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Harry Dresden 10 - Kleine Gefallen: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 10 (German Edition)

Harry Dresden 10 - Kleine Gefallen: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 10 (German Edition)

Titel: Harry Dresden 10 - Kleine Gefallen: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 10 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher , Oliver Graute
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so gut es ging. Sie klang pelzig und rau. „Michael?“
    „Hier“, erschallte die Antwort. Eine Augenblick später kam er den gewundenen Weg entlang geschlendert. Er trug nur sein Unterhemd unter seiner schweren Jeansjacke. Ich hatte noch nie mit eigenen Augen gesehen, dass er so wenig angehabt hatte. Michael hatte ordentliche Muckis. Möglicherweise sollte ich doch zu trainieren anfangen. Mit beiden Händen trug er vorsichtig die zu einem Bündel gefalteten Überreste seines blauweißen Jeanshemds vor sich her.
    Sanya trottete nass neben Michael her, und seine Brust unter seinem Mantel war nackt. Vergessen Sie Michaels Muskeln. Sanya ließ uns beide so aussehen, als müssten wir mehr Spinat essen oder so. Er hatte sich sowohl Esperacchius als auch Amoracchiusüber eine Schulter geworfen – und stützte Kincaid mit der anderen.
    Kincaid regte sich kaum, auch wenn er sein Bestes gab, aus eigener Kraft auf den Beinen zu bleiben. Seine Haut war kreidebleich. Er war über und über mit Blut befleckt. Der Rest von Michaels Oberhemd, zu dem sich Sanyas gesellt hatte, diente nun als Notfallverbände – um die dick Isolierband geschlungen war, um die primitiven Kompressen an seinen Armen, seinem Bauch und an einem Bein an Ort und Stelle zu halten.
    Murphy zischte und eilte zu ihm hinüber. Mir rauer Stimme sagte sie: „Jared.“
    Jared. Aha.
    „Dresden.“ Kincaid keuchte. „Dresden.“
    Sie ließen ihn zu Boden gleiten, und ich schlurfte zu ihm hinüber. Ich schaffte es, nicht über ihm zusammenzubrechen, als ich mich neben ihn kniete. Ich hatte ihn schon verletzt gesehen, aber so mies war es noch nie um ihn bestellt gewesen. Auch wenn er das Klebeband genau wie jetzt benutzt hatte. Ich sah nach. Tatsächlich baumelte eine Rolle Isolierband von einer Schlaufe von Kincaids Kampfharnisch herab.
    „Genau wie im Vampirnest“, sagte ich leise.
    „Wir haben hier keine Zweihandschwerter“, sagte Kincaid. „Hätten Zweihänder haben sollen.“ Er schüttelte den Kopf und blinzelte einige Male, um seine Augen zu fokussieren. „Dresden, wenig Zeit. Das Kind. Sie sind mit ihr entkommen. Sie lebt.“
    Ich verzog das Gesicht und wandte den Blick ab.
    Eine blutüberströmte Hand schoss auf mich zu und packte mich am Kragen meines Mantels. „Sehen Sie mich an.“
    Ich tat es.
    Ich hatte Zorn, Hass oder zumindest einen Vorwurf erwartet. Stattdessen las ich in seinen Zügen … nur verzweifelte Angst.
    „Verfolgen Sie sie. Bringen Sie sie zurück. Retten Sie sie.“
    „Kincaid …“, sagte ich sanft.
    „Schwören Sie es“, japste er. Sein Blick strich erneut ziellos durch den Raum, ehe seine Augen kalt zu glänzen begannen. „Schwören Sie es. Oder ich bin hinter Ihnen her. Schwören Sie es.“
    „Ich bin zu erschöpft, um vor Ihnen Angst zu haben“, antwortete ich.
    Kincaid schloss die Augen. „Sie hat sonst niemanden. Niemanden.“
    Murphy kniete sich mir gegenüber neben Kincaid. Sie starrte mich kurz an, ehe sie flüsterte: „Ruh dich aus, Jared. Er wird ihr helfen.“
    Ich warf Murphy ein müdes, flüchtiges Lächeln zu. Sie kannte mich.
    „Aber …“, begann Kincaid.
    Sie beugte sich hinunter und küsste trotz des Blutes seine Stirn. „Pssssst. Ich verspreche es.“
    Kincaid gab nach. Oder er verlor das Bewusstsein. Oder beides.
    „Dresden, aus dem Weg“, sagte Gard mit geduldiger Stimme.
    „Jetzt behaupten Sie bloß nicht, Sie wären Ärztin.“
    „Ich habe mehr Schlachtfeldwunden gesehen als einer dieser sterblichen Kurpfuscher mit Knochensäge“, erwiderte Gard. „Weg.“
    „Harry“, beschwor mich Murphy mit gepresster Stimme. „Bitte.“
    Knarzend kam ich wieder auf die Beine und ging zu Michael und Sanya, die die Wale und Delfine im großen Becken beobachteten. Der Wasserspiegel war um gute zwei Meter gesunken, und die Bewohner des Beckens machten einen weiten Bogen um das seit neuestem überschwemmte Gebiet. Wenn das Wasser um das verwesende Ding sich auch nur ein wenig so anfühlte, wie die Luft stank, konnte ich ihnen keinen Vorwurf daraus machen.
    „Er sieht verdammt schlecht aus“, teilte ich ihnen mit.
    Michael schüttelte den Kopf, und seine Augen blickten in die Ferne. „Seine Zeit ist noch nicht gekommen.“
    Ich zog wie Mister Spock eine Braue hoch. Sanya bedachte ihn mit einem ähnlich skeptischen Blick.
    Michael sah mich kurz an, dann wieder auf das Wasser hinaus. „Ich habe gefragt.“
    Sanya lächelte verhalten und schüttelte den Kopf.
    Ich musterte ihn zweiflerisch.

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