Harry Dresden 09: Weiße Nächte
hinein.
„Dresden?“, fragte er mich.
„Ja.“
„Ramirez?“
„Der einzig wahre“, feixte Carlos.
„Sie sind bewaffnet“, sagte er.
„Schwer“, erwiderte ich.
Er verzog das Gesicht und nickte. „Steigen Sie ein.“
„Warum?“, frage ich ihn ach so unschuldig.
Ramirez warf mir einen ernsten Blick zu, hielt aber die Klappe.
„Ich bin hier, um sie abzuholen“, erläuterte der Leibwächter.
„Zum Haus ist es nicht weit“, antwortete ich. „Wir können laufen.“
„Miss Raith hat mir aufgetragen, Ihnen in ihrem Namen und in dem ihres Vaters ihr Ehrenwort auf freies Geleit zu geben, wie es in den Abkommen festgeschrieben steht.“
„In diesem Fall“, feixte ich, „Kann Miss Raith gerne persönlich antanzen, um mir das ins Gesicht zu sagen.“
„Ich bin mir sicher, das wird sie liebend gern“, meinte der Leibwächter. „Beim Haus, Sir.“
Ich verschränkte die Arme und sagte: „Wenn sie zu beschäftigt ist, ihren hübschen, kleinen Arsch hier herunter zu bewegen, warum fragen Sie sie nicht gleich, ob wir besser morgen wiederkommen sollen?“
Mit einem Surren senkte sich eine der hinteren Scheiben des Rolls. Ich konnte in den Schatten kaum jemanden erkennen, doch das zarte Lachen einer Frau sprudelte durch die Nacht. „Sehen Sie? Ich habe es Ihnen gesagt.“
Der Bodyguard verzog das Gesicht zu einer Grimasse und sah sich um. „Sie haben etwas mit dem Tor angestellt. Es ist offen. Sie sind hier nicht in Sicherheit.“
„Wenn sie mich hätten töten wollen“, erwiderte die Frau, „nehmen Sie mein Wort darauf, dass Dresden es bereits getan hätte, und ich bin zuversichtlich, dass auch seinem Begleiter, Mister Ramirez, selbiges gelungen wäre.“
Ramirez streckte den Rücken steif durch und fluchte durch zusammengebissene Zähne. „Woher kennt die mich?“
„Es gibt nicht viele Leute, die auf Dinosauriern ausreiten und vor dem fünfundzwanzigsten Lebensjahr zu regionalen Befehlshabern der Wächter aufsteigen“, erklärte ich. „Jede Wette, dass sie über fast alle noch lebenden Wächter Akten hat.“
„Außerdem über einige der Lehrlinge“, pflichtete die Frauenstimme bei. „George, wenn Sie so gut sein würden …“
Der Leibwächter warf uns einen kühlen, abschätzigen Blick zu und öffnete die Wagentür, wobei eine seiner Hände jedoch beständig auf dem Griff seiner Pistole im Schulterhalfter ruhte.
Die Herrin des Weißen Hofes stieg aus dem Rolls.
Lara … war schwer zu beschreiben. Ich hatte sie schon oft getroffen, und jedes Mal hatte es mich fast aus den Latschen gehoben. Es war immer ein Moment fassungsloser Bewunderung gewesen, ein Verlangen von roher, körperlicher Anziehungskraft, das auch zum wiederholten Mal nicht abnehmen wollte. Kein Aspekt ihrer Schönheit konnte als absolute Perfektion bezeichnet werden. Ihre Anziehungskraft war viel größer als die bloße Summer der einzelnen Faktoren, die jeder für sich genommen einfach nur göttlich waren.
Wie Thomas hatte sie dunkles, lockiges Haar, das in einem Maße glänzte, dass die Strähnen beinah blau schimmerten. Ihre Haut war ein cremiges, angenehm kurviges, milchweißes Beispiel an Perfektion. Wenn sie Muttermale an ihrem Körper hatte, waren diese nicht zu sehen. Ihre dunkelrosigen Lippen waren eine Spur zu voll für ihr schmales Gesicht, aber sie taten ihrer Schönheit keinen Abbruch – sie verliehen ihr nur einen vollen, köstlich bewussten Ausdruck wilder Sinnlichkeit.
Aber ihre Augen waren wahrlich mörderisch. Es handelte sich um große, mandelförmige Sterne von einem traumhaften Anthrazitgrau , in denen enzianblaue Funken aufblitzten. Was jedoch noch wichtiger war, es handelte sich um äußerst lebendige Augen, aufmerksam, sie ließen die Personen um sie herum keine einzige Sekunde außer Acht, und in ihnen flackerten Geist und Humor – so sehr, dass man die glosenden, dämonischen Flammen der Leidenschaft, die von ihrem unstillbaren, raubtierhaften Hunger kündeten, nur zu leicht übersehen konnte, wenn man nicht aufpasste.
Neben mir schluckte Ramirez hörbar. Ich wusste das, weil ich es ganz genau gehört hatte. Wenn Lara einen Auftritt hinlegte, sah niemand weg.
Sie trug ein weißes Businesskostüm aus Seide, der Rock war einen Zentimeter zu kurz, als dass man ihn als angemessene Geschäftsbekleidung erachten konnte, und die Absätze ihrer Schuhe waren einen Tick zu hoch, um sie als wirklich anständig bezeichnen zu können. Viele Frauen mit ihrem Teint und ihrer Haarfarbe konnten
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