Harry Dresden 10 - Kleine Gefallen: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 10 (German Edition)
Frühstücksei angebrannt. Mein gekochtes Frühstücksei. Keine Ahnung, wie sie das geschafft hatte.
Wie auch immer, sie konnte Kaffee kochen, der Tote wieder zum Leben erweckte.
Sobald wir Kincaid im Gästebett in Charitys Nähkämmerchen untergebracht hatten, versammelten wir uns in der Küche. Murphy wirkte angespannt. Ich goss ihr eine Tasse glühende Lava ein, und sie kam zu mir herüber. Ich bot Luccio auch eine Tasse an, die sie mit einem leichten Nicken entgegennahm.
„Wie geht es ihm?“, fragte ich.
„Er schläft“, erwiderte Murphy. „Gard hat ihn mit Sedativa zugedröhnt.“
Ich stürzte meinen Kaffee, um einem Frösteln vorzubeugen. „Gut, Leute. Wir haben folgende Sachlage. Wir haben uns gebückt, mit Vaseline eingeschmiert, und Nikodemus und seine Bande werden uns einen dieser japanischen Hochgeschwindigkeitszüge in den kollektiven Arsch jagen.“
Schweigen senkte sich über den Raum.
„Sie haben Ivy entführt“, fuhr ich fort, „und das ist schlecht.“
„Harry“, unterbrach Murphy. „Ich weiß, ich bin die Neue in der Klasse, aber könntest du mir die Sache mit dem kleinen Kind noch mal erklären?“
„Ivy ist das Archiv“, sagte ich leise. „Vor einer langen Zeit – keine Ahnung wann – hat jemand – keine Ahnung wer – das Archiv entstehen lassen. Eine Art intellektuelles Konstrukt.“
„Was?“, fragte Sanya.
„Ein Wesen, das nur aus Informationen besteht. Stellen Sie es sich wie Software fürs Gehirn vor“, meldete sich Luccio zu Wort. „Wie eine extrem fortschrittliche Datenbank mit einem ausgezeichneten Verwaltungssystem.“
„Ah“, sagte Sanya nickend.
Überrascht musterte ich Luccio mit einer hochgezogenen Braue.
Sie zuckte die Achseln und lächelte verlegen. „Ich mag Rechner. Ich lese alles über sie. Ist so etwas … wie mein Hobby. Ich begreife die Theorie hinter diesen Maschinen.“
„Klar“, prustete ich. „Ähm. Ja. Das Archiv wird von Generation zu Generation von der Mutter an die Tochter weitergegeben – all die Erinnerungen der vorangegangenen Archive, all das Wissen, dass sie sich angeeignet hatten.
All dieses Wissen verleiht dem Archiv unglaubliche Macht – es ist sozusagen der Speicherort für Wissen, eine Sicherheitsmaßnahme, damit im Falle eines Zusammenbruchs der Zivilisation nicht sämtliches Wissen verlorengeht. Es ist der unbeschränkten Neutralität verschworen, sein Daseinszweck besteht darin, Wissen zu sammeln und zu bewahren.“
„Sammeln?“, fragte Murphy. „Dann ... liest das Archiv viel?“
„Das kommt dem nicht einmal annähernd nahe“, sagte ich. „Das Archiv ist eine Form von Magie, die so komplex ist, dass sie an sich schon beinahe ein Lebewesen darstellt – es weißDinge einfach. Das Archiv weiß alles, was je jemand niedergeschrieben oder gedruckt hat.“
Hendricks stieß ein böses Wort aus.
„Doppelt und dreifach“, pflichtete ich bei. „Deswegen haben Nicky und die Silberköppe sie auch entführt.“
„Wenn sie je Zugriff auf diese Informationen erlangen“, sagte Murphy, „könnten sie … mein Gott, sie könnten Machthaber erpressen und Regierungen unter ihre Kontrolle zwingen.“
„Oder Atomraketen abfeuern“, sagte ich. „Denk nicht in so kleinen Maßstäben.“ Ich nickte Michael zu. „Weißt du noch, du hast mir erzählt, dass Nikodemus im Weltuntergangslotto ganz tief seine Finger im Spiel hat. Er hegt große Pläne, aber er plant immer so, dass sie auch bei jedem Schritt auf dem Weg zum Ziel Profit abwerfen. Wir haben es hier nicht nur mit einer Verschwörung zu tun.“
Michael runzelte die Stirn. „Er war von Anfang an hinter dem Archiv her? Er ist vorsätzlich hierher gekommen und hat eine Konfrontation vom Zaun gebrochen, damit du sie als Streitschlichterin rufst?“
„Das ist kein besonders kunstvoller Plan“, warf Luccio ein. „Sie hätten irgendeinen aus einem guten Duzend neutraler Schiedsrichter wählen können.“
Murphy schnaubte. „Aber wir sprechen von Dresden. Seit ich ihn kenne, lebt er in derselben Wohnung. Fährt denselben Wagen. Trinkt im selben kleinen Pub. Sein Lieblingsrestaurant ist Burger King, und er bestellt sich dort auch immer dasselbe verdammte Menü.“
„Perfektion kann man nicht weiter verbessern“, sagte ich. „Deswegen heißt sie ja auch Perfektion. Worauf willst du hinaus?“
„Dass du ein Gewohnheitstier bist. Du verabscheust Veränderungen.“
Dem konnte ich nicht viel entgegensetzen. „Selbst wenn ich Ivy nicht gerufen hätte,
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