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Harry Dresden 08 - Schuldig

Harry Dresden 08 - Schuldig

Titel: Harry Dresden 08 - Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Merlin sucht, um dich für kompromittiert zu erklären. Er wird das Mädchen ohne viel Federlesens für schuldig erklären und dich und mich sicherheitshalber auf Bewährung setzen.“
    Ich knirschte mit den Zähnen, doch Ramirez hatte recht. Ich erinnerte mich, wie man mich das erste Mal vor den Rat gebracht hatte. An eine Sache konnte ich mich deutlicher erinnern als an alles andere, was in dieser Nacht vorgefallen war – an den Geruch der Kapuze aus schwarzem Stoff über meinem Kopf, über meinem Gesicht. Sie hatte leicht nach Staub und Mottenkugeln gerochen, und nicht das geringste Licht war durch sie hindurch gesickert. Irgendein entsetzter Winkel in meinem Hirn hatte mitbekommen, dass ich kein Mensch war, solange ich diese Kapuze trug. Ich war nur noch ein Lebewesen, eine Zahl in einer Statistik, eine mögliche Gefahr gewesen. Es war um einiges leichter, eine Verurteilung auszusprechen und das Todesurteil zu vollstrecken, wenn man dem Verurteilten nicht ins Gesicht sehen musste.
    Ich nahm Ramirez die Kapuze ab und wandte mich an Molly. „Hab keine Angst“, munterte ich sie auf. „Ich bin bei dir.“
    Sie blickte mir in die Augen. Sie war verängstigt, gab sich aber trotzdem die größte Mühe, tapfer auszusehen. Sie schluckte, nickte einmal und schloss die Augen.
    Ich sah mich aufgebracht im Inneren des Lagerhauses um. Dann stülpte ich die Kapuze über Mollys rosa und blaues Haar und zog sie über ihr Gesicht.
    „Reicht dir das?“, fragte ich Ramirez.
    Es war unfair von mir, ihm die Schuld zu geben, aber meine Stimme klang anklagender, als ich es eigentlich beabsichtigt hatte. Ramirez wandte verschämt den Blick ab und nickte. Dann hielt er die Lagerhaustür auf.
    Ich nahm Mollys Hand und führte sie hinein.

45. Kapitel
    V ielleicht hinterließ Blut ja keine Flecken auf dem Umhang eines Wächters, doch man bekam es nie wieder aus einem alten, porösen Betonboden heraus. Der Merlin, Morgan und ein gutes Dutzend Wächter standen am selben Platz wie das letzte Mal, in einem aufgelockerten Halbkreis um den braunen Fleck, der an dem Ort zurückgeblieben war, an dem Morgan den jungen Hexer geköpft hatte.
    Eine frische Schnittwunde prange an einem von Morgans Ohren, und sein linkes Handgelenk war fest mit medizinischem Klebeband umwickelt. Trotzdem stand er ruhig und felsenfest da, und das Schwert der Gerechtigkeit des Weißen Rates ruhte mit seiner Spitze auf dem Boden. Seine Hände hatte er über dem Knauf gefaltet. Es war unmöglich, seine Miene zu lesen, als er mich bemerkte. Ich war an die Feindseligkeit und offene Abscheu dieses Mannes gewohnt. Hölle, ich hatte mich auch verdammt daran gewöhnt, ihm gegenüber dasselbe zu empfinden.
    Aber dann hatte ich ihn im Einsatz erlebt. Ich hatte einen Einblick erhalten, wie sein Leben aussah. Ich verstand nun besser als früher, was ihn antrieb, und es war mir nicht länger möglich, ihn zu verabscheuen. Ich achtete diesen Mann. Das bedeutete nicht, dass ich ihm nicht im Fernsehen die Fresse polieren würde, wenn ich je die Gelegenheit dazu bekam, aber ich konnte ihn nicht länger einfach so abtun.
    Ich grüßte den Mann, der unter Umständen in den nächsten paar Minuten die Order erhalten würde, Molly hinzurichten, mit einem Nicken. Es war kein brüderliches Nicken, sondern ähnelte eher dem Gruß, den man seinem Gegenüber vor einem Fechtkampf zuwirft.
    Er erwiderte den Gruß auf ebensolche Weise, und ich spürte irgendwie, dass Morgan klar war, dass ich nicht kampflos zusehen würde, wie er sich das Mädchen holte. Die Finger seiner rechten Hand trommelten bedächtig auf den Griff seines Schwertes. Das war nicht als Herausforderung gemeint. Er führte mir nur eine Tatsache vor Augen. Wenn ich mich gegen die Rechtsprechung des Weißen Rates auflehnte, würde ich es mit ihm zu tun bekommen.
    Wir beide wussten, wie dieser Kampf ausgehen würde.
    Wir wussten auch, dass ich ihn dennoch führen würde, wenn die Gründe nur triftig genug waren.
    Neben Morgan stand der Merlin, der mich abschätzend betrachtete. Er wusste, dass ich nicht nur eine Keilerei vom Zaun brechen würde, wenn sich die Dinge zu Mollys Ungunsten entwickeln würden. In der Vergangenheit hatte der Merlin einfach auf mich herabgeschaut und mir ins Gesicht gespuckt, mich herausgefordert, mich ja nicht zurückzuhalten. Nun aber war er sicher, dass ich etwas in der Hinterhand hatte, und ich konnte beinahe sehen, wie sich die Zahnräder in seinem Kopf drehten, als ich mit der blinden Molly an der

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