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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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feuern konnte. Die Kugeln schlugen in die zähflüssige Wolke ein und sandten gekräuselte Wellen über die Oberfläche, während sie tiefe Furchen in die halbfeste Masse schnitten. Ich hörte ein Zischen und spürte einen brennenden Schmerz an meiner linken Wange. Dann schlug mir unerwartet ein Nebel aus winzigen Teilchen, nicht größer als Sandkörnchen, gegen die Brust.
    Ramirez’ Schild war völlig anders als der meine. Ich benutzte rohe Kraft, um meine stahlharte Barriere zu erschafften. Ramirez’ Spruch fußte auf Grundprinzipien der Entropie und der Wassermagie und zielte darauf ab, Objekte, die hindurch drangen, abzulenken und ihre eigene Energie gegen sich selbst zu lenken. Selbst Magie musste mit der Physik klarkommen, und Carlos konnte die Energie hinter den Kugeln nicht so mir nichts, dir nichts verschwinden lassen. Stattdessen raubte der Spruch den Kugeln ihre Aufschlagwucht, indem er sie mit der Kraft ihrer eigenen Beschleunigung in Millionen winzigster Teilchen zersplitterte, bis der Aufprall der einzelnen Partikel mehr als vernachlässigbar war.
    Als mich nun diese feinst zerstäubte Wolke aus Blei traf, war das verdammt unangenehm, doch sie hatte so viel ihrer ursprünglichen Wucht verloren, dass sie wahrscheinlich nicht einmal einen normalen Ledermantel hätte durchdringen können, ja vielleicht nicht einmal ein dickes Hemd, von meinem verzauberten Staubmantel ganz zu schweigen.
    Hätte ich Zeit für einen Seufzer der Erleichterung gehabt, wäre ich diesem Verlangen nachgekommen. Hatte ich aber nicht. Jedes Fitzelchen meiner Konzentration war darauf gerichtet, eine Welle aus Energie und Willenskraft durch meinen Sprengstock zu schicken, noch ehe ich mit seinem todbringenden Ende mein Ziel überhaupt vollständig anvisiert hatte.
    „Fuego!“, brüllte ich.
    Eine Feuersäule von der Dicke eines Telefonmasts strömte aus der Spitze des Stockes, brandete in gut sieben Metern Entfernung auf den Höhlenboden und peitschte auf Vitto zu, als ich meine Waffe weiter nach oben riss.
    Er war schnell. Er hatte kaum einen Augenblick zur Verfügung, um festzustellen, dass er seine Ziele verpasst hatte, als das Feuer auch schon auf ihn zugeschossen kam, doch er hechtete verzweifelt zur Seite. Noch im Sprung bot sich ihm ein Winkel um Ramirez’ mehr als sichtbaren Schild herum, und die Hand des Vampirs zuckte zu seinem Gürtel, um mit einem seitlich gestreckten Arm eines der Wurfmesser zu schleudern.
    Bei einem Menschen wäre das reine Zeitverschwendung gewesen. Wurfmesser waren grundsätzlich nicht gerade die brillantesten Mordwaffen – klar, jedes Mal, wenn im Fernsehen oder im Kino jemand ein Wurfmesser schleuderte, kippte jemand tot aus den Latschen. Es fuhr bis zum Heft in die Brust und traf natürlich das Herz, oder es durchbohrte jemandem die Kehle, der auf der Stelle mausetot war. Echte Messer töteten nicht, außer der Werfer hatte wirklich Schweineglück. Echte Messer rissen, selbst wenn sie mit dem spitzen Ende voran auftrafen, für gewöhnlich nur Wunden, die man ohne weiteres überlebte, auch wenn sie einen ganz schön ablenken konnten.
    Natürlich entwickelte ein Messer auch nicht mehrere hundert Stundenkilometer, wenn ein gewöhnlicher Mensch es warf.
    Das Messer gleißte in der Luft, und wenn ich meine Schulter nicht hochgerissen und mein Gesicht dahinter versteckt hätte, hätte die Klinge mich tatsächlich am Hals erwischt und mir das Lebenslichtlein ausgepustet. Stattdessen traf die Spitze in einem für Vitto ungünstigen Winkel auf der Pelerine meines Mantels auf, prallte vom verzauberten Leder ab und schoss in einer wackeligen Flugbahn davon.
    Vitto überschlug sich bei der Landung und unterdrückte einen Schmerzensschrei. Knieabwärts stand sein linkes Bein in Flammen, doch er war schlau – er hielt nicht inne, um zu Boden zu gehen und das Feuer zu löschen. In der Tat hielt er überhaupt nicht inne, was ihn auch davor bewahrte, von meiner zweiten Flammensäule eingeäschert zu werden. Die Feuerlanze verpasste ihn um gut einen halben Meter, fuhr durch die Nebelwand hinter dem Thronsitz und verwandelte die Wassertröpfchen in kochenden Dampf. Ich hörte, wie Ramirez neben mir mit einem seiner grünen Energiebolzen um sich warf.
    „Harry!“, brüllte Ramirez.
    Ich drehte noch rechtzeitig den Kopf, um zu sehen, wie Madrigal mit seinem Speer in den Händen direkt auf uns zu gerannt kam. Ramirez warf dem ersten einen zweiten Energiebolzen hinterher, doch dieser zerstob harmlos etwa zwanzig

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