Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
Vom Netzwerk:
Rücken. „Ich bin durch.“
    Ich behielt Vitto mit der Knarre im Visier und stand auf, wobei ich mir Mühe gab, dass der Lauf nicht wackelte. Wie viele Sekunden blieben mir? Dreißig? Zwanzig? Ich hatte von Leuten gehört, die in vertrackten Situationen wie dieser hier die Zeit nie aus den Augen verloren, indem sie einfach herunter zählten, aber zu denen gehörte ich augenscheinlich nicht. Ich trat einen Schritt zurück und spürte, wie sich Laras Rücken gegen meinen presste. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sich die Ghule um uns verteilt hatten. Wenn sie nicht gewesen wäre, hätte mir einer unbemerkt in den Rücken fallen können, sobald ich einige Meter von Vitto entfernt gewesen wäre. Schluck.
    Ich trat noch einen Schritt zurück und zwang mich, langsam und bedächtig zu gehen, auch wenn mich mein Instinkt anbrüllte, endlich die Beine in die Hand zu nehmen.
    „Drei weitere Schritte“, informierte mich Lara flüsternd. „Etwas weiter links.“
    Ich korrigierte die Richtung, in die ich stapfte, und verließ mich auf ihr Wort. Ein weiterer Schritt, und ich konnte das Seufzen des Winterwindes hinter mir vernehmen. Helles Mondlicht schien auf den Lauf meiner Schrotflinte, und dann sollte ich herausfinden, ob Kutte tatsächlich zugegen war.
    Plötzlich schwoll die Macht um mich herum an, ein hohes Kreischen schrammte über meine arkanen Sinne, und der Spross eines Kometen und eines Flugsauriers schoss aus der Dunkelheit des gegenüberliegenden Höhlenendes auf uns zu. Meine Augen hatten sich ausreichend an das Zwielicht gewöhnt, um den schwachen, dunkelroten Umkreis eines Ovals auszumachen, vor dem die Umrisse einer in schwere Stoffe gehüllten Gestalt zu erkennen waren – Kutte, der vor seinem eigenen Portal stand.
    „Meister!“, kreischte Vittorio mit lallender Stimme.
    „Aufgepasst!“, rief ich und fasste mit beiden Händen hinter mich, als ich mich zur Seite warf, um Lara ebenfalls aus der Flugbahn dieses fliegenden Dings zu reißen. Es verfehlte uns nur um Zentimeter, doch wir konnten ausweichen.
    Kuttes ledrige, raue Stimme murmelte etwas in einer zischelnden Sprache, und eine zweite Welle von Magie brandete durch die Höhle – nicht in unsere Richtung, sondern auf mein Tor zu, und von einem Augenblick auf den nächsten schloss es sich wie der Zippverschluss eines Frischhaltebeutels.
    Ticktickticktickticktick.
    Das Tor schloss sich weit schneller, als ich auf die Beine kommen und mich in Bewegung setzen konnte. Aber vielleicht schaffte es Lara.
    „Lara!“, rief ich. „Geh!“
    Etwas von der Stärke eines Güterzuges und der Geschwindigkeit eines Rallyewagens packte mich und riss mich so heftig herum, dass es mir den Nacken verriss und beinahe die Arme aus dem Gelenk gekugelt hätte.
    „Dresden!“, drang Marcones Stimme aus dem sich schließenden Tor. „Neunzehn!“
    Ich flog durch die Luft. Als ich mich angsterfüllt umsah, stellte ich fest, dass Lara mich gepackt hatte und in weiten Sätzen auf das in sich zusammenfallende Tor ins Niemalsland zuhielt.
    „Achtzehn!“, brüllte Marcone.
    Lara und ich flogen durch leere, nicht gerade aufregende Luft.
    Das Tor hatte sich geschlossen.
    Wir hatten es verpasst.

42. Kapitel
    D as einzige Licht in der Höhle war der trübe, scharlachrote Schimmer, der aus Kuttes Portal sickerte und die Kaverne in eine Welt aus Blut und Schatten verwandelte. Die Augen von Dutzenden von Ghulen glosten wie beinahe verloschene Kohlen, als sich das flackernde Licht in ihnen widerspiegelte, jetzt, da sich die Ghule mit kaum verhohlener Gier zu uns umwandten.
    „Lara“, zischte ich. „Die Höhle fliegt uns in siebzehn Sekunden um die Ohren, und im Tunnel lauern Ghule.“
    „Leere Nacht“, fluchte Lara. Ihre Stimme war vor Schmerz und Angst verzerrt. „Was kann ich tun?“
    Gute Frage. Es musste doch … Moment mal. Vielleicht gab es ja einen Weg, das hier zu überleben. Ich war zu erschöpft, um noch Magie zu wirken, aber …
    „Du kannst mir vertrauen“, antwortete ich. „Das kannst du tun.“
    Ihr blasses, schönes, blutverschmiertes Gesicht wandte sich mir zu. „Einverstanden.“
    „Bring uns zum Tunneleingang.“
    „Aber wenn dort bereits Ghule sind …“
    „He!“, unterbrach ich sie. „Tick, tick!“
    Bevor ich auch nur am Ende des ersten Ticks angelangt war, hatte mich Lara bereits wieder hochgehievt und schleppte sich mit mir auf den Höhleneingang zu. Hinter mir schrie Kutte etwas, Vitto fiel in das Gebrüll mit ein, und die Ghule stimmten ein

Weitere Kostenlose Bücher