Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
dass ein paar echt üble Leute unterwegs sind. Zäh noch dazu und hart zu knacken. Der Einzige, den wir erwischen konnten, macht den Mund nicht auf. Was wissen wir also unterm Strich? Dass wir nichts wissen.“
Ich hätte noch endlos so weitermachen können, nur schlich sich ein Gedanke in meinen Kopf, dem nachgegangen sein wollte. Also klappte ich erst einmal den Mund zu.
Ließ dem Gedanken Zeit zu reifen.
Woraufhin ich grinsen musste.
Murphy sah sich das mit schräggelegtem Kopf an. „Nichts wissen wir?“, drängte sie.
Ich warf einen Blick auf die Tür zum Vernehmungszimmer.
„Vergiss es!“ Sie schüttelte den Kopf. „Aus dem kriegen wir nichts raus.“
„Ach ja? Da bin ich mir nicht so sicher.“
31. Kapitel
M urphy ging wieder ins Vernehmungszimmer.
Zwanzig Minuten später trat ich ein und schloss die Tür hinter mir. Das Vernehmungszimmer war klein und einfach möbliert: in der Mitte ein Tisch, auf jeder Seite zwei Stühle. Kein breiter, von der anderen Seite her einsehbarer Spiegel an der Wand, dafür in einer Ecke hoch oben an der Decke eine kleine Überwachungskamera.
Binder saß am hinteren Ende des Tisches. Sein Gesicht zierten ein paar blaue Flecken und Schürfwunden. Die seltsamen grünen Augen waren vor Ärger ganz schmal. Vor ihm lag ein Riesensandwich, ein Hoagie, gut einen halben Meter lang, das Einwickelpapier teilweise schon aufgerissen. Er hätte leicht drankommen können, nur hätte er dazu seine Arme gebraucht. Die waren mit Handschellen an die Armlehnen des Stuhls gefesselt. Der Schlüssel lag auf der anderen Seite des Tisches, dort, wo Murphy saß.
Ich konnte mir gerade noch ein Grinsen verkneifen.
„Das ist ja ganz allerliebst!“, zischte Binder bei meinem Anblick. „Jetzt schleppen Sie auch noch diesen Wichser an. Das ist polizeiliche Willkür, wenn Sie es genau wissen wollen. Das wird meinen Rechtsanwalt freuen. Der verspeist Sie mit Haut und Haaren und spuckt hinterher nur noch die Knochen aus.“
Murphy blieb seelenruhig sitzen, die Hände vor sich auf dem Tisch gefaltet, den Blick starr auf ihr Gegenüber gerichtet. Sie sagte nichts.
Binder warf erst ihr, dann mir einen verächtlichen Blick zu – mir wahrscheinlich, damit ich mich nicht ausgeschlossen fühlte. „Jetzt versteh ich!“, sagte er spöttisch. „Sie machen einen auf guter Bulle, böser Bulle, was?“ Er sah mich an. „Erst lässt die eiskalte Schlampe hier mich sechs verdammte Stunden auf diesem Stuhl hocken, und dann tauchst du auf, höflich und freundlich und mitfühlend, und schon bin ich weich gekocht und klappe zusammen?“ Er setzte sich bequemer hin, wobei er es irgendwie schaffte, die Bewegung wie eine Beleidigung aussehen zu lassen. „Na gut, Dresden!“, spottete er. „Dann streng dich an. Sei ein guter Bulle.“
Ich fixierte ihn knapp eine Sekunde lang.
Dann ballte ich die rechte Faust und versetzte ihm einen Schlag in die Fresse, so dass er samt Stuhl rückwärts hintenüber kippte.
Eine Minute lang lag er einfach so da, auf der Seite und blinzelte wütend, da ihm Tränen in die Augen geschossen waren. Einer seiner Schuhe hatte sich im Fallen vom Fuß gelöst. Ich stand über ihm und musterte meine Hand. Es tat weh, jemandem ins Gesicht zu schlagen. Nicht so weh wie dem, der den Hieb abkriegt, aber man wusste hinterher, was man getan hatte. Anscheinend hatten meine Knöchel seine Zähne gestreift, sie hatten jedenfalls ein bisschen Haut eingebüßt.
„Erzähl mir hier bloß nichts von einem Anwalt, Binder“, sagte ich. „Wir alle wissen, dass dich die Bullen nicht endlos festhalten können, aber wir wissen doch auch, dass du das System nicht gegen uns ausspielen kannst. Du bist kein angesehenes Mitglied der Gesellschaft. Du bist ein Auftragskiller, der in einem Dutzend Länder gesucht wird.“
Er sah auf, das Gesicht hämisch verzogen. „Hältst dich wohl für einen ganz harten Brocken, was, Dresden?“
Ich warf Murphy einen Blick zu. „Muss ich diese Frage beantworten oder trete ich ihn einfach in die Eier?“
„Wird sich zeigen“, sagte Murphy.
„Wie wahr!“ Ich wandte mich erneut Binder zu und holte mit dem Fuß aus.
„Verdammte Scheiße!“, kreischte der. „Da oben hängt eine gottverdammte Kamera! Glaubst du echt, du kannst ungestraft machen, was du willst?“
Im Lautsprecher neben der Kamera knackte und summte es, dann meldete sich Rawlins per Gegensprechanlage. „Kann er! Ich sehe von hier aus nicht alles. Schaffst du den Typen ein bisschen weiter nach
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