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Harry Dresden 08 - Schuldig

Harry Dresden 08 - Schuldig

Titel: Harry Dresden 08 - Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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war hereingebrochen, als die Zusammenkunft endete und alle ins Freie strömten. Als der Magier, der die Zusammenkunft einberufen hatte, war es meine Aufgabe, für eine sichere Abreise zu sorgen und mich um all die Details zu kümmern, die dann in der letzten Sekunde doch noch aufkommen.
    Ich hatte keine Möglichkeit, mit irgendwem ein persönliches Wort zu wechseln, da ich Verpflegung und medizinische Vorräte für die unerwarteten Ankömmlinge organisieren und mich mit Ramirez abstimmen musste, um sicherzustellen, dass niemand unsere Ankunft und Abreise mitbekam. Mit Lilys Hilfe hatten wir den Vampiren einen Tritt in die Eier verpasst, aber der Krieg war bei weitem noch nicht vorüber. Die kampferprobten Magier und die Mächte des Ältestenrates wurden nun woanders benötigt, und so zogen die Ältesten wieder Leine, wobei sie sich gerade genug Zeit ließen, um sich eine kleine Stärkung zu genehmigen.
    Als alles geschafft war, trat ich aus dem Lagerhaus, ließ mich gegen eine Mauer sinken und genoss einfach für kurze Zeit die kühle Sommernacht.
    Ich hatte das Mädchen vor den Bösewichten gerettet – und was noch wichtiger war, auch vor den Guten. In solchen Zeiten war ich der Meinung, dass mir für meine Pflichten als Wächter eigentlich ein Überstundenzuschlag zustehen sollte, auch wenn ich in diesem Augenblick einfach nur heilfroh war, es hinter mir zu haben.
    Ich hatte verdammt hoch gepokert, als ich versuchte, die Meinung des Rates gegen den Merlin auszuspielen. Ich hätte es anders angehen sollen. Der Merlin war ein Politiker. Wenn ich bereit gewesen wäre, eine kleine Kröte zu schlucken, hätte er sicher einen Kompromiss mit mir ausgeknobelt. Einen demütigenden Kompromiss, der für mich nur zum Nachteil gewesen wäre, aber es wäre ihm sicher etwas eingefallen.
    Stattdessen hatte ich mir die moralische Unterstützung des versammelten Rates verschafft und diese wie ein Schwert gegen ihn eingesetzt. Ich hatte seine Möglichkeiten gekappt und ihn nach meinem Willen gelenkt. Ich hatte auf eine Art Macht über ihn ausgeübt, wie es noch niemand gewagt hatte. Ich hatte seine Autorität angeknackst und offen gezeigt, dass mir nicht passte, wie er den Rat führte. Keine Chance, dass er diese Herausforderung durch einen moralisch fragwürdigen, jungen Strolch wie mich einfach übergehen konnte. Er würde mich vernichten müssen, und wenn ich das verhindern wollte, würde ich die Augen offenhalten und mit wachsamen Sinnen durch die Nacht spazieren müssen. Ich würde mich so gut wie möglich absichern müssen.
    Kurz und gut: Ich war zu einem Politiker geworden.
    Doch statt mich darüber zu beschweren, merkte ich, dass ich lachte. Nach allem, was geschehen war, hätten die Dinge weitaus schlimmer stehen können. Molly kehrte sicher nach Hause zurück. Die Vampire hatten ihre erste bedeutende Niederlage einstecken müssen, seit der kalte Krieg Feuer gefangen hatte.
    Nach all den Geschehnissen des Tages fürchtete ich mich nicht mehr vor dem Morgen. Ich vertraute darauf, dass sich die Dinge von alleine regeln würden, bis ich mir etwas Ruhe und etwas zu essen gegönnt hatte, bevor ich die letzten offenen Details dieser Angelegenheit klärte.
    Molly und Michael hatten mit mir gewartet: Nachdem Michael Luccios Rückzug durch das Niemalsland gedeckt hatte, war er nach Chicago zurückgekehrt, ohne sich Sorgen um seine Benzinrechnung machen zu müssen, doch sein Laster stand immer noch mitten im Nirgendwo in Oregon. Er würde ihn sich wohl schicken lassen oder mit einem Gefährten auf eine lange Fahrt aufbrechen müssen. Jetzt brauchte er ein Taxi nach Hause, und das war in diesem Fall ich.
    Der Unterboden des Käfers schleifte fast über den Boden, als wir alle an Bord waren, und so fuhr ich vorsichtig vom Lagerhaus weg. Molly plapperte etwa zwei Minuten wie aufgezogen völlig abstrus vor sich hin, dann verstummte sie plötzlich.
    Michael warf einen Blick über die Schulter. „Eingeschlafen“, berichtete er leise.
    „Sie hat einen stressigen Tag hinter sich“, sagte ich.
    Er seufzte. „Erzählst du mir, was passiert ist?“
    Ich berichtete ihm alles, außer den Teilen, in denen Lasciel eine Rolle spielte. Ich erwähnte Charitys vernachlässigtes magisches Talent mit keinem Wort. Kurz glaubte ich, ein geisterhaftes, belustigtes Lachen ganz in der Nähe zu hören. Da ich nun mal ein hoffnungsloser Optimist bin, erklärte ich es mir damit, dass mir mein übermüdeter Verstand einen Streich spielte.
    Michael

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