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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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ruhig.
    „Ja.“
    „Wo?“
    „Am Set eines Pornofilms. Sie war eine Darstellerin.“
    Er starrte mich kurz an. Dann zuckte er die Achseln und sagte: „Was hast du dort getrieben?“
    „Stuntman“, erwiderte ich.
    „Äh …“, war seine wortreiche Entgegnung.
    „Ich war vom Produzenten angeheuert worden, um herauszufinden, warum Leute, die mit dem Streifen etwas zu tun hatten, umgebracht wurden.“
    „Hast du?“
    „Ja.“
    „Also … habt ihr …?“
    „Nein“, sagte ich. „Das erkennt man daran, dass ich noch atme und einen eigenen Willen habe.“ Ich nickte in Richtung Höhleneingang, wo ein Schatten kurz das Flackern der Flammen verdeckte. „Da kommt jemand.“
    Eine junge Frau in einem äußerst exquisiten Kimono, der über und über mit Silberfäden bestickt war, erschien aus dem Felsspalt. Einen Augenblick lang hielt ich sie für eine Blondine, aber das lag am Licht. Als sie sich uns mit bedächtigen, leisen Schritten näherte, leuchtete ihr Haar zunächst ultramarinblau und dann grün auf, als sie durch den Schimmer der Feenlampen schritt. Ihr hüftlanges Haar war weiß. Sie war fast genau so anmutig wie Lara, aber ich konnte an ihr nicht denselben raubtierhaften Hunger fühlen, den ich mit dem Weißen Hof in Verbindung brachte. Sie war schlank, schnuckelig kurvig und machte einen zerbrechlichen, verletzlichen Eindruck. Ich brauchte eine Sekunde, bis ich sie erkannte.
    „Justine?“, fragte ich.
    Sie schenkte mir ein schwaches Lächeln, das ziemlich verstörend war, fast, als wären ihre Augen auf etwas völlig anderes gerichtet, während sie mich anlächelte. Sie sah mich kein einziges Mal direkt an. Sie begann zu sprechen. Zwischen ihren Worten klafften winzige Pausen, und ihre Betonung lag auf ungewohnten Silben, als spräche sie eine Fremdsprache, in der sie kaum Übung besaß. „Harry Dresden. Hallo. Sie sehen heute Abend aber fabelhaft aus.“
    „Justine“, grüßte ich sie und nahm die Hand, die sie mir entgegenstreckte. Ich beugte mich darüber. „Sie … können ja wieder gehen.“
    Sie lächelte scheu und sagte in träumerischem Singsang: „Ich gesunde. Eines Tages wird es mir wieder gutgehen, und ich werde an die Seite meines Herrn zurückkehren können.“
    Der Druck ihrer Finger aber war fest und bestimmt, und ich entdeckte, dass sie ihre Worte im Rhythmus eines bekannten Liedes aussprach.
    Ich blinzelte kurz, doch dann drückte ich ihre Hand im Takt desselben Liedes. „Ich bin mir sicher, dass es jedem Mann eine außerordentliche Freude wäre, Sie hier zu treffen.“
    Sie errötete auf schnuckelige Art und verbeugte sich. „Zu liebenswürdig, mein Herr. Würden Sie mich bitte begleiten?“
    Das taten wir. Justine führte uns in den Felsspalt hinab, und vor uns erstreckte sich ein Gang mit glatten Wänden in die Tiefe. Dann führte uns unser Abstieg in einen mit Fackeln erleuchteten Stollen, dessen Wände ebenfalls spiegelglatt waren. Von unten drangen Musik und das Echo von Stimmen zu uns empor, die durch die der Höhle eigenen Akustik bizarr verzerrt schienen.
    Es war ein langer, gewundener Weg nach unten, doch der Tunnel war breit, und man musste sich keine Sorgen machen, auszugleiten. Ich erinnerte mich an meine alptraumhafte Flucht aus der Tiefe, die ich das letzte Mal an diesem Ort hatte miterleben müssen, als Murphy und ich meinen halbtoten Halbbruder nach oben geschleppt hatten, bevor ein Tornado psychischer Versklavung uns verschlingen konnte, den Lara entfesselt hatte, um ihrem Vater und somit dem Weißen Hof ihren Willen aufzuzwingen. Das war damals echt knapp gewesen.
    Justine hielt nach etwa zwei Dritteln des Weges an einer Stelle an, die mit einem Kreidestrich gekennzeichnet war. „Hier“, sagte sie mit einer leisen, aber nicht im mindesten traumwandlerischen Stimme. „Hier kann uns niemand belauschen.“
    „Was geht hier vor?“, wollte ich wissen. „Wie kommt es, dass du so mir nichts, dir nichts hier rumspazierst?“
    „Das ist im Augenblick nicht von Bedeutung“, versicherte sie mir. „Es geht mir besser.“
    „Du bist nicht verrückt, oder?“, fragte ich. „Du hast mir damals beinahe die Augen ausgekratzt.“
    Sie schüttelte den Kopf, und ich konnte in ihren Augen einen Anflug von Frustration lesen. „Medikamente. Es ist nicht … es geht mir besser. Du musst mir zuhören.“
    „Na gut“, sagte ich.
    „Lara wollte, dass ich euch sage, was euch erwartet“, sagte Justine, und ihre dunklen Augen funkelten eindringlich. „Im Augenblick ist

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