Harry Dresden 10 - Kleine Gefallen: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 10 (German Edition)
auf die Glaswand, die das Einzige war, das uns von zwölf Millionen Litern Meerwasser trennte.
Die Macht meines Willens und mein Zorn brandeten aus meiner Hand und zerschmetterten die Wand zu Staub.
Der Ozean brach mit einem Aufbrüllen über uns herein, und der Aufprall fühlte sich an, als würde jeder Zentimeter meines Körpers mit einem Hammer bearbeitet.
Dann kamen Kälte und Schwärze.
34. Kapitel
D as Nächste, was ich wusste , war, dass ich hustete und meine Brust wehtat und mein Kopf und auch sonst alles und dass ich höllisch fror. Ich rang nach Luft und spürte, wie sich mein Körper darauf vorbereitete, alles von sich zu geben. Ich versuchte, mich zur Seite zu rollen, doch ich konnte es nicht, bis mich jemand am Mantel packte und mir half.
Fischiges Seewasser und was sich auch sonst noch so in meinem Magen befunden hatte, schossen in einer Fontäne hervor.
„Oh“, sagte jemand. „Oh, Gott sei Dank.“
Das war wohl Michael.
„Michael!“, rief Sanya ganz in der Nähe. „Ich brauche dich!“
Arbeitsstiefel trommelten eilig auf dem Betonboden von mir weg.
„Ruhig, Harry“, murmelte Murphy. „Immer mit der Ruhe.“ Sie half mir, mich umzudrehen, als ich mich ausgekotzt hatte. Ich lag am oberen Ende der Treppe, die zur unteren Ebene führte. Meine Beine baumelten die Stufen hinab, und mein linker Fuß platschte bis zum Knöchel in kaltem Wasser.
Ich legte eine Hand auf die Brust und zuckte zusammen. Murphy streichelte mir den Kopf und strich mir Haarsträhnen aus dem Gesicht und Salzwasser aus den Augen. Die Falten in ihrem Gesicht wirkten tiefer, und ihre Augen spiegelten ihre Sorge wider.
„Reanimation?“, fragte ich zittrig.
„Ja.“
„Dann sind wir wohl quitt“, antwortete ich.
„Nie und nimmer“, sagte sie leise. „Ich habe dir nur Fruchtsaft in denMund gespuckt.“
Ich lachte schwach, und selbst das tat weh.
Murphy beugte sich zu mir herunter und berührte leicht meine Stirn mit der ihren. „Du kannst so ein verdammt großer Quälgeist sein, Harry. Jag mir ja nie wieder so einen Schrecken ein.“
Ihre Finger fanden die meinen und drückten fest zu. Ich erwiderte die Berührung, da ich zu schwach war, etwas anderes zu tun.
Etwas strich an meinem Fuß vorbei, und ich hätte um ein Haar aufgeschrien. Ich setzte mich auf, tastete nach meiner Macht und riss die rechte Hand hoch, als sich unsichtbare Kräfte in leuchtenden Wellen um sie zu bilden begannen.
Ein nackter Leichnam schwamm mit dem Gesicht nach unten im Wasser. Es handelte sich um einen Mann mit langem, grauem, verfilztem Haar, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Seine schlaffe, ausgestreckte Hand war gegen meinen Fuß gestoßen.
„Jesus, Harry“, japste Murphy mit zittriger Stimme. „ Er ist tot. Harry, alles in Ordnung . Er ist tot.“
Meine rechte Hand blieb, wo sie war, die Finger ausgestreckt, umspielt von einem leichten Lodern. Dann begannen meine Finger zu beben. Ich senkte die Hand wieder und ließ die Kraft, die ich in mich aufgesogen hatte, aus meinem Körper gleiten. Meine Finger juckten und wurden taub.
Verwundert musterte ich meine Pranke. Da war doch etwas faul. Ich war mir verdammt sicher, dass ich mir deswegen weit größere Sorgen hätte machen sollen, aber ich war nicht mehr in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen.
Murphy sprach immer noch mit mir, und ihre Stimme war ruhig und tröstend. Etwa eine Minute später erkannte ich, dass sie den Tonfall benutzte, mit dem man auf Wahnsinnige oder verängstigte Tiere einredete. Ich atmete gepresst und hastig, was mich etwas verwunderte, da ich mich ja im Augenblick nicht sonderlich anstrengte.
„Es ist in Ordnung, Harry“, sagte sie. „Er ist tot. Du kannst mich jetzt loslassen.“
Erst da erkannte ich, dass ich sie mit dem linken Arm fest an mich gepresst und sie von der Leiche weggezogen hatte, als ich mich vorbereitet hatte … das, was auch immer ich gerade um ein Haar gemacht hätte, zu tun. Im Augenblick saß sie mehr oder minder auf meinem Schoß. Wo sie mich berührte, war es warm. Ich brauchte einen Augenblick, um zu kapieren, warum genau es eine gute Idee war, sie loszulassen. Schließlich tat ich es trotzdem.
Murphy schlüpfte vorsichtig aus meinem Arm und schüttelte den Kopf. „Großer Gott“, sagte sie. „Was ist mit dir passiert, Harry? Was haben sie dir angetan?“
Ich sackte zu Boden, zu zerschlagen, den Fuß aus dem Wasser ziehen, zu müde, um ihr zu erklären, dass ich darin versagt hatte, die Dämonen daran
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