Harry Dresden 11: Verrat: Die dunklen Fälle des Harry Dresden (German Edition)
Angst einflößen, wenn du nicht mehr drin vorkämest.“
Langsam wurde mir die Sache peinlich, ich kaute meine Unterlippe durch. „Ich lasse mir lieber von dir Rückendeckung geben als von irgendjemandem sonst auf der Welt, Karrin“, sagte ich, woraufhin ich mich prompt räuspern musste. „Du bist vielleicht die beste Freundin, die ich je hatte.“
Murphy blinzelte ein paar Mal schnell, ehe sie den Kopf schüttelte. „Okay, jetzt wird es echt ungemütlich.“
„Vielleicht sollten wir noch mal bei den Ärschen anfangen, in die ich treten soll“, schlug ich vor.
Sie nickte. „Finde den entscheidenden Arsch und tritt rein. Mach den Typen fertig.“
„Genau das habe ich vor.“ Ich beugte mich zu ihr, küsste sie auch sanft auf Stirn und Mund und ließ kurz meine Stirn an ihrer ruhen. „Ich habe dich auch lieb“, flüsterte ich.
„Affe!“ Murphys Stimme klang den Tränen nah. „Viel Glück.“
„Dir auch“, sagte ich. „Der Schlüssel steckt.“
Dann richtete ich mich auf, hängte mir die schweren Taschen über und ging zum Hafen. Ich sah sie im Fortgehen nicht noch mal an und blickte auch den ganzen Weg über nicht zurück.
So konnten wir beide so tun, als hätte ich nicht gesehen, wie sie weinte.
***
Thomas besaß ein hochbetagtes, heruntergekommenes Fischerboot, einen Trawler, wie er es nannte. Oder hatte er Troller gesagt? Eins von beiden. Oder auch nicht. Egal – die eher nautisch veranlagten Typen hatten es gern genau und bestanden beim Kategorisieren ihrer Boote auf die feinen Unterschiede, aber da ich eigentlich nicht nautisch veranlagt war, ließ ich mir wegen eventueller falscher Benennung von Schiffstypen keine grauen Haare wachsen.
Jedenfalls ist dieses Boot fast dreizehn Meter lang und wäre im Film Der weiße Hai ein prima Stuntdouble für Quints Fischerboot gewesen. Es hätte gut einen neuen Anstrich gebrauchen können: Der ursprünglich weiße Rumpf hatte längst diverse Grautöne angenommen, war stellenweise sogar vom Rauch geschwärzt. Die einzig frische Farbe klebte als Buchstabenreihe vorn am Bug und bildete das Wort Wasserkäfer.
Morgan an Bord zu heben war Schwerstarbeit. Endlich hatten wir ihn soweit. Er lag in einer der beiden Kojen in der kleinen Kajüte, und auch der Rest unserer Utensilien befand sich an Bord. Ich kletterte auf die Brücke, startete den Motor mit dem Ersatzschlüssel, den Thomas mir überlassen hatte und durfte unmittelbar danach feststellen, dass ich vergessen hatte, die Leinen loszumachen. Weswegen ich wieder an Deck klettern konnte, um uns vom Kai loszueisen.
Was? Hören Sie, ich habe doch gerade erklärt, dass ich nicht nautisch veranlagt bin!
Den Jachthafen zu verlassen war nicht weiter schwer, denn Thomas hatte seinen Liegeplatz in der Nähe des offenen Wassers. Beinahe hätte ich vergessen, die Positionslichter einzuschalten, erinnerte mich aber gerade noch rechtzeitig vorm Verlassen des Hafenbeckens daran. Ich checkte den Kompass neben dem Ruder, drehte unsere Nase ein oder zwei Grad südlich von direkt Ost und fuhr den Motor hoch.
So tuckerten wir über den schwarzen See. Die Maschinen gaben ein gleichförmig stampfendes Geräusch von sich, liefen satt und rund, wie es sich gehörte. Das Boot war ursprünglich für den Chartergebrauch auf offener See gebaut worden und brachte einiges an Muskelkraft auf. Der See lag heute ruhig vor uns, wir nahmen rasch an Fahrt auf.
Ehrlich gesagt war ich ein bisschen nervös, was diese Bootstour anging. Thomas und ich waren in den vergangenen Jahren ein paar Mal zur Insel hinausgefahren, damit ich sie erforschen konnte, und mein Bruder hatte mir den Umgang mit seinem Boot beigebracht. Aber dies war meine erste Soloreise als Skipper.
Nach ein paar Minuten tauchte Molly auf der kurzen Leiter auf, die zur Brücke hoch führte. „Muss ich um Erlaubnis fragen, wenn ich hier hoch will?“
„Wie kommst du denn darauf?“
Sie dachte kurz nach. „Bei Raumschiff Enterprise müssen sie fragen, oder?“
„Stimmt!“, sagte ich. „Erlaubnis zum Entern der Brücke erteilt, Kadett!“
„Aye, aye!“ Sie kletterte zu mir auf die Brücke, trat neben mich und starrte stirnrunzelnd auf die Dunkelheit im Osten, wobei sie immer wieder misstrauische Blicke auf die immer rascher verschwindenden Lichter der Stadt in unserem Rücken warf. „Dann fahren wir jetzt also zu dieser unheimlichen Insel, durch die die große Ley-Linie verläuft?“
„Ja!“, sagte ich.
„Wo mein Vater damals ...“
Ich tat mein
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