Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
Schmerzbekundungen meines Hundes nach sich zog. Dann reinigte sie den Wundbereich noch einmal, deckte die Stelle mit einem sauberen Stück Verbandsmull ab, das sie sich auf die richtige Größe zurechtgeschnitten hatte und mit Verbandpflaster auf der bloßen Haut um die Wunde herum fixierte.
„Fertig!“, sagte sie leise, ehe sie sich vorbeugte um das Gesicht im dichten Pelzkragen am Hals von Mouse zu vergraben. „Das war’s. Alles wird wieder gut.“
Mit einer vorsichtigen Bewegung schmiegte Mouse seinen Kopf in ihre Hand. Sein Schwanz schlug ein paar Mal auf den Boden.
„Murph?“, sagte ich. „Lässt du uns eine Minute allein?“
„Klar“, nickte Murphy. „Ich muss ohnehin mal telefonieren.“ Leise ging sie zur Wohnungstür, wobei sie im Vorbeigehen die Schlafzimmertür nachdrücklich zuzog, um Morgan von der bevorstehenden Unterhaltung auszuschließen.
Ich hockte immer noch neben Mouse und streichelte ihm zärtlich den Kopf. „Gut“, sagte ich zu Molly. „Was genau war los?“
Als Molly mich anschaute, sah sie aus, als hätte sie sich am liebsten übergeben. Dicker Rotz lief ihr aus der Nase.
„Als ich hier saß, ist mir was eingefallen. Wenn der Verräter den Rat wirklich soweit bringen will, dass sich die Mitglieder gegenseitig an die Gurgel gehen, dann ginge das am besten, wenn er jemanden dazu bringt, etwas Unverzeihliches zu tun. Wenn er zum Beispiel Morgan zwänge, Magier LaFortier umzubringen.“
„Ach, ehrlich?“, höhnte ich. „Da wäre ich ja gar nicht draufgekommen. Dabei bin ich älter und weiser als du und tue diese Arbeit praktisch mein Leben lang. Während du gerade mal vier Jahre im Geschäft bist.“
Molly wurde rot. „Gut. Alles klar. Dann dachte ich, am besten würde man solchen Einfluss doch indirekt ausüben. Nicht auf Morgan direkt, sondern auf die Leute, die nach der Tat hinter ihm her sein würden.“
Ich zog die Brauen hoch. „Gut! An diesem Punkt muss ich dir eine Frage stellen. Weißt du, wie schwer es ist, jemanden zu manipulieren, der ein gewisses Alter erreicht hat? Ab achtzig oder hundert Jahren gelten die meisten Magier solchen groben Manipulationen gegenüber als immun.“
„Das wusste ich nicht“, gestand Molly betreten. „Aber ich meine auch keine schwerwiegende Manipulation, keine gravierende Veränderung. Etwas, das nicht auffällt. Nicht so, dass jemand zum rasenden Irren oder Killer wird, was ja niemand übersehen könnte. Stattdessen sorgt man dafür ... man gibt den Leuten, die hinter Morgan her sind, einen kleinen Schubs. Damit sie ein bisschen mehr so sind, wie man sie haben will.“
Ich kniff die Augen zusammen. Das war eine spannende These. „Wie könnte das aussehen?“
„Ich habe mir überlegt ... wenn jemand zum Beispiel sowieso leicht mal in die Luft geht und gern kämpft, dann stärkt man einfach diesen Aspekt seiner Persönlichkeit. Man sorgt dafür, dass er in seinem Verhalten eine größere Rolle spielt, als er das ohne Intervention täte. Wenn jemand sich gern an politischen Ränken beteiligt und andauernd danach strebt, Vorteile aus einer Situation zu ziehen, dann stärkt man diesen Aspekt. Sorgt dafür, dass er mehr zum Tragen kommt. Wenn jemand einen alten Groll hegt, dann richtet man die Gedanken und Gefühle dieser Person wie Scheinwerferlicht auf diesen Groll, damit die Person sich dementsprechend verhält.“
Gut: Darüber musste ich kurz nachdenken.
„So würde ich es jedenfalls machen“, sagte Molly leise und senkte den Blick.
Nachdenklich betrachtete ich die junge Frau, die ich nun schon eine ganze Weile unterrichtete. Wenn ich an Molly dachte, dann sah ich immer nur ihr Lächeln, ihren Sinn für Humor, ihre Jugend, die Art, wie sie sich freute. Molly war die Tochter enger Vertrauter, ich kannte ihre ganze Familie und war oft in deren Haus zu Gast. Wenn ich an Molly dachte, dann sah ich meinen Lehrling, sah, welche Mühe sie sich beim Lernen gab, sah viel Frust und ab und an einen schönen Triumph.
Bis zu diesem Moment hatte ich sie noch nie als jemanden gesehen, der eines Tages eine sehr, sehr furchteinflößende Person sein könnte.
Ich lächelte – ein bitteres Lächeln.
Wer war ich denn, hier mit Steinen zu werfen?
„Möglicherweise war es so“, sagte ich nach einer Weile. „Das zu beweisen wäre dann allerdings verdammt schwer.“
Sie nickte. „Aber gehen wir mal davon aus, dass diese Methode zur Anwendung kam. Dann kommt eine Person auf jeden Fall als Zielobjekt in Frage.“
Ich sah zur Couch
Weitere Kostenlose Bücher