dann: „Ja.“
    Sie breitete die Hände aus. „Dann kann ich kaum mehr von Ihnen verlangen.“
    Ich blinzelte sie an. „Was?“
    Sie lächelte wieder. „Ja. Es überrascht mich selbst auch, mich das sagen zu hören. Ich war Ihnen gegenüber nicht immer unbedingt gerecht. Ich war auch nicht gerade höflich.“
    Ich wedelte müde mit der Hand. „Ja. Ich verstehe schon, warum das so war.“
    „Aber es wird mir gerade erst klar“, fuhr sie fort. „Sie haben es gesehen. Aber all dies hier war notwendig, damit auch ich es bemerkt habe.“
    „Was?“
    „Dass ein Großteil des Zornes, den ich Ihnen gegenüber empfand, nicht gerecht war. Ich hatte Angst, und ich habe zugelassen, dass mich diese Angst beherrschte. Das wiederum führte dazu, dass ich andere verletzte. Sie.“
    Sie senkte den Kopf. „Ja, ich habe zugelassen, dass dies meine Beziehung zu Molly zum Schlechten beeinflusst. Ich habe mir derart Sorgen um ihr Wohlergehen gemacht, dass ich regelrecht einen Krieg

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