Harry Dresden 10 - Kleine Gefallen: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 10 (German Edition)
wäre einiges für Nikodemus drin gewesen. Möglicherweise hätte er Marcone anwerben können. Möglicherweise Michael oder Sanya töten. Möglicherweise etwas Sperrholz in seiner eigenen Organisation entsorgen. Wer weiß? Tatsache ist, ich habe Ivy gerufen, er hattedie Gelegenheit, sie zu entführen, und es hat hingehauen.“
„Aber das Archiv wurde neutral geschaffen“, gab Sanya zu bedenken. „Eingeschränkt. Das hast du selbst gesagt.“
„Beim Archiv trifft das auch zu“, sagte ich. „Aber bei Ivy nicht, und Ivy kontrolliert das Archiv. Sie ist noch ein Kind. Diesem Kind kann man wehtun. Es ängstigen. Nötigen. Oder irreführen.“ Ich rieb mir die Stelle zwischen meinen Augen. „Sie wollen aus ihr eine der Ihren machen und auf dem Weg zu diesem Ziel Marcone gleich mit verschlingen.“
„Gott steh uns bei, wenn das so ist“, flüsterte Murphy.
„Gott stehe ihnen bei, wenn dem so ist“, korrigierte sie Michael. „Wir müssen sie finden.“
„Nicht einmal Mab konnte die Denarier mit Magie ausfindig machen“, sagte ich. „Gard. Hatte Ihr Unternehmen in dieser Hinsicht mehr Erfolg?“
Sie schüttelte den Kopf.
Ich schielte zu Michael hinüber. „Ich nehme mal nicht an, dass du um einen riesengroßen Pfeil am Himmel bitten kannst, der uns den richtigen Weg weist?“
Michael schüttelte mit nüchternem Gesichtsausdruck den Kopf. „Das habe ich längst.“
„Gut, da wir einen göttlichen Eingriff ausschließen müssen, haben wir keine Möglichkeit, sie zu finden.“ Ich atmete tief durch. „Also werden wir sie dazu bringen, uns zu finden.“
„Es wäre hervorragend, wenn wir das hinbekommen könnten“, sagte Sanya. „Was schwebt dir vor?“
Hendricks hob jäh den Kopf. „Münzen“, sprudelte er hervor.
Alle drehten sich zu ihm um und starrten ihn an.
Hendricks zählte für einen Augenblick etwas an seinen Fingern ab. „Sie haben sechs. Aber sie sind auch sechs Leute. Also wie wollen sie dem unheimlichen Mädchen eine Münze beschaffen? Oder dem Chef?“
„Clever gedacht, Cujo“, sagte ich. „Keine Angst, es tut nur kurz weh. Aber wir müssen schnell etwas unternehmen, und das muss dann auch klappen. Nikodemus kann es sich nicht leisten, noch weitere Leute zu verheizen, doch bei seinem Gewissen wird er nicht mal einen Sekundenbruchteil zögern, jemanden aus seiner Mannschaft umzulegen, um an dessen Münze zu kommen. Also werden wir ihm ein Geschäft anbieten. Elf Nickel im Austausch für das Mädchen.“
Michael und Sanya sprangen auf und begannen, in zwei verschiedenen Sprachen laut auf mich einzureden. Es war nicht leicht, einzelne Worte herauszufiltern, aber die Zusammenfassung ihres Protestgeheuls war in etwa: „Hast du vollständig den Verstand verloren?“
„Verdammt nochmal, Michael!“, rief ich, als ich zu ihm herumfuhr und das Kinn aggressiv vorschob. „Wenn Nikodemus es schafft, sich das Archiv zu krallen, ist es egal, wie viele von diesen gottverdammten Münzen ihr unter Verschluss habt.“
Grabesstille. Die Uhr im Flur tickte sehr laut.
Ich wich keinen Millimeter zurück. „Genau in diesem Augenblick foltern sechs Dämonen ein elf Jahre altes Kind. Genau wie sie mich gefoltert haben. Genau wie sie Shiro gefoltert haben.“
Michael zuckte zusammen.
„Sieh mir in die Augen“, forderte ich ihn auf, „und sage mir ins Gesicht, dass du der Meinung bist, dass wir ein kleines Mädchen leiden lassen sollten, wenn wir die Möglichkeit besitzen, sie zu retten.“
Tick, tack.
Tick, tack.
Michael schüttelte den Kopf.
Sanya trat den Rückzug an und lehnte sich mit ernsthaftem, nachdenklichem Gesicht an den Küchenschrank.
„Nikodemus wird auf diesen Handel nie eingehen“, gab Michael leise zu bedenken.
Luccio grinste und zeigte dabei jede Menge Zähne. „Natürlich wird er. Warum sollte er einen nützlichen Gefolgsmann opfern, wenn er zum Austausch auftauchen kann, um uns in den Rücken zu fallen, die Münzen zu stehlen und das Archiv zu behalten?“
„Bingo“, sagte ich. „Nur sind wir diesmal vorbereitet. Kommandantin, wissen Sie, wie ich ihn durch die Kanäle, die in den Abkommen festgelegt sind, erreichen kann?“
„Ja“, bestätigte sie.
„Harry“, sagte Michael sanft, „wir gehen hier ein furchtbares Risiko ein.“
Er und Luccio wechselten in bedeutungsschwangerer Stille einen Blick, in dem jede Menge Subtext enthalten war.
„Im Augenblick“, sagte Luccio, „ist das einzige, was noch riskanter ist …“ Sie zuckte die Achseln und
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