Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
Kreis herum lagen die Überreste diverser verschieden aufgebauter Suchzauber, im Kreis selbst die Requisiten und Foki meines letzten Versuchs.
„Irgendwas hätte einer dieser Versuche doch bringen müssen!“, beschwerte ich mich bei Bob. „Vielleicht nicht gleich direkt den Aufenthaltsort von Thomas mit Adresse und Telefonnummer, aber doch zumindest ein leises Ziehen in die richtige Richtung.“
„Es sei denn, man hätte ihn vernichtet“, sagte Bob weise. „Dann läufst du natürlich rum wie der Hamster im Laufrad.“
„Die haben ihn nicht vernichtet“, verkündete ich leise, aber entschieden. „Ekelmonster will einen Tausch.“
„Aha!“ Bob klang höhnisch. „Wir wissen ja, wie ehrenwert diese Naagloshii sind.“
„Die haben ihn nicht vernichtet!“, wiederholte ich immer noch leise. „Zumindest werde ich von dieser Annahme ausgehen.“
Bob schaffte es irgendwie, Verblüffung zu mimen. „Wieso das denn?“
„Weil es deinem Bruder einfach gut gehen muss, das brauchst du!“, flüsterte ein Stimmchen in meinem Hinterkopf.
„Weil alles andere mir bei der Klärung der momentanen Lage nicht hilft“, sagte ich laut. „Wer immer sich da so fein im Verborgenen hält, benutzt den Skinwalker und wahrscheinlich auch Madeline Raith. Wenn ich Thomas finde, finde ich auch den Skinwalker und Madeline, und dann kann ich anfangen, an den Fäden zu ziehen, bis die ganze Scheiße aufgedröselt ist.“
„Ja!“ Bob verlieh dem kurzen Wort ironische Länge. „Was meinst du, wie lange brauchst du zum Aufdröseln? Weil der Naagloshii nämlich was Ähnliches mit deinen Gedärmen anstellen wird.“
Ich ballte die Fäuste. „Ich glaube, ich durchschaue ihn langsam.“
„Tatsache?“
„Ich habe immer wieder versucht, Ekelmonster auszuknocken, aber seine Verteidigung ist zu gut, und er ist teuflisch schnell.“
„Er ist ein unsterbliches Halbgottwesen“, meinte Bob trocken. „Natürlich ist er gut.“
Diesen Einwurf tat ich mit einer Handbewegung ab. „Was ich sagen wollte: Ich habe versucht, ihm die Prügel persönlich zu verpassen. Nächstes Mal werde ich versuchen, ihn magisch zu fesseln, damit er stolpert und langsamer wird und wer immer dann bei mir ist einen Treffer landen kann.“
„Das könnte gelingen ...“, gab Bob zu.
„Danke!“
„... wenn er blöd ist und nur gelernt hat, sich gegen Energie zu wehren, die in Form von Gewalt daherkommt“, fuhr Bob fort, als hätte ich gar nichts gesagt. „Was meiner Meinung nach ebenso unwahrscheinlich ist wie ein Erfolg deiner Suchzauber da. Er wird wissen, wie man sich gegen magische Fesseln wehrt.“
Ich seufzte. „Ich habe ein Geschlechtsproblem.“
Bobs Augenlichter flackerten. „Himmel, Chef! Was für eine Beichte! Warum nur fällt mir jetzt kein Spruch ein, der die Peinlichkeit noch steigert?“
„Doch nicht mit meinem ... Mist!“ Ich hatte noch einen Bleistift geworfen, Bob diesmal aber verfehlt. Der Stift prallte an der Wand ab. „Mit dem des Skinwalkers! Ist er überhaupt männlich? Nenne ich ihn ‚er’?“
Bob verdrehte die Augenlichter. „Er ist ein unsterblicher Halbgott, Harry, er pflanzt sich nicht fort, er kümmert sich nicht um neue DNS-Arrangements. Was heißt, die Frage des Geschlechts stellt sich nicht. Das sind so Sachen, über die nur ihr Fleischsäcke euch Sorgen macht.“
„Warum glotzt du dir dann bei jeder sich bietenden Gelegenheit nackte Mädchen an und nie nackte Männer?“, wollte ich wissen.
„Eine Frage der Ästhetik“, verkündete Bob hochnäsig. „Frauen existieren als Geschlecht, was die Wertschätzung ihrer äußeren Schönheit angeht, auf einer ganz anderen Ebene als Männer.“
„Außerdem haben sie Titten“, ergänzte ich.
„Außerdem haben sie Titten!“, wiederholte Bob lüstern grinsend.
Ich schloss die Augen und massierte mir seufzend die Schläfen. „Also – du sagst, Skinwalker sind Halbgötter?“
„Du benutzt das englische Wort, das beschreibt die Sachlage nicht gerade exakt. Die meisten Skinwalker sind einfach nur Leute – mächtige, gefährliche und oft psychotische Leute, aber Leute. Sie stehen in der Tradition der Originale, der Naagloshii, bauen auf den Fertigkeiten auf, die habgierige Sterbliche von diesen Originalen gelernt haben.“
„Von Originalen wie Ekelmonster“, sagte ich.
„Ja, der ist schon echt.“ Bobs flüsternde Stimme klang inzwischen sehr ernst. „Einigen Erzählungen der Navajo zufolge waren die Skinwalker anfänglich Boten der personifizierten
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