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Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Harry Dresden 09: Weiße Nächte

Titel: Harry Dresden 09: Weiße Nächte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Hinter der Theke bauten ein paar schnuckelige kleine Mädchen alles nötige für das Tagesgeschäft auf, mehr konnte ich jedoch leider nicht erkennen.
    Ich fand ein Plätzchen, von dem aus ich die Eingangstür prima im Auge behalten konnte und geisterte unauffällig herum – was für einen Typen, der so groß war wie ich, leichter war, als Sie sich vorstellen können. Ein wenig später kamen noch einige Frauen, deren Haar und Nägel förmlich „Kosmetikerin“ schrien. Die Boutique öffnete einige Minuten, nachdem Thomas darin verschwunden war, und innerhalb weniger Minuten brummte das Geschäft. Es herrschte ein Kommen und Gehen eines ganzen Haufens augenscheinlich stinkreicher, furchtbar hübscher, junger Damen.
    Nun befand ich mich in einer Zwangslage. Einerseits wollte ich verhindern, dass jemand zu Schaden kam, da mein Bruder für mich einen Großteil seiner Lebenskraft geopfert hatte. Andererseits wollte ich auch nicht dort hineinplatzen, nur um mit anzusehen, wie mein Bruder wie ein dunkler Gott der Lust und der Finsternis über den ganzen anbetungswürdigen Frauen thronte.
    Ich knabberte eine Weile an meiner Unterlippe und beschloss hineinzugehen. Falls Thomas … falls Thomas zu einem Ungeheuer geworden war, wie es in seiner Familie üblich war, war ich es ihm schuldig, ihm ein wenig Verstand in den Schädel zu quasseln. Oder zu dreschen. Eins von beiden.
    Ich stieß die Tür zum Coiffeur Café auf und war sofort von einer verdammt wohligen Aura von Kaffeegerüchen umhüllt. Technomusik wummerte basslastig und hirnentleert positiv. Der vordere Raum beinhaltete das Café mit einigen zierlichen Tischchen und einer kleinen Bühne neben einem schweren Vorhang. Sobald ich durch die Tür getreten war, eilte mir eine der jungen Frauen hinter der Bar entgegen und bedachte mich mit einem breiten, nicht entkoffeinierten Lächeln. „Hallo, haben Sie einen Termin?“
    „Nein“, antwortete ich und linste zum Vorhang hinüber. „Ich muss nur mit jemandem reden.“
    Sie versuchte, sich mir in den Weg zu stellen. Meine Beine waren länger. Ich lächelte gütig, war vor ihr am Ziel und schob den Vorhang beiseite.
    Als ich hindurchging, wurde die Technomusik noch einen Tick lauter. Der hintere Raum des Friseursalons roch, wie Friseursalons immer rochen, nach einer Mischung diversester Chemikalien. Ein gutes Duzend Stylingstationen, die alle in vollem Betrieb waren, erstreckten sich sechs an jeder Seite des Raumes und bildeten gleichsam eine Prunkallee zu einer ziemlich überbordenden Kosmetikstation auf einer kleinen Tribüne. Am Fußende des kleinen Podestes war ein Pediküreplatz eingerichtet, und eine junge Frau mit einer Schlammmaske und Gurkenscheiben auf den Augen genoss in vollsten Zügen entspannt eine Fußbehandlung. Auf der anderen Seite saß eine weitere junge Frau unter einem Haartrockner, las eine Zeitschrift und strahlte förmlich in einem post-frisörischen Glanz. Auf dem Hauptsessel auf dem Podest, einem riesigen, protzigen Apparat, der zu einem einzeln angefertigten Waschbecken abgesenkt war, hatte es sich ein weiteres Mädel gemütlich gemacht und ließ sich das Haar waschen.
    Von Thomas.
    Er laberte freundschaftlich auf sie ein, während er zu Werke ging, und sie lachte silberhell, als ich eintrat. Er beugte sich vor, flüsterte ihr etwas ins Ohr, und auch wenn ich kein Sterbenswörtchen davon verstehen konnte, beschlich mich doch der Eindruck, dass es einer dieser „Wir-Mädchen-Witze“ gewesen war. Sie lachte nochmals und entgegnete ihm etwas Ähnliches.
    Nun lachte Thomas, wandte sich ab und tänzelte zu einem Tablett … mit Stylinggerätschaften, nahm ich mal an. Er kam mit einem Handtuch, und ich schwöre bei Gott, einem guten Dutzend Haarnadeln zwischen den Lippen zurück. Er spülte ihr Haar und begann, es in Form zu stecken.
    „Sir!“, beschwerte sich das Kaffeemädel, das mir gefolgt war.
    Alle im Raum hielten inne und starrten mich an. Selbst die Frau mit den Gurkenscheiben auf den Augen nahm diese ab, um mich zu beäugen.
    Thomas erstarrte. Seine Augen weiteten sich zu der Größe von Schminkspiegeln. Er schluckte, und die Haarnadeln fielen ihm aus dem Mund.
    Die Frauen sahen zwischen uns beiden hin und her, und Augenblicke später erfüllte eifriges Geflüster den Raum.
    „Du willst mich verscheißern“, ächzte ich.
    „O-oh“, stotterte Thomas. „’Ah-rie.“
    Der Blick einer Stylistin schweifte zwischen uns hin und her. „Thomas.“ (Sie sprach den Namen „Too-mass” aus.)

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