Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
scheiden lassen will“, sagte er fröhlich. „Schön, dass Sie mal vorbeikommen.“
„Murph auch hier?“, fragte ich.
Er grunzte zustimmend. „Vernehmungszimmer zwei, mit dem britischen Verdächtigen. Gehen Sie ruhig hin.“
„Danke, Mann.“
Ich ging den Flur hinunter. Nachdem ich um eine Ecke gebogen war, lag zu meiner Linken die Sicherheitstür, die den Zugang zu den Arrestzellen des Gebäudes blockierte. Rechts lag ein kurzer Flur, von dem vier Türen abgingen: zwei führten zu Toiletten, zwei zu je einem Vernehmungszimmer. Ich klopfte an der Tür zum zweiten Vernehmungsraum.
Murphy öffnete mir, immer noch in den Klamotten, in denen sie mich am Morgen besucht und in denen sie die Auseinadersetzung am Lagerhausgelände durchgestanden hatte. Sie sah abgespannt aus und wirkte sauer. Trotz eines eklatanten Mangels an Y-Chromosomen grunzte sie bei meinem Anblick fast so gekonnt wie zuvor Rawlins und kam zu mir in den Flur, wobei sie die Tür hinter sich zuzog.
Draußen musterte sie erst einmal prüfend meinen Kopf. „Zur Hölle, Harry, wo kommt das denn jetzt wieder her?“
„Ich war bei Lara Raith, um mich mit ihr zu unterhalten und da ist Ekelmonster aufgetaucht, der Skinwalker. Macht Binder Probleme?“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich dachte, wenn er nicht aufstehen und auch seine Hände nicht benutzen kann, kann er wohl kaum tun, was er sonst so gern tut. Also habe ich dafür gesorgt, dass er stillsitzt. Für den Fall, dass er doch was versucht, habe ich mich daneben gehockt.“
Beeindruckt hob ich die rechte Braue. Ich hatte Murphy nicht sagen können, wie sie mit Binder umgehen sollte, dazu hatte uns die Zeit gefehlt. Sie war von ganz allein darauf gekommen. „Eine recht solide Methode“, lobte ich. „Weswegen haltet ihr ihn offiziell fest?“
„So weit sind wir noch nicht“, sagte sie. „Für den Fall, dass ich ihm etwas anhängen muss, gibt es mehrere Möglichkeiten. Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, tätlicher Angriff auf eine Polizeibeamtin.“ Sie zuckte die Achseln. „Aber wir können ihn nicht permanent so scharf bewachen. Wenn ich Anzeige erstatte, kommt er früher oder später in U-Haft, aber nicht gleich in die höchste Sicherheitsstufe. Wenn er diese Kreaturen im Polizeigewahrsam oder im Gefängnis loslässt – das möchte ich mir noch nicht einmal vorstellen.“
„Auf lange Sicht wirst du ihn wohl nicht festhalten können.“ Ich nickte nachdenklich.
Murphy verzog den Mund. „Es ist mir so zuwider, solche Arschlöcher laufen zu lassen.“
„Passiert das denn oft?“
„Andauernd!“, sagte sie. „Juristische Schlupflöcher, Verfahrensfehler, entscheidende Beweise, die nicht zugelassen werden. Jede Menge Täter, die so schuldig sind wie nur was, und sie laufen hier noch nicht mal mit einer Verwarnung raus.“ Seufzend zuckte sie die Achseln. „Na ja, so ist die Welt nun mal. Schöne Scheiße. Was soll man dagegen machen?“
„Wem sagst du das?“ Ich seufzte auch. „Willst du wissen, was bei mir los war?“
„Aber sicher!“ Murphy wirkte gleich viel lebhafter. „Was hast du herausfinden können?“
Ich brachte sie auf Stand.
Als ich fertig war, grunzte sie erneut. „Ist das nicht irgendwie gefährlich, die Vampire mit reinzuziehen?“
„Ja“, sagte ich. „Aber es geht um Thomas. Ich glaube, Lara meint es ernst, wenn sie sagt, sie will ihn wiederhaben. Außerdem steht das Haus sowieso schon in Flammen, soll ich mir jetzt noch graue Haare wachsen lassen, weil irgendwer im Bett rauchen könnte?“
Murphy nickte. „Da hast du recht. Ich habe mir die Fotos angesehen, sie sagen mir aber nichts. Die Kontonummern habe ich durch das System laufen lassen, um zu sehen, ob irgendwas auftaucht. Eine Mauer.“
„Verdammt.“
„Es war ja sowieso reine Spekulation.“
„Hast du was aus Binder rausgekriegt?“
Murphys Mund verzog sich, als hätte sie aus Versehen in einen sehr sauren Apfel gebissen und würde ihn gern wieder ausspucken. „Nein. Der Typ ist eine total harte Nuss. Karrierekrimineller. Dem fühlt nicht zum ersten Mal wer mit Hartnäckigkeit auf den Zahn.“
„Das glaube ich auch. Er wird wissen, dass du nichts weiter tun kannst, als ihn eine Weile zum Stillsitzen zu zwingen. Wenn er mit uns über seinen Arbeitsgeber plaudert, verliert er seinen Kunden gegenüber jede Glaubwürdigkeit. Vorausgesetzt, er hat dann überhaupt noch Kunden und endet nicht gleich als Leiche.“
Murphy lehnte sich mit den Schultern an die Wand. „Du sagst,
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