Harry Dresden 10 - Kleine Gefallen: Die dunklen Fälle des Harry Dresden Band 10 (German Edition)
bestand.
Zweitens besaß ich noch immer die Münzen und das Schwert, hinter denen Nikodemus her war – er würde auch weiter Jagd nach dieser Beute machen.
Drittens hatten die Denarier jetzt mit Sicherheit eine Stinkwut, da ich ihnen ihre wahre Beute abgejagt hatte.
Viertens …
Der Boden erbebte wie unter dem Aufprall eines riesengroßen Fußes.
Viertens, da ich ja die Pläne des Sommers vereitelt hatte, mich mittels des Eichenblattes aufzustöbern, hatte der älteste Geißleinbruder höchstwahrscheinlich nur darauf gewartet, dass ich mich mit Feuermagie verriet – der gleichen Magie, dich ich vor zwei Jahren bei Arctis Tor mit der Macht der Sommerdame verbunden hatte. Das stellte auch den wahrscheinlichsten Grund dar, warum Mab, die wahrscheinlichste Verdächtige, in meinem Kopf herumgefuhrwerkt und mir den Sprengstock und jede Erinnerung an Feuermagie genommen hatte – um mich daran zu hindern, dem Sommer jedes Mal unbewusst meinen Aufenthaltsort zu verraten, wenn ich in eine kleine Keilerei geriet.
Nur jetzt war, wo ich mit Feuer um mich geworfen hatte, das älteste Geißlein höchstwahrscheinlich schon auf dem Weg, um mir einen Besuch abzustatten, und zu guter Letzt erkannte ich fünftens, dass ich keinerlei Mittel besaß, diese blöde und gespenstisch vertraute Insel zu verlassen – außer wenn ich es hinunter zum Hafen und zu dem Boot, in dem wir gekommen waren, schaffte.
In mir loderte nach wie vor das Verlangen, gegen die Leute, die Michael verletzt hatten, loszuschlagen, doch tief im Inneren war mir nur zu gut bewusst, dass ich einen Angriff nicht überleben würde – und wenn sie mich erwischten, würde ich ihnen Waffen in die Hände spielen, um den Krieg fortzusetzen, für dessen Ende Michael Zeit seines Lebens gekämpft hatte.
Mein einziger Ausweg war zurückzuweichen. Realistisch gesehen war eine Flucht nicht ausnehmend erfolgversprechend – doch genau das war meine einzige Chance.
Also schob ich Fidelacchius in die Scheide zurück, orientierte mich kurz, wo das verfallene Örtchen lag, an dem wir an Land gegangen waren, und rannte los. Schnell.
Nun, ich war vielleicht nicht so stark wie die wirklich großen Jungs wie Michael und Sanya. Ich war auch kein Genie im Schwertkampf wie Shiro und Nikodemus. Ich verfügte nicht über die magische Kenntnis und Finesse, um wirklich erfahrenen Magiern wie dem Torwächter und dem dornigen Namshiel das Wasser zu reichen.
Aber in einem Wettlauf würde ich diese Typen alle schlagen. Garantiert. Ich lief regelmäßig – und nicht nur, um schlank zu bleiben und gut auszusehen. Ich lief, damit ich einfach verdammt gut im Laufen war, wenn etwas Garstiges mich verfolgte, um mir den Kopf abzuschrauben, und wenn man Beine wie ich hatte, schlank und in bester Verfassung war, konnte man ganz schön Meter machen. Wie ein Reh hastete ich behände in den Wald, wobei ich dem Pfad folgte, den wir auf dem Weg zum Gipfel erklommen hatten. Durch den Schnee konnte ich den Pfad ziemlich gut sehen, und auch wenn er sich in ein bis zwei Stunden in eine stahlharte Eisfläche verwandeln würde, konnte ich jetzt noch gut Tritt fassen.
Mir kam das Chaos zugute, das Gards Auftritt verursacht hatte. Um mich herum hörte ich verstörte Männer im Wald rufen, die herauszubekommen versuchten, was zum Geier vor sich ging, um Hilfe für die Verletzten anzufordern oder um widersprüchliche Befehle zu entwirren, da Hendricks mit seiner Maschinenkanone ihre Befehlskette ziemlich durcheinander gebracht hatte. Funkgeräte knisterten, und Stimmen schepperten blechern, da die Apparate in einer derartig mit Magie aufgeladenen Umgebung kaum verlässlich funktionierten.
Die Tatsache, dass den meisten Männern die Zunge herausgerissen worden war, war in dieser Situation mit Sicherheit auch alles andere als praktisch. Nick hätte meinen Rat bezüglich der „Liste für böse Herrscher“ befolgen sollen. Ehrlich.
Ein paar Meter rechts von mir rief ein Mann etwas. Ich konnte nur wirres Kauderwelsch ausmachen. Ich brüllte einfach eine Ladung ähnlich sinnlosen Verbalmülls zurück und tat, als hätte ich ebenfalls keine Zunge, worauf ich noch eine Tirade höchst unfreundlicher Gesten folgen ließ. Keine Ahnung, ob ich eine perfekte Täuschung hingelegt hatte oder ob ich ihn einfach so verdattert hatte, dass er einfach nur still stehenblieb – das Ergebnis war dasselbe. Ich rannte an ihm vorbei, ohne ihm eine weitere Reaktion zu entlocken.
Ich dachte schon, alle schlimmen Finger hinter mir
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