Harry Dresden 09: Weiße Nächte
Lord Skavis da unten gerade drauf und dran, ein Ende der Verhandlungen mit dem Weißen Rat zu fordern. Er verweist auf das Werk seines Sohnes als Beispiel dafür, wie viel durch weitere Kampfhandlungen zu gewinnen ist.“
„Sein Sohn?“, sagte ich.
Justine schnitt eine Grimasse und nickte. „Der Agent, den du getötet hast, war der Erbe des Hauses Skavis.“
Getötet hatte ihn zwar Mouse, doch laut der Unseelieabkommen stellte er nichts weiteres als eine Waffe dar, wie eine Pistole. Ich hatte den Abzug gedrückt. „Wer kontrolliert Haus Malvora?“
„Fürstin Cesarina Malvora“, sagte Justine und lächelte mich anerkennend an. „Deren Kind recht eingeschnappt darüber sein wird, welche Lügen Lord Skavis über sein und Madrigal Raiths Werk verbreitet.“
Ich nickte. „Wann will Lara, dass wir unseren Auftritt hinlegen?“
„Sie hat behauptet, dass ihr das schon selbst am besten wüsstet“, antwortete Justine.
„Na gut“, seufzte ich. „Bring mich an einen Ort, wo ich sie sprechen hören kann.“
„Das wird ein Problem darstellen“, wies mich Justine hin. „Sie führen das Gespräch auf Altetruskisch. Ich kann ihnen weit genug folgen, um euch eine …“
„Kein Ding“, beruhigte ich sie.
„Oder?“, sandte ich meine Gedanken in Lasciels Richtung.
„Nicht wirklich, mein Gastgeber“, versicherte mir eine geisterhafte Stimme.
„Cool, danke, Lash.“
Es folgte verblüfftes Schweigen. Dann erwiderte sie: „Gerne geschehen.“
„Bring mich einfach irgendwo hin, wo ich sie hören kann“, bat ich Justine.
„Hier entlang“, antwortete sie und eilte den Gang weiter hinunter. Etwas sieben Meter vor der Haupthöhle blieb sie stehen. Selbst aus dieser kaum erwähnenswerten Entfernung konnte ich die Höhle dahinter nicht ausmachen – aber ich hörte aufgebrachte Stimmen, die seltsam zischend, aber immerhin auf Englisch an mein Ohr drangen.
„… der Kern der Sache“, erschallte eine wohltönende Bassstimme. „Die sterblichen Missgeburten und ihre Art stehen am Rande der totalen Vernichtung. Nun ist es an der Zeit, fester zuzufassen und die Herde ein für alle Mal zu kastrieren.“ Lord Skavis, nahm ich an.
Ein voller, auf blasierte Art selbstsicherer Bariton antwortete dem Sprecher, und ich erkannte die Stimme der Überreste der Kreatur, die vor langer Zeit meine Mutter getötet hatte. „Mein guter Skavis“, entgegnete Lord Raith, der Weiße König. „Ich kann dem Gedanken, die Menschheit zu kastrieren, nicht das Geringste abgewinnen.“
Silbriges Gelächter von Männern und Frauen erschallte. Es brandete durch die Luft und strich mir übers Gesicht wie eine leidenschaftliche Geliebte. Ich hielt stand, bis es vorbei war. Ramirez musste sich an der Wand abstützen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Justine schwankte wie ein Schilfhalm, ihre Wimpern flackerten, und kurz schloss sie die Augen.
Skavis’ tiefe Stimme nahm den Faden wieder auf. „Euer Vergnügen und Euren Geschmack in Ehren, mein König, aber die größte Schwäche der Missgeburten ist die lange Zeitspanne, die es sie kostet, ihre Fähigkeiten nahezu zur Perfektion zu verfeinern. Zum ersten Mal im Laufe der Geschichte ist es uns gelungen, viele ihrer Vorteile abzuschwächen oder vollständig auszuschalten. Einerseits durch den Verlauf des Krieges, andererseits durch den Einfallsreichtum der Herde, was Reisen und Kommunikation über weite Strecken anbelangt. Haus Skavis hat bewiesen, dass sich uns eine noch nie dagewesene Chance bietet, die Missgeburten zu zerschmettern und die Kälber ein für alle Mal zu beherrschen. Nur ein Narr würde diese Möglichkeit aus seinen machtlosen Fingern gleiten lassen, mein König.“
„Nur ein Narr“, erklang die durchdringende Stimme einer Frau, „würde derart armselige Behauptungen in die Welt setzen.“
„Die Krone“, unterbrach Raith, „erteilt Cesarina, Fürstin Malvora, das Wort.“
„Danke, mein König“, sagte Fürstin Malvora. „Auch wenn ich nicht umhin komme, Lord Skavis’ Wagemut Bewunderung entgegenzubringen, fürchte ich doch, dass ich keine andere Wahl habe, als seinen Versuch zu unterbinden, eine Ehre für sich zu beanspruchen, die nicht ihm zusteht, sondern Haus Malvora.“
Raiths Stimme klang nach wie vor amüsiert. „Das dürfte interessant werden. Bitte erläutere das genauer, liebste Cesarina.“
„Danke, mein König. Mein Sohn Vittorio war am Ort des Geschehens und wird alles erklären.“
Eine männliche, leicht nasale Stimme begann zu
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