Harry Dresden 10 - Kleine Gefallen: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 10 (German Edition)
zu hindern, ein kleines Mädchen zu verschleppen.
Nachdem wir eine Minute geschwiegen hatten, begann Murphy erneut zu reden: „Das reicht. Ich bringe dich zum Arzt. Mir ist egal, was diese Typen zu sein glauben. Die können nicht einfach in meine Stadt spazieren und anfangen …“ Sie hielt plötzlich inne. „Hmmm. Was sagst du dazu, Harry?“
Sie trat einen Schritt aufs Wasser zu und bückte sich.
„Nein!“, fauchte ich sie an.
Sie blieb wie vom Donner gerührt stehen.
„Langsam wird die Chose ganz schön vorhersehbar“, grummelte ich. „Ist gerade eine Silbermünze aus der Hand des Toten gefallen?“
Murphy blinzelte und beäugte mich aufmerksam. „Ja.“
„Böse. Verflucht. Nicht berühren.“ Ich schüttelte den Kopf und stand auf. Die Wand musste mir helfen, doch ich kam auf die Beine, während ich weiter laut überlegte. „Gut, wir müssen als Erstes sicherstellen, das keine von den Dingern mehr hier herumliegen. Ich schleppe schon eine mit mir herum. Wir reduzieren das Risiko. Für den Moment werde ich alle an mich nehmen. Bis wir sie anständig entsorgen können.“
„Harry“, wandte sich Murphy mit fester Stimme an mich. „Du nuschelst, und was ich verstehe, ergibt keinen Sinn.“
„Ich erklär’s später. Geduld.“ Ich beugte mich vor und fand einen weiteren Denar, der schuldbewusst im Wasser blinkte. „Vollidiot“, murmelte ich, hob die Münze mit der behandschuhten Hand auf und schob sie zu der anderen in meine Tasche. Zwei für den Preis von einer. Hahaha.
Verdammt, war ich schlau.
Hinter mir erklangen zackige, präzise Schritte, und Luccio kam mit Gard um die Ecke. In der Gegenwart von Luccio hatte sich Gards Körpersprache kaum merkbar verändert. Sie schien einen Tick respektvoller als zuvor. Die Kommandantin der Wächter wischte das silberne Schwert an ihrem Umhang ab – das Blut würde keine Flecken hinterlassen, was in Fällen wie diesem verdammt praktisch war. „Wächter. Wie geht es Ihnen?“
„Werd’s überleben“, ächzte ich. „Was ist passiert?“
„Zwei Denarier“, entgegnete Gard und nickte kurz in Luccios Richtung. „Beide tot.“
Luccio schüttelte den Kopf. „Die waren schon halb ertrunken“, sagte sie. „Ich habe ihnen nur den Gnadenstoß gegeben. Wenn sie ausgeruht gewesen wären, wäre ich ihnen nicht so gern gegenübergetreten.“
„Führen Sie mich zu den Leichen“, sagte ich leise. „Schnell.“
Hinter uns erschallte ein seufzendes Geräusch. Diesmal fuhr ich nicht vor Schreck aus der Haut. Murphy hingegen schon, und sie riss ihre Pistole aus dem Halfter. Der Fairness halber muss ich zugeben, dass Luccio ihr Schwert ebenfalls halb gezogen hatte. Ich beschloss, nachzusehen und fand, was ich schon halb erwartet hatte: Der Körper des Denariers verweste selbst im kalten Wasser mit unnatürlicher Geschwindigkeit, nachdem er die Münze verloren hatte. Der Gefallene in der Münze konnte vielleicht für eine ganze Weile die Zeichen der Zeit von seinem Besitzer abhalten, doch der alte Mann mit der Sanduhr war unglaublich geduldig, und nun forderte er die Schuld des Denariers mit Zins und Zinseszins ein.
„Kommandantin, wir müssen jede einzelne Münze einsammeln, derer wir habhaft werden können, und zwar jetzt.“
Luccio legte den Kopf zu Seite. „Warum?“
„Sehen Sie, ich weiß nicht, welche Vorkehrungen Kincaid getroffen hat, aber jemand wird demnächst etwas merken, und dann wimmelt es hier vor Einsatzkräften. Es würde mir nicht gefallen, wenn ein armer Feuerwehrmann oder Polizist eines von diesen Dingern aufhebt.“
„Sie haben recht“, pflichtete sie mir mit einem Nicken bei – und warf dann Murphy einen Blick zu. „Stimmen Sie zu?“
Murphy verzog das Gesicht. „Verdammt, es gibt doch immer …“ Dann hob sie die Hände, als würde sie eine Decke von sich drücken, die zu eng um ihren Körper gewunden war, und sagte: „Ja. Sammeln Sie sie ein.“
„Michael“, fragte ich. „Sanya?“
„Als wir hier angekommen sind“, berichtete Murphy, „zogen dich einige dieser Dinger gerade aus dem Wasser.“
„Sie sind weggerannt. Wir haben sie in verschiedene Richtungen verfolgt“, ergänzte Gard.
„Wo ist Cujo?“, fragte ich.
Gard bedachte mich mit einem verständnislosen Blick.
„Hendricks.“
„Ah“, sagte sie. „Spähposten. Er wird uns warnen, wenn die Behörden hier eintreffen.“
Wenigstens eine dachte hier wie ein Krimineller. Sie war offensichtlich für den Job prima geeignet.
Ich hob die Stimme,
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