Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Harry Dresden 08 - Schuldig

Harry Dresden 08 - Schuldig

Titel: Harry Dresden 08 - Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
Vom Netzwerk:
nicht glücklich zu sein. Er winkte den Ratssekretär, eine ausgetrocknete, spinnenartige Vogelscheuche von einem Mann namens Peabody, zu sich und steckte mit ihm die Köpfe zusammen, um sich zu beraten.
    „Ruhe im Saal“, rief der Merlin nach einem Augenblick, und es wurde augenblicklich still in der Lagerhalle. „Können wir jetzt mit Ihrer Erklärung für die Notwendigkeit dieser Zusammenkunft fortfahren?“
    Ich trat in den Kreis und zog Molly mit mir, bis wir auf dem großen Blutfleck standen, wo der Junge hingerichtet worden war. Ein psychischer Nachhall seines Todes hing immer noch wie eine kalte, zuckende Spannung in der Luft. Ein Echo seines Zorns und seiner Todesangst. Molly erschauderte, als ihre Füße auf den befleckten Beton traten. Sie musste es auch gefühlt haben.
    Kurz schoss mir eine furchtbare Vorahnung einer Zukunft durch den Kopf, in der Mollys Körper einige Schritte von einem schwarzen Stoffsack entfernt in einer Lache aus roter Flüssigkeit lag, die so deutlich und detailgetreu durch meine Gedanken spukte, dass ich sie fast für real hielt.
    Molly erschauderte erneut und flüsterte so leise, dass niemand außer mir es hören konnte: „Ich habe Angst.“
    Ich drückte ihre Hand und beantwortete die Frage, wie es das Prozedere vorsah. „Ich führe eine Gefangene vor den Rat, die das vierte Gesetz gebrochen hat. Ich habe sie auf der Suche nach Gerechtigkeit hergebracht, oh Merlin.“
    Der Merlin nickte ernst und unnahbar. „Diese Frau bei Ihnen ist diese Gefangene?“
    „Dieses Mädchen ist die Gefangene“, antwortete ich und betonte das richtiggestellte Wort deutlich. „Sie ist aus freiem Willen vor den Rat getreten, um öffentlich ihre Fehler einzugestehen.“
    „Ihre Fehler?“, fragte der Merlin. „Was hat sie getan?“
    Ich sah zu Morgan. „Sie hat das vierte Gesetz der Magie gebrochen, als sie zwei Süchtige mit einer Angst vor Drogen belegte, um sie und ihr ungeborenes Kind vor weiterem Schaden durch deren Abhängigkeit zu bewahren.“
    Morgan fixierte mich die ganze Zeit über unverwandt. Kurz glaubte ich, ein Stirnrunzeln zu erkennen.
    „Sie hat die Tat begangen – aber aus Unwissenheit, Merlin. Sie war weder mit den Gesetzen vertraut, noch war sie sich der Auswirkungen ihrer Taten bewusst. Ihre Absicht war einzig und allein, drei Leben zu bewahren und zu beschützen.“
    „Die Unkenntnis der Gesetze kann nie eine Ausrede sein, Wächter Dresden, wie Sie nur zu genau wissen. Sie wird auch keinen Einfluss auf das Urteil haben.“ Der Merlin warf Peabody einen flüchtigen Blick zu und sah dann wieder zu mir. „Ich nehme an, Sie haben die Opfer untersucht?“
    „Das habe ich.“
    „Sie haben deren Zustand auch von einem weiteren Wächter beglaubigen lassen?“
    Ramirez trat vor. „Das war in diesem Fall ich. Das psychische Trauma war gravierend, ich bin aber der Meinung, dass sich beide erholen werden.“
    Der Merlin fixierte Ramirez. „Das ist also Ihre Meinung? Die ohne jeglichen Zweifel auf Ihrer weitreichenden Erfahrung beruht?“
    Ramirez ’ Augen blitzten vor Zorn. „Es ist meine Ansicht als ordnungsgemäß eingesetzter regionaler Befehlshaber der westlichen USA“, antwortete er. „Ich denke, ich muss den Merlin nicht daran erinnern, dass er mich selbst in diesen Posten erhoben hat. Außer, das ist ihm in einem Anfall von Senilität entfallen.“
    „Wächter“, blaffte Morgan, und in seiner Stimme schwang absolute Autorität mit. „Sie werden sich beim Merlin entschuldigen und Ihren Tonfall zügeln. Auf der Stelle.“
    Ramirez’ Augen loderten, doch er linste zu Lily und Fix und dann etwas schuldbewusst zu Morgan hinüber. „Selbstverständlich, Hauptmann.“ Er zog die Schultern hoch und verneigte sich höflich vor dem Merlin. „Ich bitte um Entschuldigung, Merlin. Die letzten Tage waren hart. Für jeden von uns.“
    Der Merlin ließ diese Worte für eine Minute in der Luft hängen. Dann wurde seine eherne Miene etwas weicher. Kurz konnte ich in den Augen des alten Mannes eine bleierne Erschöpfung erkennen. „Allerdings“, sagte er leise und neigte sein Haupt. „Die Wahl meiner Worte war um einiges ruppiger, als es angebracht war, Wächter Ramirez. Bitte fassen Sie das nicht als Missachtung Ihrer Leistungen auf.“
    Die gerissene alte Schlange. Jetzt präsentierte er sich den jüngeren Ratsmitgliedern als ach-so-verständnisvoll und einsichtig. Möglicherweise entschuldigte er sich auch aufrichtig bei Ramirez, dem inoffiziellen Pinupknaben der

Weitere Kostenlose Bücher